Kommunalpolitischer Arbeitskreis:"Dienstag ist Deadline"

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Der Wolfratshauser Stadtrat muss in dieser Woche über das Projekt Surfwelle entscheiden

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Der Countdown läuft, der Zeitdruck ist groß, die Nerven liegen blank: Am Dienstag muss der Wolfratshauser Stadtrat entscheiden, ob er sich auf das ebenso prestige- wie risikoträchtige Projekt Surfwelle einlässt oder im letzten Augenblick doch noch abspringt und sich damit einmal mehr dem Ruf aussetzt, aus Zaghaftigkeit eine große Chance für die Stadt in den Sand zu setzen. Das Dilemma, vor dem die Bürgervertreter aller Fraktionen stehen, erläuterte der CSU-Sprecher Günther Eibl bei der jüngsten Versammlung des Kommunalpolitischen Arbeitskreises. Mit einer nüchternen Analyse der Sachlage leitete Eibl eine ebenso engagierte wie sachliche Diskussion in dem zum Bersten gefüllten Nebenraum der Flößereigaststätte ein.

Die Entscheidung zu vertagen, sei wegen der Terminsetzung durch die europäische Leader-Förderung nicht möglich, dämpfte Eibl schon vorab die Erwartung, man könne noch einmal Zeit gewinnen. "Dienstag ist Deadline", stellte Eibl unmissverständlich fest. In den vergangenen Tagen habe man deshalb unter Hochdruck Gespräche geführt und müsse nach dem Studium der jüngsten Aufstellungen mittlerweile mit einer Kostensteigerung auf bis zu 900 000 Euro rechnen. "Das war ein Tiefschlag, das hat uns eiskalt erwischt", bekannte Eibl. Aus seiner Sicht besonders beklagenswert: Die Unterlagen, die man vor dem anstehenden Beschluss im Rathaus bekommen habe, seien zwar höchst umfänglich - allein für die Lektüre der Ordner habe jeder Stadtrat sechs bis acht Stunden gebraucht. Als Entscheidungsgrundlage seien sie aber, wie sich herausgestellt habe, "suboptimal", sprich: Die darin aufgeführten Preisangaben bewegten sich "weitab jeglicher Wirklichkeit". Da mussten nach Eibls Beteuerung "für die Stadt alle Alarmglocken läuten". Auch benötige das Ratsgremium detailliert ausgearbeitete Vertragsbedingungen zwischen dem Surfwellenverein, der Stadt und dem Betreiber der Weidachmühle, die müssten jetzt unterschriftsreif vorliegen. Dies aber sei nicht der Fall, was nach Meinung des CSU-Sprechers umso schwerer wiegt, als man sich mit dem Vorhaben auf dem Grund und Boden eines privaten Eigentümers bewege.

Eibls fataler Gesamtbefund: Ein Ja zu dem Projekt sei für die Stadt mit schwer einschätzbare Kosten und Risiken verbunden, ein Nein wiederum bedeute einen Verzicht auf die Leader-Förderung, die im kommenden Jahr nicht mehr zur Verfügung stehe. "Ein Nein zur Surfwelle würde eine jahrelange Arbeit kaputtmachen", umriss Eibl die wenig komfortable Ausgangslage für den Stadtrat.

Für dessen Nöte zeigten die Diskussionsgäste in der Flößerei durchaus Verständnis, wenngleich bemängelt wurde, dass bei den Vertragsverhandlungen zu vieles unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgelaufen sei. Insgesamt aber waren die Skeptiker in der Minderheit, unter den Wortmeldungen gab es flammende Appelle, die Chance auf ein so zukunftsweisendes Vorhaben nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Nicht nur der Ortsteil Weidach, sondern ganz Wolfratshausen würde damit "ungemein aufgewertet", hieß es unter Bezugnahme auf die Surfwelle am Münchner Eisbach, die überregional große Wirkung auf junge Leute ausübe. In diesem Kontext wurde auch die Frage laut, ob der schwer auszurechnende PR-Effekt für die Stadt nicht in irgendeiner Form in die aktuellen Kalkulationen mit einfließen müsse. "Eine Million ist doch gar nichts, gemessen am Vergleich, den das Vorhaben für Wolfratshausen bringt", argumentierte ein Gast. Dem Surfwellenverein warf der Redner vor, er habe sich nicht genug vermarktet. Ein Gast fühlte sich an die Verkehrsdebatte der sechziger und siebziger Jahre erinnert - "die Umgehungsstraße haben wir heute noch nicht". Ein anderer regte an, die Kosten für die Surfwelle mit den Nachbargemeinden zu teilen, ähnlich dem interkommunalen Hallenbad in Geretsried. Diese Option ist aus Eibls Sicht indes völlig unrealistisch. Ein solches Procedere würde nach seinem Dafürhalten "eine ganz neue Vertragssituation bedeuten, die Leader-Förderung können Sie in dem Fall völlig vergessen".

Für den "Gedankenaustausch in fairer Atmosphäre" bedankte sich ausdrücklich Stefanie Kastner, die Vorsitzende des Surfwellenvereins, auch sie zeigte Verständnis für das Dilemma des Stadtrats. Dessen Forderungen seien legitim, ein Scheitern des Projektes wäre aus ihrer Sicht "dann akzeptabel, wenn sachliche Gründe dafür vorliegen".

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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