In der Seeresidenz Alte Post:Makellose Ästhetik

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Werbefachmann Jürgen Knauss zeigt unter seinem Pseudonym Yussof Knauss Landschaftsfotos und symbolträchtige Bilder

Von Katja Sebald, Seeshaupt

Bilder der Stille sind derzeit in den Galeriegängen der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen: Es sind Fotografien aus dem Buch "S.T.I.L.L.E." von Yussof Knauss, die für diese Ausstellung in großen und sehr großen Formaten aufgezogen wurden.

Hinter dem Künstlernamen Yussof Knauss steht ein Mann, der weiß, wie Bilder wirken: Jürgen Knauss, 1938 in Darmstadt geboren, war 1994 "Mann des Jahres der deutschen Werbeindustrie". Ein halbes Jahrhundert lang - und damit so gut wie sein gesamtes Berufsleben - hat er für die Werbeagentur Heye gearbeitet. 1964 hatte der gelernte Schriftsetzer dort als Layouter angefangen, 2014 schied er als Chairman aus. Unzählige international bedeutende Marken hat er betreut und geprägt.

1989 übernahm er zusammen mit seiner Frau den Heye-Verlag, den er, zuletzt durch Fusionierung, zu einem der größten Kalenderverlage Deutschlands machte. Auch er selbst trat dort als Fotograf in Erscheinung. Als er sich mit Mitte 70 endlich "zur Ruhe setzte", gründete er gleich noch mal einen Verlag, in dem nun in schöner bibliophiler Aufmachung seine eigenen Fotobücher erscheinen.

Und so besticht nun auch die in Seeshaupt gezeigte Bildauswahl durch ihre effektvoll-makellose Ästhetik. Die weitaus meisten Aufnahmen entstanden auf einer Reise nach Burma. Zu sehen ist etwa eine Flussinsel, deren Ufer das Wasser weggespült hat, sodass ein spannender Kontrast zwischen dem sattgrünen Grasbewuchs und dem sichtbar gewordenen lehmig-braunen Untergrund entstanden ist. Das wie von einem Schleier umgebene bemalte Gesicht einer Buddhafigur ist in geradezu monumentaler Größe abgebildet. Ein Tempel taucht aus dem dunstig-rosafarbenen Morgenlicht auf. Am Ufer senkt sich der Nebel und umspielt ein dunkles Schiff. Ein Fischer fährt mit seinem Kahn frühmorgens hinaus, eine große Palastanlage steht wie ein Schattenriss in der Abendsonne. Ein Läufer am Horizont, eine Wasserträgerin unter Bäumen, auch sie im milden Gegenlicht. Oder eine dramatische Felsformation spiegelt sich im Wasser, das ganze Bild ist ein Fest aus feinen Nuancen von Grau.

Anders als im Buch, wo auch ganz unspektakulär ruhige Motive wie eine blasse Frühlingswiese mit Märzenbechern, eine Garderobe voller bunter Winterjacken oder einfach eine dekorative Ansammlung von Briefumschlägen abgebildet sind, überwiegen in der Ausstellung die Landschaftsaufnahmen und Bilder, die sehr inszeniert wirken.

Dazu gehört auch eine mit "Die Abstellkammer" betitelte Szenerie, in der vor einer morbide wirkenden dunkelblauen Wand ein glänzender eleganter Holztisch zu sehen ist, über dem ein Kristalllüster hängt. Auch der einzelne kreisrunde Wassertropfen auf einem grünen Pflanzenblatt wirkt wie sorgfältig ins Bild gesetzt; ja, sogar die zerfurchte Frauenhand, die auf einem geblümten Kleiderstoff ruht und mit "Die Lebensspuren" betitelt ist. Bildpaare, die im Buch auf einer Doppelseite abgebildet sind, werden in der Ausstellung als zweiteiliges Bild in einem gemeinsamen Rahmen gezeigt.

Das jedoch wirkt zuweilen ein wenig gewollt: So sind etwa auf einer linken Bildhälfte Vogelspuren im Schnee zu sehen und rechts daneben verschneite Bäume. Der gemeinsame Bildtitel: "Die Winterspuren". Oder links ein opulenter Lüster und rechts ein Vollmond vor dunklem Nachthimmel, beides zusammen heißt dann "Die Abendlichter". Er wollte "in der Reduktion das Ganze sehen" und so "das Zeitgeistthema der Entschleunigung anders entschleunigen", schreibt Yussof alias Jürgen Knauss im Vorwort zu seinem Buch. Zur Entschleunigung ist nun auch diese Ausstellung in den stillen Gängen der Seeresidenz bestens geeignet, auch wenn hier etwas weniger noch mehr gewesen wäre. Oder man könnte es auch mit Tucholsky sagen, der im Buch ebenfalls zu Wort kommt: "In der vollkommenen Stille hört man die ganze Welt."

"S.T.I.L.L.E." von Yussof Knauss ist bis 16. März in der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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