Josef Janker:"Bad Tölz muss sich verträglich weiterentwickeln"

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Oberbürgermeister Josef Janker (CSU) über Imagepflege, die Zukunft des Tourismus sowie die Bedeutung von Alpamare und Eishockey.

Ulrich Schäfer und Klaus Schieder

Seit zwei Jahren ist Josef Janker (CSU) Bürgermeister von Bad Tölz. Der 57-Jährige, der Bauunternehmer von Beruf ist, äußert sich im Gespräch mit Ulrich Schäfer und Klaus Schieder zum Image der Stadt, den Folgen der Gesundheitsreform, den Problemen des Eishockeyvereins und dem endgültigen Drehschluss für die TV-Serie "Der Bulle von Tölz". Janker will die Stadt auf verträgliche Weise weiterentwickeln und ihr Image pflegen.

Seit zwei Jahren Bürgermeister von Bad Tölz: Josef Janker (CSU). (Foto: region.wor)

SZ: Herr Janker, Bad Tölz lebt stark vom Tourismus. Doch die Übernachtungszahlen sind in den letzten Jahren von 800000 auf 350000 Gäste gesunken. Hat die Stadt ein Imageproblem?

Josef Janker: Nein. Der Rückgang liegt ausschließlich an der Gesundheitsreform. Die klassische Kur gibt es nicht mehr, sie ist mit der Reform schlagartig gekillt worden. Aber wir haben im Gegenteil sogar einen Imagegewinn.

SZ: Wieso das denn?

Janker: Weil wir permanent Zuwächse bei den Tagesgästen haben. Ihre Zahl hat sich extrem erhöht. Natürlich haben wir im ersten halben Jahr nach der Reform eine gewisse Schockstarre gehabt. Früher war es ja so, dass die Häuser bereits im Januar, Februar für ein halbes oder dreiviertel Jahr ausgebucht waren. Nun müssen die Häuser selbst an die Kunden herangehen, um ihre Gäste, ihre Patienten zu bekommen. Da haben einige Häuser auch dichtgemacht. Große Häuser, wichtige Anbieter. Damit sind uns zwangsläufig viele Betten weggefallen.

SZ: Tagesgäste bleiben aber nicht so lange und lassen nicht so viel Geld in der Stadt.

Janker: Unsere Einzelhändler bestätigen, dass der Umsatz mit Tagesgästen höher ist als mit Gästen, die wie früher drei Wochen da bleiben. Denn wenn ich heute ein, zwei Tage irgendwohin fahre, gehe ich zum Essen, zum Shoppen. Die Übernachtungszahlen von früher wurden durch die Sozialkur stark beeinflusst. Das waren nicht unbedingt Leute, die ein hohes Einkommen hatten. Und sie wurden versorgt in ihren Häusern, hatten Vollpension. Die heutigen Gäste sind anders strukturiert.

SZ: Was unternimmt die Stadt, um noch mehr Gäste anzulocken?

Janker: Alles, was uns machbar und finanziell möglich erscheint. Wir haben gerade einen neuen Imagefilm gedreht, wir werben in allen Medien, Internet sowieso. Und wir haben die verschiedensten Veranstaltungen, auch mit dem Hintergrund, dass jede davon eine gewisse Marketingmaßnahme ist - ob das jetzt das Käsefestival ist, die Brauchtumsschlittenfahrt, die Rosentage, die Herbsttage, "Bussi Kathi". Zudem wird unser Stadtbild gepflegt, erhalten und geschützt, sowie es jetzt ist. Wir haben zum Beispiel für die Altstadt eine separate Satzung für Werbeanlagen. Das ist sicher auch mit Ärger verbunden, aber wir handhaben das sehr restriktiv. Da kann nicht einfach ein Unternehmen kommen und beliebig seine Werbeanlage, sein Schild über den Laden hindonnern, in Blau, Weiß, Grün oder welchen Farben und Formen auch immer. Die begeisterten Besucher und Gäste bestätigen die Richtigkeit unserer Entscheidungen.

SZ: Und wie soll es im Badeteil weitergehen, nachdem der Stadtrat den Bebauungsplan für das dortige Sondergebiet aufgehoben hat?

Janker: Wir haben drei, vier Jahre nach der Gesundheitsreform beobachtet: Was passiert dort mit den Immobilien? Schaffen es die Häuser, dass sie Gäste, also Selbstzahler, holen? Die einen haben es geschafft und investiert, es hat aber auch andere gegeben, die schließen mussten. Einige Häuser haben, wenn sie jahrelang nicht mehr betrieben wurden, fürchterlich ausgesehen. Die Stadt kann die Eigentümer nicht zwingen, etwas zu tun, sie kann aber die Rahmenbedingungen verändern.

SZ: In welcher Weise?

Janker: Es durften früher keine Wohnungen im Badeteil gebaut werden. Nun lassen wir Wohnungen zu. Aber da der Badeteil eine gute Wohngegend ist, müssen mindestens 80 Prozent der Wohnungen über 100 Quadratmeter sein. Und das spricht natürlich auch Leute in finanziell guten Verhältnissen an. Schön wäre es zudem, wenn wir noch ein attraktives Hotel im Vier-Sterne-Bereich bekämen. So ein Schub wäre schon recht. 450000 Übernachtungen in der jetzigen Zeit, das wäre toll.

SZ: Eine ganz wichtige kostenlose Werbung für Tölz gibt es nicht mehr: den "Bullen von Tölz". Wie sehr leidet die Stadt darunter, dass keine neuen Folgen dieser äußerst beliebten Fernsehserie mehr gedreht werden?

Janker: Im Moment noch überhaupt nicht. Die alten Folgen werden wiederholt, und es soll ja auch noch ein Film kommen. Das Interesse am "Bullen" ist jedenfalls ungebrochen. Die Tourist-Information bietet Führungen unter dem Motto "Auf den Spuren des Bullen von Tölz" an. Unsere Stadtführer gehen mit 20, maximal 25 Personen durch die Stadt zu den verschiedenen Örtlichkeiten im Film. Sie sind gut beschäftigt, es kommen immer wieder Busse speziell wegen des "Bullen". Die Leute wollen sehen, wo was gedreht worden ist.

SZ: Vor ein paar Wochen wurde eine Folge von "Der Alte" in Tölz gedreht.

Janker: Ja, es waren immer schon und immer öfter Filmteams in Tölz. Die sind auch öfter im Rathaus gewesen. Ich kann mich gut erinnern, dass Elmar Wepper einen Bürgermeister gespielt hat.

SZ: War er gut?

Janker: Ja, er war gut.

SZ: Könnte er Tölz regieren?

Janker: (lacht) Ja. Aber nur in Zusammenarbeit mit unserer ausgezeichneten Verwaltung.

SZ: Das Alpamare, eine der Attraktionen von Bad Tölz, klagt über rückläufige Besucherzahlen. Zeigt das nicht, dass die Stadt an Attraktivität verliert?

Janker: Das Alpamare ist auf alle Fälle ein Zugpferd, keine Frage. Besucherschwund - ja. Ein Beweis für schwindende Attraktivität - nein. Die Spaßbäder, die in einem Umkreis von 60, 70 Kilometer von Tölz aufgemacht haben, sind eine Konkurrenz. Und wenn man einen Kuchen durch acht teilen muss, werden die Stücke eben kleiner. Auf den Rückgang der Besucherzahlen hat die Jod AG schon reagiert mit verschiedensten Maßnahmen.

SZ: Die Konkurrenz wird noch größer, wenn das Spaladin in Geretsried kommt.

Janker: Ursprünglich haben wir gedacht, dass dies eine Konkurrenz wäre für das Alpamare. Mittlerweile sind wir davon überzeugt, dass das Spaladin ein anderes Kundenklientel hat. Das Alpamare ist ein Spaß-, ein Familienbad, das Spaladin wird eine Wellness-Oase.

SZ: Das Alpamare wollte selber einen Wellnessbereich schaffen, die Stadt hat bei den Plänen der Jodquellen AG aber nicht mitgezogen. War das nicht ein Fehler?

Janker: Nein. Wir wollten die sogenannten "Tölzer Quellen" und hätten mit der Jod AG einen Partner gefunden, der diese Maßnahmen umgesetzt hätte. Die Kosten waren mit zwei, zweieinhalb Millionen Euro geschätzt. Wir wollten dafür eine Betriebsgarantie auf zehn Jahre. Doch die konnte oder wollte die Jod AG nicht geben. Alternativ hätte die Stadt die schon mit 27 Prozent an der Jod AG beteiligt ist, für den einzubringenden Betrag eine höhere Unternehmensbeteiligung akzeptiert. Aber auch das war nicht gewünscht.

