In der Loisachhalle:Die grenzenlose Seite der Musik

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Raphael Mayrhofer (links am Flügel) ist Musiklehrer und Dozent, sein Bruder Gregor ist Komponist und Dirigent auf internationalem Parkett. Gemeinsam rissen sie das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Waldramer Geschwister Gregor und Raphael Mayrhofer sind Kindsköpfe und weltgewandte musikalische Genies zugleich. Als Duo "Imbrothersation" bezauberten sie das Publikum mit einer verrückt-clownesken Show.

Von Petra Schneider, Wolfratshausen

Wer hätte gedacht, was in einer Quietschente und einem rosa Schweinchen so alles steckt: wenn man sie richtig drückt und klopft, dann haben sie den Sesamstraßen-Song "Mana, Mana" locker drauf. Auch der Baumarkt bietet reichlich Material: aneinander gesteckte Abflussrohre haben das Zeug zum Alphorn. In der Ferne hört man Vogelgezwitscher. Und hat da nicht gerade eine Ziege gemeckert? Eine verrückte, grenzenlose Welt ist das, in der alles Rhythmus und Musik ist. Es ist die Welt von Gregor und Raphael Mayrhofer, der beiden genialen Kindsköpfen von "Imbrothersation", die am Donnerstag in der Loisachhalle Begeisterungsstürme auslösen: Mit einer grandiosen Musik an Flügel und Schlagzeug und einer abgedrehten, clownesken Show. Titel: "Das Präludium schlägt zurück". Auch die Loisachhalle präsentiert sich ungewohnt: Im Foyer gibt es warme Speisen, die Halle ist mit Tischbestuhlung und gut 500 Gästen voll. Auf den Tischen stehen brennende Kerzen, mysteriöse bunte Zettel liegen verstreut: "Körperteil", steht auf den roten, "Gefühl" und "Gegenstand" auf den grünen und gelben. Lange rätseln kann man nicht, denn mit einem Satz springt Gregor auf die Bühne: Ein schmaler Mann im roten Hemd, der in Waldram aufgewachsen ist und sich, erst 29-jährig, bereits international als Komponist und Dirigent einen Namen gemacht hat. Gerade ist er aus New York zurückgekommen; zwei Jahre hat er beim Chefdirigenten der New Yorker Philharmoniker studiert. Momentan schreibt er an einer Kinderoper und an einem Stück für die Akademie der Berliner Philharmoniker. Sein drei Jahre jüngerer Bruder Raphael ist Musiklehrer in München und Dozent an der Hochschule für Musik und Theater - ein Energiebündel mit Dreadlocks an Schlagzeug, Alphorn, Marimba und Quietschente.

Auch wenn das Brüderduo, das im Jahr 2010 mit dem Tassilopreis der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnet wurde, einfach nur Musik machen würde, wäre das ein Erlebnis: Mit unglaublicher Virtuosität spielen sie sich durch Jahrhunderte und Gattungen, alles wirkt mühelos. Bekannte Motive blitzen auf - Bach, Mozart, Wagner, Rossini, Gershwin oder Sinatra - und ehe man sie noch eindeutig identifiziert hat, werden sie schon wieder eingesogen in die komplexen Improvisationen Gregors. Das Tempo ist hoch an diesem Abend, fast ein bisschen überdreht. Eine Überraschung nach der anderen zaubern die beiden aus dem Hut: Das "Star Wars" - Thema als Baumarkt-Alphorn-Duett. Raphael, der bei einem Zarah Leander-Lied wie eine Schellack-Platte klingt: "Bei mir bist du schön". Witzig auch der leidenschaftliche Tango der beiden am Flügel: Abenteuerliche Verrenkungen, eine Hand bleibt trotzdem immer am Instrument. Oder das Blockflöten-Medley, eine von diversen Zugaben: Vierstimmig im Duett, weil beide jeweils Sopran und Tenorflöte spielen. Verschnaufpausen gibt es beim "Wieso denn - Blues" oder den melodiösen Jazz-Stücken. Die Brüder verstehen sich blind und ohne Worte, ihr Ausdrucks- und Kommunikationsmedium ist die Musik. Risikofreudig stürzen sie sich in den Abend, denn Improvisation ist Trumpf.

Vor der Pause löst sich auch das Rätsel um die Zettel: Denn damit der Abend doch noch etwas "Tiefgründiges" bekomme, wie Gregor sagt, muss eine Oper her. Das Leitmotiv bildet er aus den Anfangsbuchstaben der Namen einiger Gäste. Für die Handlung ist das Publikum zuständig. "Arbeitszeit 20 Minuten", sagt Raphael streng. "Und aufgepasst: Es gibt mehr Gefühle als Liebe und Hass, mehr Gegenstände als Kerzen und Bierglas und über 3700 Körperteile." Die Wolfratshauser sind kreativ, sie haben fleißig Zettelchen in die bereitgestellten Körbe geworfen. Raphael zieht und singt. Das so entstehende Libretto ist nicht ohne Reiz: "Dein Amboss macht mich verrückt, und dein Zeh lässt mich schweben."

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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