In der Weidachmühle Wolfratshausen:Aperçus in Schwarz-Weiß

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S. Fehmi Katircioglu stellt im Atelier von Hamit Cordan künstlerische Fotoarbeiten aus, die er ganz klassisch analog aufgenommen und von Hand entwickelt hat

Von Barbara Szymanski, Wolfratshausen

Der Fotograf S. Fehmi Katircioglu hat seine Ausstellung "mim" genannt. Das ist Türkisch und heißt sinngemäß "ein Zeichen setzen". Das darf der Betrachter seiner Werke ruhig wörtlich nehmen. Denn es gehört viel Erfahrung, Können und auch Mut dazu, mit den Mitteln der Lichtbildnerei so radikal reduziert zu arbeiten und dabei zu riskieren, dass der Galeriebesucher die Lust am Betrachten verliert. Das geschieht aber nicht in dieser schwarz-weißen Welt nur aus Licht und Schatten. Nur ein Wischer wie ein lächelnder Mund ist auf einem Bild zu sehen, ein zunehmender Mond vielleicht auf einem anderen, sichtbar gemachte Funkfrequenzen, Tiefsee-Flirren. Es darf fantasiert werden, was Katircioglu als Zeichen setzt.

Ungewohnt auch die Präsentation: Alle Arbeiten sind rund. So rund, als sähe man selbst durch die Linse der Kamera in einen dunklen und geheimnisvollen Kosmos. Der jedoch nicht so tiefschwarz wie der selbige ist, sondern, wenn man das überhaupt sagen kann: beredt schwarz. Die Bogen oder Wellen, die Striche oder Streifen, die Pfeile oder Schleifen, Trichter oder Kringel beginnen zu schweben oder sogar zu tanzen. Sie sind hell wie das Licht. Die abstrahierten oder gänzlich amorphen Zitate oder Spuren von fast nichts sind niemals scharf zum dunklen Untergrund abgegrenzt.

Betrachter der Fotografien von S. Fehmi Katircioglu, die sich auf einzelne Arbeiten einlassen, entdecken womöglich mehr als abstrakte Kunst. (Foto: Hartmut Pöstges)

Erreicht wird diese flirrende, fast dreidimensionale Wirkung offenbar durch eine bestimmte Körnung, die sich zeigt, wenn man ganz nah an die Fotografien herantritt. Das darf man im Atelier des Malers, Bildhauers und Konzeptkünstlers Hamit Cordan. Denn er ist gerne Gastgeber für außergewöhnliche Künstler, wie er sagt. Mögen sie akademisch gebildet sein oder wie Fehmi Katircioglu, der sich als ein sehr ambitionierter Autodidakt zu erkennen gibt. Für Cordan sind die abstrakten Fotoarbeiten, die digital auf Leinwand gedruckt sind, "reine Magie, für die ich mir täglich Zeit zum Anschauen nehme".

Die Fotomalereien entstehen mit analogen Kameras, und zwar aus Prinzip. Und sie werden vom Fotografen selbst entwickelt. Auch dies im Wortsinn. Katircioglu entwickelt in vielen Stunden seine Arbeiten so lange, bis sie ihm stimmig erscheinen. Bis Magie entsteht, bis das Motiv einen bestimmten Ton anschlägt, ein Kommentar verkündet oder eben ein Zeichen gesetzt wird für die Flügel der Fantasie. Dieser Blick für das Wesentliche und wirklich Wichtige, die Essenz von allem, mag mit dem Brotberuf des Fotomalers zusammen hängen. Er ist Herzchirurg. In vielen Kursen hat er sich jedoch intensiv mit der Fotografie und ihren Möglichkeiten auseinandergesetzt. Und er schloss sich einer Gruppe von Analog-Fotografen an, die ihre Werke selbst entwickeln.

Hier heißt's genau hinschauen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die meisten Arbeiten sind sozusagen Negative. Fünf Bilder dieser Ausstellung jedoch sind positiv im Sinne der Fotografie: heller Untergrund, schwarze Visionen. Hier mag die Natur einige Leihgaben gespendet haben. Entdecken wir Betrachter Käfer, Blätter, ein Kardiogramm, ein Herz gar? Es könnten Zeichnungen sein, mit leichter Hand hingehauchte Anspielungen, Aperçus, Aphorismen. Wir schauen und staunen über die Wirkung dieser Simplifizierungen, die Zeichen setzen können.

Abstrakte Fotografien von S. Fehmi Katircioglu im Atelier Hamit Cordan, Weidachmühle, Äußere Münchner Straße 2, Wolfratshausen; bis 15. September. Besichtigung nach telefonischer Absprache: 01520/981 53 67

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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