Isar-Kaufhaus:Motorenlärm statt Vogelgezwitscher

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Andreas Görlich vor seinem Haus am Dr.-Happ-Gassl in Wolfratshausen. Auf dem Grundstück direkt rechts daneben soll der Parkplatz entstehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Andreas Görlich wohnt hinter dem Isar-Kaufhaus. Wegen des geplanten Parkplatzes fürchtet er um seine Ruhe.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Andreas Görlich hat es ruhig in seinem Haus im Wolfratshauser Dr.-Happ-Gassl. Seit 1999 wohnt der 60-Jährige in dem gelben Gebäude direkt am Bergwald, in dem er auch seine Anwaltskanzlei betreibt. Straßenlärm vom Untermarkt dringt nicht zu seinem Grundstück vor. Gegenüber schweigt seit Jahren das leer stehende ehemalige Isar-Kaufhaus, nebenan zieht sich das stadteigene Grundstück hinter der Happ'schen Apotheke den Hang hinauf, auf dem neben einem verwaisten Bungalow nur ein paar Obstbäume stehen. "Am Lautesten", sagt Görlich, "sind die Vögelchen im Frühjahr."

Das aber soll sich bald ändern. Denn das Isar-Kaufhaus soll abgerissen und an seiner Stelle ein Neubau mit Wohnungen und Laden im Erdgeschoss errichtet werden. Und weil für den Laden zusätzliche Parkplätze nötig sind, hat die Stadt das Grundstück direkt neben dem von Görlich an den Investor, die Untermarkt 7-11 GmbH, verkauft. 29 ebenerdige Stellplätze sollen dort entstehen, mit Einfahrt über das Ochsenbräu- und Ausfahrt über das Dr.-Happ-Gassl. Mit seiner Ruhe, fürchtet Görlich, ist es dann vorbei. "Man kann sich vorstellen, was hier dann los sein wird", sagt er.

Die Stadt hat das etwa 940 Quadratmeter große Grundstück im vergangenen Frühling an die Untermarkt 7-11 GmbH verkauft, hinter der der Grünwalder Investor Rainer Scherbaum steht. Der plant für den Neubau anstelle des Isar-Kaufhauses zwar eine Tiefgarage mit 28 Stellplätzen. Die sind aber den Bewohnern der dort entstehenden zwölf Wohnungen vorbehalten. Für die geplanten rund 1600 Quadratmeter Ladenflächen im Erd- und ersten Obergeschoss sind insgesamt 48 Stellplätze erforderlich. 29 sollen auf dem Grundstück hinter der ehemaligen Apotheke entstehen, der Rest wird bei der Stadt abgelöst.

Görlich, der als Nachbar auch im Genehmigungsverfahren gehört wird, will seine Einwände beim Landratsamt vorbringen. Er hält den geplanten Parkplatz für problematisch, nicht nur wegen des Verkehrs und der Immissionen, die er befürchtet. Das steil ansteigende Grundstück sei auch in Sachen Statik eine Gefahr. Schließlich müsse dort eine sehr hohe Stützmauer die ganze Last des Bergwaldes tragen. Zudem wolle der Investor das Grundstück bis zur Grenze ausnutzen und verschmälere damit den Kurvenradius des Dr.-Happ-Gassls. Anlieferverkehr oder Rettungswagen, die zu den Anliegern Richtung Kirche wollten, kämen dann nicht mehr durch, befürchtet Görlich.

Architekt Tom Ferster, der den Neubau und die Freiflächen plant, weist die Einwände zurück. Die Zugangswege würden verbreitert, eine Straße durch das Grundstück zum Parkplatz werde neu gebaut, erklärt er - "mit einem Radius, der auch Lastern das Rangieren ermöglicht". Anfängliche Bedenken des Staatlichen Bauamts Weilheim hätten sich mittlerweile zerstreut: Die ursprüngliche Befürchtung, das Ochsenbräugassl sei zu schmal, habe sich als falsch erwiesen, da das Gebäude des Ladens "Jeans+News" nur im oberen Bereich in die Straße rage. Und die erst als gefährlich eingestuften "Sichtdreiecke" bei der Ausfahrt auf die Bundesstraße seien unproblematisch, weil der Untermarkt Einbahnstraße sei und man nur eine Richtung im Blick haben müsse. Die getrennte Ein- und Ausfahrt auf den Straßen, die jeweils nur noch in eine Richtung befahrbaren werden dürften, bringe eine "zehnfache Verbesserung", sagt Ferster: "Früher sind die Leute auch beim Isar-Kaufhaus reingefahren. Aber sie mussten rangieren und auf der selben Straße wieder heraus."

Auch in Sachen Statik hat Ferster keine Bedenken. Schließlich sei er schon seit mehr als 50 Jahren in Wolfratshausen und habe zahlreiche Häuser in der Altstadt gebaut. Etwa den ehemaligen Haderbräu, mit einer ähnlich hohen Stützmauer. Die acht Meter hohe Mauer, die den Bergwald am neuen Parkplatz stützen soll, könne zudem schräg errichtet werden. Auch die Gefahr, dass Unberechtigte den neuen Parkplatz nachts nutzen könnten, bestehe nicht, sagt Ferster. "An der Einfahrt wird es eine Schranke geben."

Zumindest um seine Bettruhe muss Görlich also nicht fürchten. An einen Parkplatz nebenan wird er sich aber wohl bald gewöhnen müssen. Und auch an eine Großbaustelle gegenüber. Der 60-Jährige gehört zu den drei Nachbarn, die gegen den Vorbescheid für den Neubau beim Verwaltungsgericht geklagt haben. Einen Termin habe er noch nicht erhalten, sagt der Rechtsanwalt. Unterdessen geht das Genehmigungsverfahren für den Bauantrag im Landratsamt weiter. In etwa sechs Wochen, schätzt Architekt Ferster, werde man die Baugenehmigung erhalten.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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