Kita-Gebühren in Penzberg:Versteckspiel statt Aufklärung

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Entgegen ihrer Dementi haben Bürgermeisterin Zehetner und Penzberger Stadträte von der Anhebung der Abgaben gewusst. Im Januar wurde beschlossen, die Erhöhung um 25 Prozent vorzubereiten.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Es war ein Schock für viele Eltern, als bekannt wurde, dass die Gebühren für die Penzberger Kindertagesstätten um 25 Prozent angehoben werden sollten. Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD) wie auch Stadträte dementierten. Inzwischen rudert das Rathaus zurück. Der Stadtrat hat tatsächlich beschlossen, eine Erhöhung der Kindergartengebühren "um 25 Prozent vorzubereiten". Dieser Beschluss fiel in der nicht öffentlichen Januar-Sitzung. Das Protokoll zur Sitzung wurde ohne Einwand in der Februar-Sitzung genehmigt. Das bedeutet, entgegen den Äußerungen in den vergangenen Wochen wussten die Stadträte und Bürgermeisterin Zehetner von der Gebührenerhöhung. Das bestätigt Rathaus-Geschäftsführer Roman Reis.

Es ist eine Steilvorlage für die Bürger für Penzberg (BfP). Auf ihrer Facebook-Seite treiben sie das Rathaus wegen der Gebührenerhöhung "pauschal um 25 Prozent" seit Wochen vor sich her. Genährt von zwei Schreiben, welche die Verwaltung an Eltern, Kindergartenleiter und Träger verschickte, womit sie die Pläne öffentlich machte. Groß war danach die Aufregung und die Verunsicherung vor allem unter den Eltern. Immer wieder wiesen die BfP darauf hin, dass ohne Stadtratsbeschluss eine Gebührenerhöhung nicht möglich sei. BfP-Rat Wolfgang Sacher erklärte damals auf Anfrage, er dürfe aus der nicht öffentlichen Sitzung nicht berichten, was aber niemanden hindern solle, eigene Schlüsse zu ziehen.

Schockierend für viele Eltern: Die Gebühren für Penzberger Kindertagesstätten sollen um 25 Prozent steigen. Trotz aller Dementi beschloss der Stadtrat schon im Januar, diesen Schritt vorzubereiten. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Als CSU-Fraktionsvorsitzender André Anderl eine "lückenlose Aufklärung" forderte, blieb der Verwaltung keine andere Wahl, als den Vorgang aus ihrer Sicht zu schildern. Für die SZ war Bürgermeisterin Zehetner nicht zu sprechen. Sie hatte vor gut einer Woche erklärt, es werde moderate Anpassungen bei den Kindertagesstätten geben, aber nicht um 25 Prozent auf alle Buchungszeiten.

Stellung beziehen ließ sie indes Geschäftsführer Reis, den sie noch Anfang März öffentlich schalt, er habe das Schreiben an die Eltern, Träger und Leiter "ohne Kopf und Fuß" verschickt. Nach dem Beschluss im Januar und vor allem der Genehmigung des Protokolls im Februar sei dies für ihn der Startschuss gewesen, die Weisung des Stadtrats umzusetzen, so Reis. Sprich: die Betroffenen anzuschreiben, zu informieren und das Gespräch zu suchen. Ein solches soll mit den Trägern und Leitern am Donnerstag, 16. März, stattfinden. Dabei können die Betreuungsfachleute sagen, welche Gebührenanpassungen sinnvoll und vertretbar sind. Denn der Stadtrat kann die Gebühren nur für die städtischen Betreuungseinrichtungen festlegen. Allerdings sind die Tagesstätten anderer Träger bislang stets den Anpassungen gefolgt.

Anderl hatte ferner eine Erklärung gefordert, wie Zehetner zur Behauptung komme, eine 18-prozentige Gehaltserhöhung für Erzieherinnen sei ein wesentlicher Grund für die Gebührenanpassung. Reis präzisiert dies: Es habe eine Steigerung seit Einführung des Tarifvertrags für den Sozial- und Erziehungsdienst im November 2009 gegeben. Die 18 Prozent müssten also über die vergangenen acht Jahre gesehen werden. Personalkosten seien der höchste Ausgabenposten.

Elke Zehetner, Erste Bürgermeisterin der Stadt Penzberg, ärgerte sich über die Kritik ihrer Herausforderin Kerstin Engel (Grüne). (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bleibt die Frage, wieso Zehetner wie auch Stadträte nichts von dem Januar-Beschluss gewusst haben wollen. André Anderl hatte in einer Pressemitteilung vom 7. März noch betont: "Es ist unverantwortlich, wenn man mit derartigen Falschmeldungen die Öffentlichkeit verunsichert und sich dabei auch noch auf einen Stadtratsbeschluss beruft, den es gar nicht gibt." An diesem Punkt wird es spitzfindig: Während Reis mit Verweis auf das genehmigte Protokoll darauf pocht, der Stadtrat habe einen Beschluss gefasst, sieht dies Adrian Leinweber (SPD) anders. Da die Satzung zur Gebührenänderung öffentlich vom Stadtrat beschlossen werden müsse, sei noch nichts rechtsgültig, sagt er. Demnach nichts in dieser Sache in Zement gegossen.

Leinweber erinnert sich an eine "konfuse Diskussion" im Januar zu vorgerückter Stunde. "So gegen 23.30 Uhr" - wobei er betont, dass das keine Ausrede sein solle. Ein Beschluss mit 25 Prozent sei seiner Ansicht nach nicht gefasst worden. "Ich denke, es handelt sich um ein großes Missverständnis." Er gibt zu, dass Bürgermeisterin und Verwaltung nicht glücklich agiert hätten. "Aber wir können das alles noch bereinigen."

Das soll bei der Stadtratssitzung am Dienstag, 28. März, im öffentlichen Teil geschehen. Laut Reis werden dem Gremium die Vorschläge aus der Gesprächsrunde in der kommenden Woche als Entscheidungshilfe dann vorliegen. Ob es noch bei den 25 Prozent bleiben wird, könne er nicht sagen. Zu nicht öffentlichen Vorberatungen meint Reis, sie seien gängige Praxis. Leinweber hält ebenfalls an ihnen fest, weil man so auch mal ins Unreine sprechen könne.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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