In Seeshaupt:Sommerfrische wie zu Omas Zeiten

Lesezeit: 2 min

Fischer Andi Lidl hat das alte Strandbad wiederbelebt. Er stellt Schirme und Liegestühle bereit und vermietet Boote. Die Gäste müssen Eintritt zahlen

Von Kia Ahrndsen, Seeshaupt

Das Strandbad Lidl hat in Seeshaupt eine lange Tradition, schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Familie Lidl am Ufer des Starnberger Sees dort Badehütten aufgebaut. Die im Karree errichteten Kabinen ermöglichten den Gästen einen von neugierigen Blicken abgeschirmten Zugang ins Wasser. Die Wiese am Seeufer war anderen Tätigkeiten vorbehalten: Dort spannten die Fischer ihre Netze auf, die damals noch aus Baumwolle oder Leinen bestanden und jeden Tag trocknen mussten, nachdem sie im Ruderboot in den frühen Morgenstunden im See ausgebracht worden waren.

Das war einmal. Auf der Wiese stehen heute Sonnenschirme und Liegestühle, besetzt von Feriengästen in Bikini oder Badehose. Rudern ist Freizeitvergnügen. Andi Lidl, der inzwischen die Fischerei betreibt, fährt mit Motorboot und Nylonnetzen hinaus. Jetzt hat er das frühere "Strandbad Lidl" wiederbelebt. Wie bis in die Achtzigerjahre müssen die Gäste aber Eintritt zahlen. Allerdings sitzt niemand mehr am Zauntürchen und kassiert 50 Pfennig pro Kind, die Besucher kommen vielmehr zur Bootshütte und entrichten ihren Obolus. Der Zaun hat Lücken, das Gelände ist eigentlich ungehindert zugänglich. "Ganz am Anfang sind wir ein paar Mal über die Wiese gegangen, um zu kassieren," sagt Lidl, aber inzwischen kämen die Gäste von selbst. Kinder haben ohnehin freien Eintritt, Jugendliche zahlen pro Tag zwei, Erwachsene drei Euro. Dauerkarteninhaber werden "wie früher bei der Oma" in ein kleines Büchlein eingetragen, sagt Lidl. Die Gäste dürfen Liegestuhl und Sonnenschirm benutzen, wenn welche frei sind, und die Toiletten im "Stüberl am See".

Ohne Trubel genießen Andreas Burkert und Gerald Kleffmann das Strandbad. (Foto: Nila Thiel)

In den vergangenen fünf Jahren hat sich der 53-Jährige vornehmlich um die Gastronomie im Biergarten gekümmert, für anderes war keine Zeit. Um Feriengäste kümmert sich die Familie Lidl aber immer noch, heuer wurde der Bootsverleih wieder in Schwung gebracht. Jetzt ist der Biergarten verpachtet und die Bootshütte wieder gut gefüllt. Zumindest am frühen Morgen. Drei Elektroboote warten auf Gäste (zwei davon nagelneu), Ruderboote, Paddelboote (auch in einer Spezialausführung "Krokodil" für Kinder) und neue Badetretboote, darunter das "Ferrari-Boot" mit Rutsche. Selbstverständlich gibt es auch einige Stand-up-Paddel. Eventuell komme, so Lidl, noch ein Segelboot dazu. Geöffnet ist bei passendem Wetter jeden Tag von elf Uhr an, wer ein Fahrzeug schon früher nutzen möchte, kann am Vortag Bescheid geben (Telefon 08801/915 33 88). Dieses Angebot richtet sich vor allem an Stehpaddler, die den See zu früher Stunde genießen möchten, oder an Angler. Die Preise liegen zwischen sieben Euro für das Krokodil und 28 Euro fürs Elektroboot pro angefangener Stunde. Andi Lidl ist mit der Resonanz zufrieden. Es laufe langsam an, sagt er, aber das sei nach der langen Pause nicht anders zu erwarten gewesen. Zu Beginn hatte es noch ein paar Probleme gegeben, so musste die Lenkung der Elektroboote nachgebessert werden, aber jetzt ist alles bereit.

Lidl hat nun auch wieder mehr Zeit für die Fischerei, mehrmals pro Woche fährt er frühmorgens auf den See. Allerdings ist die Ausbeute derzeit nicht groß, und was er fängt, "geht direkt in die Küche des Stüberls". Er will die Fischerei wieder ausbauen und so die Familiengeschichte weiterführen. Immerhin sind die Lidls schon 1560 zum ersten Mal als Fischer in Seeshaupt verzeichnet. Andi Lidls Ziel ist der Ausbau eines alten französischen Lieferwagens zum "Fischmobil", das als Verkaufswagen dienen soll. Die Lackierung ist fertig, der Innenausbau, vor allem der Kühlanlagen, gestaltet sich schwieriger.

Andi Lidl hat das Strandbad in Seeshaupt wiederbelebt. (Foto: Nila Thiel)

Man kann aber, so versichert Andi Lidl, bei Bedarf an frischem Fisch in der Bootshütte nachfragen - vielleicht ist ein Fang ja doch einmal größer ausgefallen als erwartet. Und sobald es geht, sollen dort auch wieder Räucherfische angeboten werden. So wie früher bei seiner Mutter in der Küche.

© SZ vom 31.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: