Königsdorf:Stimmungsbild von fragwürdigem Wert

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Hunderte Bürger äußern sich in einer Befragung zu einer Ortsumfahrung - finanzierbar ist keine der möglichen Varianten.

Silke Bigalke

Im Königsdorfer Rathaus zählen die Behördenmitarbeiter gerade Stimmzettel aus, Hunderte Antworten auf eine Umfrage. Der Gemeinderat wollte wissen, ob die Königsdorfer eine Umgehungsstraße haben wollen und wenn ja, ob sie im Osten oder im Westen um den Ort führen soll. Bis zur nächsten Gemeinderatssitzung am 25. Oktober sollen die Antworten ausgewertet sein.

Blick nach Westen: Eine Umfahrungsvariante würde dort von der Beuerberger Straße am Ortsrand nach Süden zur B 11 führen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Beteiligung war groß: Bereits bevor die Frist abgelaufen war, hat Bürgermeister Anton Demmel mehr als 700 Antworten gezählt. Und: "Bis zum letzten Tag sind noch Briefe gekommen", sagt er. Viele haben nicht nur ihr Kreuzchen gemacht, sondern einen persönlichen Kommentar auf den Antwortbogen geschrieben.

Die Umgehung für Königsdorf bewegt die Gemüter. Durch den Ort läuft die B 11 und mit der Kreisstraße Töl 7 der vielbefahrene Anschluss nach Bad Tölz. Trotzdem ist die Debatte über eine Umgehung müßig. Denn egal wie die Bürger abstimmen, für keine der vorgeschlagenen Varianten ist Geld da.

Bereits 2007 hat die Gemeinde gemeinsam mit dem Landkreis und dem Staatlichen Bauamt Weilheim eine Verkehrsuntersuchung in Auftrag gegeben. Auf der B 11 innerhalb von Königsdorf wurden 8600 bis 11 200 Wagen, auf der Tölzer Straße 4400 Autos täglich gezählt. Außerdem wurden die Autofahrer gefragt, wo sie herkommen und wo sie hinfahren. "Dabei haben wir festgestellt, dass es nur eine Entlastung für den Ort gibt, wenn wir eine komplette Umgehung bauen", sagt Kreiskämmerer Ralf Zimmermann und spricht von einer "sehr teuren Lösung".

Für eine komplette Umfahrung westlich an Königsdorf vorbei, von der B 11 im Norden bis zur B11 im Süden des Ortes, hätte der Bund zahlen müssen. "Für den Bund wird diese Umgehung niemals bauwürdig sein", sagt Christine Volkmer vom Staatlichen Bauamt in Weilheim. "Dafür wird der Kosten-Nutzen-Faktor nicht reichen."

Südlich von Königsdorf liegt die Belastung der B 11 laut Volkmer unter 3000 Fahrzeugen innerhalb von 24 Stunden, der bayernweite Durchschnitt auf Bundesstraßen beträgt jedoch 9424 Wagen. Diese Variante war also von vornherein ausgeschlossen.

Für die Westumfahrung mit Südspange, eine der beiden Varianten, für die die Bürger abstimmen konnten, müsste hauptsächlich der Staat Bayern zahlen. Sie würde mit der Kreisstraße 2064 starten, die im Norden von Königsdorf von der B 11 abzweigt und westlich Richtung Beuerberg führt. Die neue Umgehung würde jedoch weiter um den gesamten Ort herum zurück zur B 11 im Süden führen, die Bundesstraße sogar noch queren und bis zum Anschluss zur Töl 7 im Osten reichen. Doch auch vom bayerischen Staat ist kein Geld zu erwarten, denn die Belastung der 2064 liegt unter dem Schnitt.

Bleibt die Ostumfahrung: Sie würde an der B 11 nördlich von Königsdorf Richtung Osten führen, an Osterhofen vorbei direkt zur Kreisstraße Töl 7. Für diese Lösung müsste der Landkreis zahlen. Sie würde zwar den Verkehr zwischen Geretsried und Bad Tölz aus dem Ort bringen. Doch der Nord-Süd-Verkehr auf der B 11 würde im Ort bleiben. "Es wäre ein sehr weitreichende Umfahrung, ein Projekt in mehrfacher Millionenhöhe", sagt Kreiskämmerer Zimmermann. "Das sind unverhältnismäßig hohe Kosten für eine nur geringe Entlastung." Man habe die Planung daher auf Eis gelegt. Außerdem würden zwar die Königsdorfer entlastet, aber dafür hätten die Einwohner Osterhofens den Verkehr vor der Tür. "Ich könnte mir daher vorstellen, dass die Befragung ein heterogenes Bild ergibt", sagt der Kämmerer.

Bereits bei einer Veranstaltung im Mai, bei der den Bürger die Varianten vorgestellt wurden, war klar, dass sie wegen der hohen Kosten unrealistisch sind. Trotzdem hat der Gemeinderat in einer knappen Entscheidung für die Befragung bestimmt und Briefe an 2300 Wahlberechtigte geschickt. "Wir wollten ein Meinungsbild aus der Bevölkerung bekommen", sagt der zweite Bürgermeister Rainer Kopnicky, der sich für die Umfrage eingesetzt hat.

Bürgermeister Demmel war dagegen: "Die Befragung stört mich, weil man den Bürgern suggeriert, dass sie miteinscheiden können", sagt er. "Es ist unglücklich, wenn man ihnen unberechtigte Hoffnungen macht."

© SZ vom 10.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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