Landtagswahl:Zwei Sieger, ein Verlierer

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Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) und seine Stellvertreter Thomas Holz (CSU) und Klaus Koch (Grüne) ziehen unterschiedliche Bilanzen zur Landtagswahl. Einig sind sie sich jedoch in ihrem Urteil zu den Ergebnissen von AfD und SPD.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz-Wolfratshausen

Klaus Koch (Grüne) gehört nicht zu jenen Politikern im Landkreis, die sich schadenfroh äußern, wenn andere Parteien mit miserablen Wahlergebnissen zurande kommen müssen. Auch nicht dann, wenn es sich dabei um die CSU handelt. Die Christsozialen wurden bei der Landtagswahl am Sonntag auch im Landkreis schmerzhaft abgestraft, ihrem Kandidaten Martin Bachhuber attestiert der Dritte Landrat jedoch ohne falschen Zungenschlag, "dass er schon jemand ist, der sich um die Bürger kümmert". Bei alledem überwiegt bei Koch freilich die Freude über das Abschneiden der eigenen Partei, die im Landkreis auf fulminante 17,72 Prozent kam. Grünen-Kandidat Hans Urban erreichte gar 20,91 Prozent. "Ein Riesenerfolg", urteilt Koch. Dies zeigt für ihn "den Wunsch nach einer deutlichen Veränderung" in Bayern.

Die Grünen haben für Koch einen "perfekten Wahlkampf" geführt", zugleich habe die CSU strategische Fehler gegangen. Das Wahlergebnis wertet er als Aufforderung an die Politik im Freistaat, sich wieder jener Themen anzunehmen, die im täglichen Lebensumfeld der Menschen eine Rolle spielen. Als da sind: die hohen Mietpreise, die Folgen des Klimawandels, die Verkehrsprobleme. "Das sind die Dinge, die vielen Leuten auf den Fingern brennen." Koch konkretisiert dies an eigenen Erfahrungen. Wenn er mit den Auto fahre, stehe er in Bad Tölz im Stau, seine Windschutzscheibe bleibe wegen des Insektensterbens sauber, er kenne wie jeder andere die Quadratmeterpreise im Landkreis. Flüchtlinge stünden in seinem täglichen Erleben hingegen nicht an erster Stelle.

Ob die Grünen in Bayern nun mitregieren oder nicht: Wichtig ist für Koch, sich zum bürgerlichen Lager abzugrenzen und sich selbst darzustellen. Dafür habe man künftig eine große Zahl an Abgeordneten und hauptamtlichen Kräften. "Wir sind jetzt ein kleines, mittelständisches Unternehmen, das sich all dieser Themen annimmt und sie auf den Markt bringt."

Von einer "klassischen Denkzettelwahl" spricht Zweiter Landrat Thomas Holz (CSU). Da hilft es auch nicht viel, dass die CSU im Landkreis bei den Zweitstimmen immerhin über die 40-Prozent-Marke kam, genauer: auf 43,16 Prozent. Vor allem das Resultat für Bachhuber, der nur 38,37 Prozent und damit 13 Prozent weniger als 2013 erhielt, bedauert Holz: "Der Martin hat ein Ergebnis eingefahren, das seiner Arbeit, die er für den Landkreis leistet, nicht gerecht wird." Aber so sei Politik heutzutage nun einmal. Den Grund für das schlechte Abschneiden der Christsozialen sieht der Zweite Landrat in Berlin und in München. Der ewige Zank mit Merkel und in der CSU selbst habe die Wähler abgeschreckt, sagt er. "Das öffentliche Austragen von Animositäten muss beendet werden." Holz hofft, dass es in der CSU zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Wahlergebnis kommt. "Jeder sagt immer: Analyse, Analyse ... jetzt muss man wirklich mal Tacheles darüber reden."

Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) zeigt sich vom Ausgang der Landtagswahl nicht überrascht. Gefreut hat ihn, dass Kandidat Florian Streibl mit 14,51 Prozent noch über dem Landesschnitt für die FW landete. Insgesamt sei es "auf alle Fälle ein gutes Ergebnis", sagt Niedermaier. Man habe etliche Wähler abfangen können, welche die CSU in Richtung AfD habe treiben lassen. Klar sei, dass es ein "Weiter so" in der bayerischen Politik nicht geben könne. In einer möglichen Koalition mit den Christsozialen komme es für die Freien Wähler darauf an, ihre Themen auch zu platzieren, die ja oftmals aus dem Kommunalen kämen, so Niedermaier. Wenn man nicht mitgestalte, drohe die Gefahr des Untergangs in einer solchen Koalition.

In zwei Aspekten sind sich Niedermaier, Holz und Koch einig. Zum einen bezeichnen alle drei Landräte das Resultat für die AfD mit 8,84 Prozent der Zweitstimmen als erschreckend. Ebenso niederschmetternd ist für sie aber das Desaster für die SPD, die bloß 4,9 Prozent der Erst- und 6,2 Prozent der Zweitstimmen im Landkreis erhielt. Er sei weit entfernt davon, ein Genosse zu sein, aber "das ist schon dramatisch", sagt Holz. Als "bitter" und "schade" apostrophiert Niedermaier das Abschneiden der Sozialdemokraten: "Es tut mir in der Seele weh, denn die SPD war immer eine Volkspartei, die eine Klientel vertritt, die diese Vertretung braucht." Koch sagt mit Blick auf die Parteienlandschaft, dass die Grünen eine starke SPD benötigten: "Das bereitet mir Kopfzerbrechen."

Das desaströse Ergebnis hat SPD-Kreisvorsitzender Wolfgang Werner mit Bestürzung aufgenommen. "Wir kommentieren ja schon seit 15 Jahren eigentlich nur noch Niederlagen", sagt er. Mit mangelndem Einsatz im Wahlkampf habe der dramatische Verlust von elf Prozent im Vergleich zu 2013 nichts zu tun. Er habe mit dem Direktkandidaten Robert Kühn in Wolfratshausen und Geretsried etliche Hausbesuche gemacht, auch die Ortsverbände hätten plakatiert, diskutiert, informiert. "Mehr geht nicht." Schuld an dem Debakel ist laut Werner die Bundespolitik. Er habe schon im Februar gegen eine Große Koalition im Bundestag plädiert, sagt er. "Jetzt muss man endlich die Reißleine ziehen."

© SZ vom 16.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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