Vereinsleben in Kochel am See:"Da hängen sehr stark die Herzen dran"

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Für das traditionelle Frühjahrskonzert am 27. April darf die Heimatbühne ausnahmsweise öffnen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Kochler Heimatbühne kann wegen Brandschutzmängeln derzeit nur eingeschränkt genutzt werden. Ein Abriss steht wohl nicht zur Debatte - auch, weil sich neuerdings der Denkmalschutz für das Gebäude interessiert.

Von Petra Schneider, Kochel am See

Die Kochler Heimatbühne ist so etwa wie die gute Stube der Gemeinde: Trachtenverein und Blaskapelle proben hier, es finden Konzerte und Kabarettveranstaltungen statt, Hochzeiten, die Bürgerversammlung. Die "Kochler Stuben" und der Kinoverein sind in dem Komplex angesiedelt, die Tafel Loisachtal hat im Keller des Anbaus ihre Verteilstation. Anfang März hat das Landratsamt überraschend Veranstaltungen im Saal mit mehr als 200 Personen untersagt. Knackpunkt ist die Lüftungsanlage aus den 1970er-Jahren, die heutigen Brandschutzbestimmungen nicht mehr genügt. Für das traditionelle Frühjahrskonzert der Blaskapelle am 27. April hat die Gemeinde eine Ausnahmegenehmigung beantragt, die das Landratsamt nun unter Auflagen erteilt habe, erklärt Bürgermeister Jens Müller (UWK). So gelte etwa ein striktes Rauchverbot, was aber ohnehin selbstverständlich sei, außerdem müsse eine Sicherheitswache der Feuerwehr vor Ort sein. Aber es sei erfreulich, dass die Veranstaltung in gewohnter Größenordnung mit den im Saal verfügbaren 300 Plätzen stattfinden könne.

"Eine Handvoll" solcher Ausnahmegenehmigungen könne man beantragen, sagt Müller. "Das verschafft uns ein bisschen Luft." Denn bislang wurde nicht mit den Planungen für die Sanierung begonnen. Auch, weil es sein könnte, dass die Heimatbühne unter Denkmalschutz gestellt wird. Vertreter der Behörde hätten das Gebäude aus dem Jahr 1936 vor Kurzem in Augenschein genommen, sagt Müller. Auf eine Rückmeldung warte man dringend.

"Das verschafft uns ein bisschen Luft": Bürgermeister Jens Müller (UWK). (Foto: Manfred Neubauer)

Bei der Einschätzung gehe es nicht nur um die Bauweise des Gebäudes, das durch Anbauten und eine Erneuerung der Decke allerdings nicht mehr im Originalzustand sei. Sondern auch um die identitätsstiftende Funktion der Heimatbühne. Denn die Bevölkerung habe sich mit Schuldscheinen an den Baukosten beteiligt. "Da hängen immer noch sehr stark die Herzen der Leute dran." Falls die Behörde das Gebäude als Denkmal einstuft, "dann hätten sich mögliche Diskussionen um einen Abriss erledigt".

Müller sieht das entspannt, "ich akzeptiere jede Entscheidung." Denn schließlich gebe es für die Sanierung eines Baudenkmals Fördergelder und fachliche Beratung durch das Denkmalamt. Außerdem hätten sich Vertreter der Behörde in einem ersten Gespräch für gewisse zeitgemäße Umbauten offen gezeigt, sagt er. Die Heimatbühne sei doch ein recht "dunkler Kasten", und Glasfronten an den Seiten, die den Saal heller machen würden, könnte sich auch das Denkmalamt vorstellen.

"Sanierung verschleppt"

Seit Jahren sind bauliche Mängel an der Heimatbühne bekannt. Im vergangenen Sommer hat der SPD-Ortsverein dem damaligen Bürgermeister und jetzigen Landtagsabgeordneten Thomas Holz (CSU) vorgeworfen, dass eine gründliche Sanierung verschleppt und jahrelang nur notdürftig repariert worden sei. Müller will darauf nicht eingehen, "ich blicke in die Zukunft", sagt er. Was auf jeden Fall gemacht werden müsse, ist der Einbau einer neuen Lüftungsanlage, die einen "sechsstelligen Betrag" kosten werde. Insgesamt sei die Substanz des in Holzständerbauweise und ohne gemauerte Zwischenwände gefertigten Gebäudes nicht die Beste. Die Ölheizung sei alt, ebenso Sanitäreinrichtungen und die Ausstattung. Auch eine zeitgemäße Dämmung fehle. Aber eine energetische Sanierung bei einem Gebäude, das im Winter kaum genutzt werde? "Da wäre eine Millioneninvestition nicht verhältnismäßig", findet Müller. Denn all das muss bezahlt werden, und die finanzielle Lage der Gemeinde ist angespannt. Zuallererst müssten die Pflichtaufgaben finanziert werden, und zu diesen gehöre die Heimatbühne nun mal nicht.

Einen Abriss hält der Bürgermeister gleichwohl für unwahrscheinlich. Denn selbst wenn das Haus nicht als Denkmal einstuft werde, gebe es in der Gemeinde "eine große Tendenz, die Heimatbühne zu erhalten". Auch der Gemeinderat hat sich in einer Sitzung im vergangenen Juli einstimmig auf einen etwas schwammigen Beschluss geeinigt, wonach das "Sanierungskonzept in erster Linie auf eine maximale Wahrung des Bestands auszurichten" sei, vergleichend aber auch ein Neubau geprüft werden solle.

"Kochler Stuben" sind wieder geöffnet

Neben dem Saal gehören zum Komplex der Heimatbühne auch die Gaststätte und das Kino. Die ebenfalls angeordnete Schließung der "Kochler Stuben" hatte das Landratsamt nach einer erneuten Prüfung kurzfristig wieder zurückgezogen, weil sich die brandschutzrechtlichen Kriterien ausschließlich auf eine Versammlungsstätte, also den Saal bezögen, so die Begründung. Weil die Gaststätte da aber bereits ein Wochenende lang geschlossen worden war, habe sich die Gemeinde bereit erklärt, den entfallenen Umsatz zu ersetzen. "Wir sind die Vermieter, und wenn wir das Gebäude nicht zur Verfügung stellen können, ist es logisch, dass wir für den Schaden aufkommen", sagt Müller.

Ebenfalls vom Tisch ist inzwischen auch die Forderung des Landratsamts nach einem zweiten Fluchtweg für das Kino. Man habe die Bayerische Bauordnung noch einmal genauer studiert, sagt der Jurist Müller. Gemäß Artikel 31 sei ein zweiter Rettungsweg über einen gemeinsamen Flur mit dem ersten Fluchtweg zulässig. Beim Kino sei dies der Fall, ein zweiter Fluchtweg also schon immer vorhanden gewesen. "Das Landratsamt hat das inzwischen eingesehen", sagt Müller. Zwei Wochen war das Kino, das von Ehrenamtlichen betrieben wird und die Räume von der Gemeinde gestellt bekommt, geschlossen. Seit 21. März läuft der Betrieb wieder. Auch die Strickleiter an einem Fenster, die vom Landratsamt als zweiter Fluchtweg gefordert worden war, sei inzwischen abmontiert, sagt Müller.

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