Integration:Sport als "Eisbrecher"

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Fußball verbindet: Alam Shamsul (l.) und Trainer Simon Berger. (Foto: Hartmut Pöstges)

Alam Shamsul spielt Fußball beim SV-Münsing-Ammerland

Von Benjamin Engel, Münsing

Der 24-jährige Alam Shamsul aus Myanmar ist schon lange fußballbegeistert. Sein Vorbild ist der FC Bayern-Spieler Philipp Lahm. Und Deutschland sei sein Lieblingsteam, fügt der junge Mann mit dem tief schwarzen Haar spontan auf Englisch hinzu. Mitte vorigen Jahres ist er nach Deutschland geflohen. In Myanmar wurden er und seine Familie unterdrückt, weil sie Muslime sind. In Münsing konnte er an seine große Leidenschaft für den Fußball anknüpfen. Seit fünf Monaten spielt und trainiert er in der ersten Fußballmannschaft des SV Münsing-Ammerland mit. Ein einziges Wort reicht ihm, um zu beschreiben, wie es ihm gefällt: "Super."

Vereinssport sei wichtig für die Integration, findet Simon Berger, der das Fußballteam des SV trainiert. Er ist zudem Geschäftsführer des Degerndorfer Futtermittelherstellers Agrobs, wo Shamsul auch arbeitet. Der Sport sei ein "Eisbrecher", um Anschluss zu finden, sagt der Coach. Im Fußball gebe es andere Spieler, deshalb könne Shamsul sehen, was die Mannschaftskollegen machten und das einfach nachmachen. Es klappe ganz einfach, womöglich auch deshalb, weil der junge Mann der einzige Asylbewerber in der Mannschaft sei. "Seit drei Wochen fragt er mich, wann das Training nach der Winterpause wieder losgeht", sagt Berger.

Nur an der Sprache hapert es ein wenig. Denn Shamsul versteht und spricht nur wenig Deutsch oder Englisch. Seine Mitspieler begrüßt er mittlerweile mit Handschlag, sagt "Servus" und "Wie geht's". Manchmal laufe er zwar statt rechts nach links, sagt Berger. Das sei aber nicht weiter dramatisch. Wie Shamsul erzählt, ist er mit drei Mitspielern auf Facebook befreundet und schreibt ihnen Kurznachrichten. Er hat fast kein Training ausgelassen und kommt zu den Heimspielen des Vereins. Vor eineinhalb Wochen ist er mit den Jugendspielern zum Bundesligaspiel des FC Ingolstadt gegen Mainz 05 mitgefahren.

Mit dem Fußball und seiner Arbeit kämpft Shamsul gegen die Langeweile. Er wohnt mit drei Asylbewerber-Familien in einem Haus in Münsing. Doch mit ihnen unterhalte er sich allenfalls nur kurz, sagt der junge Mann. Er kaufe ein und koche selbst, schaue Fernsehen und laufe an den Wochenenden in Münsing herum oder fahre nach München. "Einfach nur, um zu schauen", erzählt er. Weil ihm langweilig war, wollte er unbedingt arbeiten. Bei Agrobs packt er an, wo seine Hilfe benötigt wird. Er füllt Futtersäcke für den Verkauf ab oder hilft in der Poststelle für den Online-Handel mit.

Der junge Mann hat die Ausrüstung vom Verein bekommen. Ein Mitspieler schenkte ihm Fußballschuhe. In Myanmar spielte er in einer Schülermannschaft nur barfuß - auf kleineren Plätzen mit kleineren Toren und weniger Spielern pro Mannschaft. Fußballtore wie in Münsing seien dort High-Tech, sagt er. Etwas zu kämpfen hat Shamsul damit, dass er seine Familie nicht sehen kann. Sie könnten nur telefonieren, bedauert er. In seiner Heimatstadt Matupi im Westen von Myanmar hat der junge Mann im Restaurant gearbeitet, gekocht und bedient. Im Sommer des Vorjahres ist er per Flugzeug in die Türkei und von dort bis nach Deutschland gekommen. Seine Familie ist inzwischen nach Bangladesh geflohen.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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