Kesselberg bei Kochel:"Mit Vollgas in die nächste Kontrolle"

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Die Strecke zählt zu den gefährlichsten in Bayern - und ist bei Motorrad-Rasern legendär: Kesselberg bei Kochel. Die Polizei will nun ihre Kontrollen verstärken.

Klaus Schieder

Er hebt seine Maschine hoch. Er legt sich bis zum Anschlag in die Kurven. Er überholt das erste Auto links trotz Verbots, das zweite rechts über einen Parkplatz. Ein Motorradfahrer hat seine Raserei am Kesselberg gefilmt und ins Internetportal YouTube gestellt, untermalt mit fetziger Rockmusik. Nutzer, die das gesehen haben, äußern sich dazu mit Kommentaren wie "der parkplatz nach der showkurve is ne gute abkürzung - yeah? dude!!"

Ein Motorradfahrer auf der Kesselbergstraße: Jedes Jahr sterben Biker auf der gefährlichen Serpentinenstrecke, weil sie ihre Fahrkünste überschätzen. (Foto: dpa)

Jedes Jahr sterben Biker auf der gefährlichen Serpentinenstrecke zwischen Kochel und Walchensee, weil sie zu schnell unterwegs sind, weil sie ihre Fahrkünste überschätzen. Die Filme im Internet ärgern Steffen Wiedemann. Verhindern kann er sie nicht. "Da gibt es wenig Handlungsmöglichkeiten. Das ist ja fast ein Wettbewerb. Mir fehlt da jedes Verständnis", sagt der Leiter der Polizeistation Kochel.

Sechs Unfälle mit zwei Schwerverletzten hat es dieses Jahr schon gegeben. Einen Toten noch nicht. Das liegt vor allem am regnerischen Wetter, das Biker nicht auf die Straße lockt. "Aber wenn es schön wird, muss man mit Unfällen rechnen", sagt Wiedemann. 2008 hatte die Polizei ihre Strategie geändert. Sie beschlagnahmte die Maschine, wenn der Fahrer das Tempolimit von 60 Stundenkilometern oder das Überholverbot am Berg missachtete.

Dann entschied ein Verwaltungsgericht, dass dies unzulässig ist. "Nicht vereinbar mit dem Polizeiaufgabengesetz", sagt Konrad Rutzinger. Der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd fügt aber gleich hinzu, dass die Sicherstellung von Motorrädern "noch immer möglich" sei. Zum Beispiel dann, wenn sich ein Biker völlig uneinsichtig zeigt. Wenn er von der Polizei gestoppt wurde und "mit Vollgas in die nächste Kontrolle reinsaust", wie Rutzinger erklärt.

Eine Hardcore-Gruppe, die sich Rennen liefert

Am Kesselberg postieren sich nicht alleine die Polizeibeamten aus Kochel. "Wir arbeiten mit anderen Dienststellen zusammen", sagt Wiedemann. Die Überwachung diene vor allem dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer. Neben Kontrollen setzt er auf Präventionsarbeit.

Vor kurzem informierte die Polizei die Biker am Kesselberg über die Gefahren der Strecke und die Konsequenzen, wenn jemand die Verkehrsregeln ignoriert. "Wir waren drei Stunden da. Wir haben mit 40 bis 50 Bikern gesprochen", sagt Wiedemann. Aber die Raser unter den Motorradfahrern haben sie nicht erreicht. "Das ist eine kleine Hardcore-Gruppe, die meint, sich Rennen liefern zu müssen."

© SZ vom 19.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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