SZ: Sind die "Tölzer Quellen" damit endgültig gestorben? Oder gibt es noch eine Chance?

Janker: Die nächsten zwei, drei Jahre ist das sicherlich vom Tisch. Da fehlt uns schlicht das Geld.

SZ: Kämmerer Hermann Forster hat gesagt, das "totale Krisenjahr" kommt 2011. Wo werden Sie den Bürgern wehtun?

Janker: Wir werden versuchen, dass wir den Bürgern nicht wehtun müssen, und ich bin zuversichtlich, dass es auch möglich ist. Vom Finanziellen ist es sicher so, dass wir die nächsten zwei Jahre hart sein werden. Für 2011 und 2012 werden wir nur sehr enge finanzielle Möglichkeiten haben. Da wird man sich auf das Wesentliche beschränken müssen. Was uns aber nicht daran hindert, mit Zuversicht in die nächsten Jahre zu gehen und Planungen und Projekte weiterzuverfolgen.

SZ: Für dieses Jahr haben Sie eine Erhöhung von Abgaben und Steuern ausgeschlossen. Werden Sie 2011 nicht doch an diesen Schrauben drehen müssen?

Janker: Man kann die Unternehmen nicht vor den Kopf stoßen. Es geht ihnen schon nicht so besonders, und dann haut man ihnen eine höhere Gewerbesteuer hin. Das wird sicher nicht so erfolgen.

SZ: Denkbar wäre auch, neue Gewerbebetriebe anzusiedeln und so mehr Geld einzunehmen.

Janker: Das tun wir ja. Allerdings muss das für Tölz verträglich sein. Das heißt: nicht laut, nicht stinkend, möglichst mit höherwertigen Arbeitsplätzen. Es muss halt auch zum Image passen.

SZ: Ein Imageträger für die Stadt ist auch der Eishockeyverein EC Bad Tölz. Sind Sie Fan?

Janker: Ja, klar.

SZ: Wann wird Tölz wieder Deutscher Meister?

Janker: (lacht) Wann bringen Sie mir jemanden, der jedes Jahr ein paar Millionen auf den Tisch legt, damit der EC sich die entsprechende Mannschaft leisten kann?

SZ: Kann die Stadt nicht etwas beisteuern? Oder anders gefragt: Wie weit würden Sie als verantwortlicher Bürgermeister gehen, um das Tölzer Eishockey finanziell zu retten?

Janker: Vergangenes Jahr im Januar ist ja die Bombe hochgegangen, da waren die Tölzer Löwen insolvent. Damals hat jeder gemeint, die Stadt müsse mit Geld einspringen. Kurzfristig wären 570000 Euro notwendig gewesen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Tölzer Eishockey-Gesellschaft, eine private GmbH, die den Spielbetrieb bezahlt, ist eine Firma. Es kommt überhaupt nicht in Frage, dass öffentliche Gelder in eine GmbH fließen.

SZ: Dennoch bleibt die Frage: Wann wird das Eishockey wieder zum Imageträger für Tölz?

Janker: Der ECT ist ein Imageträger für Tölz. Aber was für uns wichtig ist und was auch die Fans verstanden haben: Wir können uns keine stattliche Anzahl von hochbezahlten Profispielern leisten. Wir sind ein reiner Nachwuchsmannschaften-Verein. Das wird meines Erachtens auch hervorragend umgesetzt. Das sollte noch viel mehr belohnt werden, da sollte viel mehr Geld kommen, zum Beispiel auch aus dem Reindl-Pool. Unsere Mannschaft besteht zu 95 Prozent aus Nachwuchs. Aber es fehlt auch das Medieninteresse. Erst wenn das Fernsehen kommt, kommt bekanntlich auch das große Geld. Andererseits: Schauen Sie sich an, wo manche Talente aus Tölz inzwischen spielen. Auch das ist Werbung für unsere Stadt.

SZ: Wenn Sie als Tourist in 20 Jahren nach Bad Tölz kämen, welches Image hätte diese Stadt dann?

Janker: Ich hoffe, das gleiche wie jetzt. Bad Tölz ist Veranstaltungsstadt, Brauchtumsstadt, Gesundheitsstadt und Schulstadt...

SZ: ...und im Fernsehen läuft dann mittlerweile die 500. Folge des "Bullen von Tölz".

Janker: Ja, das wäre wunderbar.

© SZ vom 14.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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