Iffeldorfer Meisterkonzerte:Absolut tanzbar

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Die Barockmusiker aus München spielten unter Leitung des Professors und Oboisten Alfredo Bernardini aus Salzburg. (Foto: Manfred Neubauer)

"Munich Baroque" musiziert unter Leitung des Alte-Musik-Spezialisten Alfredo Bernardini

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Iffeldorf

Viel Zeit hat der Barockkomponist Jean Fery Rebel (1666 - 1747) den Tanzbegeisterten am französischen Hof nicht gelassen, um vom einen Rhythmus zum anderen zu wechseln. Zumindest nicht, wenn es nach seiner Komposition "Les Caractères de Dance" ging. Eine Suite, die vom höfischen Menuett bis zur bäuerlichen Musette elf Tanzarten umfasst, die im zwei- bis dreiminütigen Wechsel einander folgen.

Im Iffeldorfer Gemeindezentrum hätte man am Samstagabend aufstehen können, um zu dem einen oder anderen Stück von Munich Baroque zu tanzen. So lebendig und tänzerisch musizierten die 13 jungen Musiker unter der Leitung des Alte-Musik-Spezialisten Alfredo Bernardini. Der, so erzählte er vorab in der Konzerteinführung im Gespräch mit Organisatorin Andrea Fessmann, habe mit 14 in seiner Geburtsstadt Rom die alte Consort-Musik kennengelernt. Seine Kenntnisse, die sich der 57-jährige Professor für Barockoboe in Salzburg seitdem angeeignet hat, sind verblüffend. Sowohl in musikologischer als auch spieltechnischer Hinsicht. Danach war Arcangelo Corelli (1653 - 1713), von dem Munich Baroque das concerto grosso op. 6 Nr. 4 spielte, eine Art Modellkompositeur seiner Zeit. Viele der anderen, die auf dem Programm standen, neben dem Franzosen Rebel auch Henry Purcell, Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach, haben von dem Italiener gelernt. Was Andrea Fessmann zu der schönen These brachte, damals habe es schon die EU gegeben, bloß dass sie noch nicht so hieß; ein kühnes Statement für Europa, dem die Musik ihr Übriges hinzusetzte.

Beeindruckte Munich Baroque im Falle von Corelli mit einer kontrastreichen Mischung zwischen virtuosen, schnellen und gesanglichen langsamen Sätzen, so fanden sich die Musiker im Falle von Purcells "Fairy Queen" in wundersame britische Noblesse. Die Bühnenmusik zu Shakespeares "Sommernachtstraum" dürfte zu ihrer Zeit Hitqualität wie die Beatles gehabt haben. Alfredo Bernardini zeigte mit seinen Kollegen an Geige, Cello, Bass, Oboe, Theorbe und Cembalo, wie verspielt diese Musik gegenüber der aus dem später folgenden Viktorianischen Zeitalter war.

Vor der Pause folgte dann noch ein Konzert für zwei Oboen, Streicher und Basso Continuo des Venezianers Tomaso Albinoni. Das Publikum im vollen Saal ging mühelos bei diesem ausdrucksstarken Musizieren mit, in dem Bernardini mit lustvoller Kennermiene die souveräne Führung übernahm.

Der zweite Teil ging zunächst mit einem Unbekannten los: Jan Dismas Zelenka (1679 - 1745), ein Kirchenkomponist aus Dresden, dessen "Hypocondria" in A-Dur auf dem Programm stand. Er macht es umgekehrt wie Corelli, bei dem auch er gelernt haben dürfte. Er fängt mit getragener, melancholischer Stimmung an, um in den Mittelsätzen munterer zu werden und wieder in Melancholie zu enden.

Danach war Zeit für zwei der Großen aus dem Barock, für Georg Friedrich Händel und sein Konzert für Oboe und Streicher in g-Moll, sowie Johann Sebastian Bach und seine Ouvertüre für zwei Oboen, Fagott und Streicher BMV 1066. Letzteres Werk schloss gewissermaßen den Kreis zum Anfang des Abends, führt es doch - ähnlich wie die Musik von Rebel - die Musik barocker Tänze vor. Manch einer der Alte-Musik-Fans im vollbesetzten Saal strahlte vor Entzücken über die große Leidenschaft, mit der hier musiziert wurde. Unglaublich, wie festlich, klar und transparent diese Musik mit Barockbogen und Darmsaiten klingen kann. "Da kannst du die alten Karl-Richter-Aufnahmen im Schrank lassen", kommentierte einer im Beifall das Konzerterlebnis. 160 Kilometer war er von Günzburg gekommen, um Munich Baroque zu erleben. Das heißt was.

Bevor es im neuen Jahr wieder Konzerte mit Musik aus nachbarocken Zeiten bis zur Moderne gibt, geht es zum Auftakt im Februar noch einmal einen Schritt ins vorbarocke Zeitalter zurück. Dann steht Renaissance-Musik auf dem Programm mit dem spanischen Ensemble La Danserye und dem Organisten Héctor Eliel Márquez.

Iffeldorfer Meisterkonzerte: La Danserye, Samstag, 16. Februar 2019, 19 Uhr, Werke von Lobo, Morales, de Ceballos, Ruimonte, non Papa, Guerrero

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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