Kunstmeile:Open-Air-Galerie Wolfratshausen

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Die sechste Schau bietet den Besuchern an 70 Stationen überraschende Einblicke. Die meisten Exponate sind stimmig in ihre Umgebung eingefügt. Bis 8. Oktober gibt es viel zu entdecken

Von Sabine Näher, Wolfratshausen

Absolut beeindruckend, wie dicht die Ausstellungsstätten bei der 6. Kunstmeile in Wolfratshausen gesät sind. Das verdeutlicht der Katalog: An Ober- und Untermarkt reihen sich die Nummern, mit denen die Lokalität und der dort ausstellende Künstler verzeichnet sind, dicht an dicht. Auch in der Sauerlacher Straße wogt ein Nummernmeer; in der Bahnhofstraße sind sieben weitere Stationen verzeichnet.

Die Kunst ist mit 70 Stationen in der Stadt sichtbar, das bestimmende Element, und das noch bis Sonntag, 8. Oktober. Was sich Hans-Werner Kuhlmann, der Vorsitzende des Vereins Lebendige Altstadt Wolfratshausen (LAW) wünschte, ist in Erfüllung gegangen: "Die Innenstadt soll zu einer einzigen Open-Air-Galerie werden!" Diese Euphorie hatte er bei der offiziellen Eröffnung der Kunstmeile am Freitagnachmittag von der Bühne der Loisachhalle verbreitet - und dabei den großen romantischen Dichter Jean Paul zitiert: "Kunst ist nicht das Brot, aber der Wein des Lebens!"

Ob er den Künstlern damit wirklich aus der Seele gesprochen hat, sei dahin gestellt. Schließlich ist der Wein keine existenzielle Zutat im Leben. Vielen ist die Kunst aber sicher so lebensnotwendig, dass sie sie doch lieber mit dem Brot gleichsetzen möchten. Gleichwohl ist die Stimmung in der Loisachhalle angeregt aufgeräumt, wozu die musikalische Umrahmung durch das seit 2015 bestehende Gesangsensemble "Die Sirenen" und das Jugendensemble der Stadtkapelle Wolfratshausen beiträgt. Bei dem schönen Wetter am Freitag wäre eine (spontane) Open-Air-Eröffnung wohl besser gewesen.

Mit dem Gesang der "Sirenen" wurde die Kunstmeile am Freitag eröffnet. (Foto: Manfred Neubauer)

Wieder draußen an der Sonne, lässt sich die vom Organisationsteam Hans-Werner Kuhlmann, Ute Gatzka, Astrid Göpfert, Marianne Wirth-Grabow und Arnold Sedlmayr seit Januar mit vielen ehrenamtlichen Arbeitsstunden in die Tat umgesetzte Idee so genießen, wie sie gedacht ist: Man schlendert durch die Stadt, von Nummer zu Nummer, liest im Schaufenster den Namen des Künstlers, schlägt die Info im Katalog nach - oder lässt die ausgestellten Werke einfach so auf sich wirken.

Mitunter scheinen sie sich ein wenig fremd zu fühlen, etwa wenn sie einfach in die übliche Schaufensterdekoration hinein gesetzt worden sind. Andere Geschäftsinhaber haben den Künstlern ein Fenster leer geräumt, sodass die Werke prächtig zur Geltung kommen können, und der Flaneur verlockt wird, hinein zu gehen, um sich noch mehr anzuschauen. In einigen Fällen gelingt es aber auch, das Warenangebot des Geschäftes mit den Ausstellungsobjekten in einen echten Dialog zu bringen.

"Ikara, die unbekannte Tochter des Dädalus" heißt die Skulptur aus Akazienholz des Bildhauers Jürn Ehlers. Sie ist Station 69 der Kunstmeile und steht im Rathaus-Hof. (Foto: Manfred Neubauer)

So zieren die ungemein ästhetischen nackten Körper, die Renate Thalhammer gemalt hat, ein Modegeschäft, im Schaufenster kunstvoll arrangiert, drinnen nehmen sie ganze Wände ein. Das ist so stimmig und so dominant, dass es kaum nur für die Ausstellung gemacht sein kann. In der Tat erklärt die Inhaberin des Ladens, die Wände seien immer so gestaltet, nur die Kunst im Schaufenster sei eigens hinzu gekommen. Ebenso überzeugend sind die großformatigen, hell leuchtenden Seenbilder von Barbara Steinbrecht-Strack in einer Eisdiele, die sofort die Assoziationskette Sommer-Sonne-Eis in Gang setzen.

Ein echter Hingucker sind auch die ganz in Weiß, Grau und Silber gestalteten Frauenbildnisse in einer Parfümerie, die wirken, als würde ihnen der Duft erst ihre Farbe verleihen. Ein Adlerpaar im Flug, Herbstblätter im Wind, Kinder in einer bayrischen Landschaft und ein Hase im Gras zieren die Auslage eines Trachtenmode-Geschäfts. Die Bilder stammen von Kornelia Kraus und könnten auch vom Ladeninhaber in Auftrag gegeben sein worden, so perfekt untermauern sie das mit dieser Kleidung verbundene Lebensgefühl. Aber weder Künstler noch Gewerbetreibende konnten entscheiden, welche Werke wo landen. Die Zuteilung oblag der Jury aus Künstlern und Kunsthistorikern, die auch darüber befand, wer überhaupt zur Ausstellung zugelassen wird.

Vieles bleibt zu entdecken, Publikumspreise sind zu vergeben. Deren Gewinner werden am Montag, 9. Oktober, in der Flößerei bekannt gegeben. Eine heiße Anwärterin dürfte Astrid Göpfert sein, deren zunächst abstrakt wirkende Farbexplosionen sich bei näherem Hinsehen als Tier- und Pflanzenabbildungen entpuppen. Sie verbinden sich wirklich ideal mit der Auslage eines Schmuck- und Uhrenladens.

© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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