Kochel am See:Der Jochberg brennt

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Zwei Münchner wollen am Gipfel Silvester feiern und sollen ein Feuer angezündet haben. Kurz darauf stehen 100 Hektar Wald in Flammen

Von Claudia Koestler, Kochel am See

Das neue Jahr hatten sich die Feuerwehrleute und Kochels Bürgermeister Thomas Holz sicher anders vorgestellt: "Nur sechs Minuten lang war Ruhe am Jahresanfang", sagte er am Sonntagvormittag mit einem Stoßseufzer, während über Kochel dicke Rauchschwaden zogen. In der Silvesternacht ist am Graseck nördlich des Jochbergs ein Großbrand ausgebrochen. Hoch über dem Kochelsee frisst sich seither das Feuer durch den Bergwald. Rund 100 Hektar standen noch am Sonntagnachmittag in Flammen, umgerechnet etwa 200 Fußballfelder, weshalb Landrat Josef Niedermaier noch den Katastrophenfall für den Landkreis ausrief. Die Löscharbeiten werden aller Voraussicht nach mehrere Tage andauern, das Gebiet rund um den Jochberg samt Kesselbergstraße ist deshalb bis auf Weiteres gesperrt. Im Verdacht, den Brand ausgelöst zu haben, stehen zwei Münchner Ausflügler.

Sieben Hubschrauber waren am Sonntag im Einsatz, um den verheerenden Brand am Graseck nördlich des Jochbergs zwischen Kochel und Walchensee unter Kontrolle zu bekommen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Eigentlich, so teilt die Polizei mit, wollten der 32-jährige Bergsteiger und sein 36-jähriger Begleiter das Feuerwerk im Loisachtal vom Gipfel des Jochbergs aus betrachten. Doch der Jüngere der beiden rutschte offenbar in der Dunkelheit aus, stürzte etwa 100 Meter in eine Schlucht und brach sich bei dem Unfall ein Bein. Mitten in den Lärm der Silvesterböller schrillte deshalb der Alarm durch Kochel. In der Folge rückte die Bergwacht aus, um den 32-jährigen Mann aus dem unzugänglichen, steilen Gelände zu bergen. Doch beim Aufstieg bot sich den Rettungskräften ein Bild des Schreckens: "Der Bergwald stand da schon in Flammen, teilweise fielen neben den Rettern brennende Bäume um", beschrieb Landrat Niedermaier. Die Bergwacht konnte den Verunglückten dennoch bergen, er befindet sich nun im Krankenhaus. Gegen 1.30 Uhr hatten die Retter der Bergwacht jedoch die Feuerwehr alarmiert. "Wir haben uns dann zunächst das Gebiet angeschaut, um das ganze Ausmaß des Brandes zu erkennen", erklärte der Kreisbrandrat und örtliche Einsatzleiter Karl Murböck. Dank Wärmebildkameras und einer Webcam, die am Gipfel des Herzogstandes montiert ist, "war schnell ersichtlich, dass sich das Feuer rasant ausbreitet". Das Problem: "An dieser Stelle ist überhaupt keine Zugänglichkeit gegeben", sagte Murböck. Deshalb brauchten die Helfer Hilfe: Neben der Bayerischen Polizei und der Wasserwacht wurden Bundespolizei und Bundeswehr alarmiert. Um das Großaufgebot von über 100 Einsatzkräften koordinieren zu können, rief Niedermaier gegen 3.40 Uhr morgens den Katastrophenfall aus. Alle verfügbaren Hubschrauber wurden beordert, unter anderem kamen zwei Piloten einer privaten Firma mit ihren Maschinen aus dem benachbarten Österreich zu Hilfe. Nach Sonnenaufgang waren am Sonntagmorgen fünf Helikopter im Einsatz, davon zwei von der Bayerischen Landespolizei und einer der Bundespolizei. Zwei weitere wurden im Laufe des Tages zusätzlich erwartet, darunter ein Hubschrauber der Bundeswehr. Das Wasser für ihre Löschflüge entnahmen sie aus dem höher gelegenen Walchensee und warfen es anschließend über der brennenden Bergflanke ab. Aufgetankt wurde an einer großen Wiese am Kochelsee, unterhalb des Kesselbergs. Doch trotz allem Einsatz: Der Geruch von verkohltem Holz und Gras war bis Bad Heilbrunn wahrzunehmen, die Rauchschwaden, die hinter dem Jochberg aufstiegen, waren bis an die nördliche Landkreisgrenze in Icking zu sehen.

Am Nachmittag wurde parallel zu den Löscharbeiten aus der Luft das Material für einen Einsatz von Löschtruppen am Boden organisiert. "Aufgrund des steilen Geländes sind vor allem Absturzsicherungen durch die Bergwacht für die Feuerwehreinsatzkräfte nötig", hieß es in einer Mitteilung des Landratsamtes. Die Löschhubschrauber blieben die ganze Nacht über in der Region, nahe der Brandörtlichkeit postiert.

Passanten, Neugierige und Wanderer sollten hingegen das Gebiet auch noch in den kommenden Tagen weiträumig meiden. Murböck erwartet, dass die Löscharbeiten andauern werden. Und so lange gelöscht wird, bleibt die B 11 am Kesselberg gesperrt. "Die Außenlastbehälter müssen nämlich über die Straße geflogen werden", erklärt der Kreisbrandrat. Fünf solcher Behälter hält der Landkreis vor, zwei von ihnen können bis zu 5000 Liter Wasser fassen.

Waldbrand
:So hat sich das Feuer am Jochberg entwickelt

Eine Webcam vom Herzogstand liefert genaue Aufnahmen - vom kleinen Lagerfeuer bis zum verheerenden Waldbrand.

Zunächst hieß es im Polizeibericht, dass möglicherweise ein Signalfeuer, das die verunglückten Münchner für die Rettungskräfte entzündet hatten, den Brand verursacht haben könnte. "Die beiden haben aber wohl auch ein Lagerfeuer entzündet, das als Brandursache in Betracht kommen könnte", erklärte Anton Huber, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Die genaue Ursache muss nun die Kriminalpolizei Weilheim ermitteln.

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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