Standort-Suche:Bad Tölz lässt Bürgermeister malen - und hat keinen Platz für das Bild

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"Einigkeit und Recht und Freiheit" steht auf dem Bild. Darüber hielt Anton Holzner seine Ansprache, als er 1946 gewählt wurde. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das neue Gemälde des ersten Stadtvaters nach dem Krieg verschwindet erst einmal im Zwischenlager.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Anton Holzner galt als unbequemer, aber mutiger Mensch. Die amerikanische Militärregierung hatte den Christsozialen gleich nach dem Zweiten Weltkrieg als Bürgermeister von Bad Tölz eingesetzt, weil er ein Gegner der Nazis war. Nur drei Jahre amtierte Holzner als Chef im Rathaus, danach vergaß man ihn in der Kurstadt - geflissentlich und gründlich. Wohl auch deshalb, weil damals so viele eben alles andere als Gegner der Nazis waren.

Das Bild verschwindet im Zwischenlager

Sein Konterfei fehlt noch immer in der Bürgermeister-Galerie von Tölz, die immerhin um die 15 Porträts seit dem 18. Jahrhundert umfasst. Das ändert sich jedoch. Die Stadt gab zum 50. Todestag von Holzner bei dem Tölzer Restaurator und Maler Krzystof Dabrowski ein Bild in Auftrag und erhielt zum günstigen Preis von 2240 Euro gleich zwei Gemälde. Das Skurrile daran: Holzner verschwindet nun gleich wieder - und zwar in einem Zwischenlager, weil die Stadt derzeit keinen passenden Ort hat, um sein Porträt aufzuhängen.

Im Stadtmuseum geht's nicht. Wegen des Umgestaltung und der Neukonzeption der Ausstellung musste die Bürgermeister-Galerie abgehängt werden. Im Rathaus geht's auch nicht. Der Sitz der Stadtverwaltung wird ebenfalls gerade umgebaut. Also wohin mit dem vergessenen Bürgermeister? Klaus Pelikan, Leiter des Bürgermeisterbüros, kann sich vorstellen, die gesammelten Gemälde der Stadtoberhäupter nach dem Ende der Rathaussanierung im neuen Sitzungssaal oder davor im Foyer zu zeigen. Das könnte im Herbst der Fall sein, gerade noch so im 50. Todesjahr von Holzner.

"Er war kein Heiliger, aber ein interessanter Mann, der wirklich Demokratie gelebt und gedacht hat", sagt Stadtarchivar Sebastian Lindmair. Von Beruf Rechtsanwalt, gehörte Holzner katholisch-konservativen Kreisen an und war "eindeutig ein NS-Gegner". Er scheute sich zum Beispiel nicht, in Briefen an die Reichskanzlei von Adolf Hitler die Trennung von Justiz und Politik zu fordern. Als Bürgermeister schrieb er an den US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower und verglich darin Vorgehensweisen der amerikanischen Militärregierung mit NS-Maßnahmen.

Weil ihm an einer funktionierenden Stadtverwaltung gelegen war, wollte er auch mit ehemaligen Nazi-Anhängern zusammenarbeiten. 1948 stolperte er über ein politisches Manöver der SPD und der FDP im Stadtrat, die sich gegen einen hauptamtlichen Bürgermeister stemmten. Ein FDP-Stadtrat, ebenfalls Anwalt, brachte dazu auch die Vertriebenen-Verbände gegen Holzner auf, der schließlich zurücktrat.

Warum der Bürgermeister jung erscheint

In der Bildergalerie ist er nicht der einzige Bürgermeister, der fehlt. Von Josef Falter, der von 1899 bis 1902 und dann noch einmal kurz vor 1933 der Chef im Tölzer Rathaus war, existieren nur ein paar Fotografien. Von anderen gibt es prächtige Gemälde, etwa von Anton Roth. Der Nachfolger von Holzner ließ sich mit zwei Wappen porträtieren.

Das Gemälde von Holzner zeigt indes einen recht jungen Mann, weil es aus seinen späteren Jahren nur wenige, unbrauchbare Fotos gibt. Oben rechts steht auf Betreiben Lindmairs der Anfang der dritten Strophe der Nationalhymne. "Einigkeit und Recht und Freiheit" - darüber hielt Holzner seine Ansprache, als er 1946 vom Stadtrat als Bürgermeister gewählt wurde. "Das ist bemerkenswert, dass er das als Vision im Kopf gehabt hat, die dritte Strophe hat damals doch keine Sau gekannt", sagt der Stadtarchivar.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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