Iffeldorfer Meisterkonzerte:Der Eselspapst an den Osterseen

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Das "Breathtaking Collective" kommt an die Osterseen. (Foto: Foppe Schut/oh)

Andrea Fessmann hat für die neue Abo-Saison wieder ein vielschichtiges Programm arrangiert. Neben Klassikern gibt es Hintersinniges und einige Überraschungen.

Von Paul Schäufele, Iffeldorf

Da man laut Heinrich Heine die besten Mailieder dichtet, wenn man hinterm Ofen sitzt und friert, sollte man am besten einen Ausblick ins Konzertprogramm des kommenden Jahres werfen, wenn die Saison zu Ende gegangen ist. Die Iffeldorfer Meisterkonzerte haben ihren Zyklus 2023 abgeschlossen, doch das Programm für 2024 steht fest und lädt mit einer Mischung aus Unbekanntem und Bewährtem an die Osterseen ein.

Und bewährtere Musik als Schumanns und Brahms' Klavierquintette gibt es kaum. Auch beim zigsten Mal erschließen sich die Werke neu. So dicht ist diese Musik, weshalb es nicht verwundert, dass sich das Brahms Ensemble Berlin, von Streichern der Berliner Philharmoniker gegründet, nach wie vor mit Hingabe der Musik seines Namenspatrons widmet. Unterstützung erhält es dabei am 17. Februar vom Pianisten Hendrik Heilmann. Wie alle Konzerte der Saison findet es an einem Samstag von 19 Uhr an im Iffeldorfer Gemeindezentrum statt.

Wach bleiben, die Augen offen halten, aus der Geschichte lernen. Das sind Ziele, die man nicht automatisch mit klassischem Musikgenuss verbindet. Doch für Andrea Fessmann, Leiterin der Konzertreihe, gehört auch das dazu, gerade bei einem Stück wie Olivier Messiaens "Quatuor pour la fin du temps". Das Werk, das am 16. März neben anderen Stücken zu hören sein wird, hat eine ungewöhnliche Instrumentierung, für die sich hier eine hochkarätige Besetzung zusammengefunden hat: Klarinette (Sebastian Manz), Violine (Sebastian Bohren), Cello (Danjulo Ishizaka) und Klavier (Eric Schneider). Die Zusammensetzung von Messiaens bekanntestem Werk ist der Entstehung in einem deutschen Kriegsgefangenenlager in den Jahren 1940 und 1941 geschuldet. Es ist damit ein klingendes Mahnmal für Frieden und die Macht der Musik in widrigen Zeiten.

Andrea Fessmann und der Pianist Michael Gees gestalten einen Liederabend. (Foto: B. Obermaier/ L. Liebe/oh)

Seit zehn Jahren ist Fessmann als Konzertveranstalterin der Iffeldorfer Meisterkonzerte tätig, daneben als Chorleiterin und Lehrbeauftragte an der Münchner Musikhochschule. Das eigene, solistische Musizieren ist dabei etwas zu kurz gekommen. "Ich möchte wieder mehr singen und weniger organisieren", sagt sie und stellt deshalb einen Liederabend für sich und ihren "Traumpianisten" Michael Gees zusammen. Unter dem Motto "Von Tieren und Menschen" führt die studierte Sängerin am 27. April eine Reihe von Liedern mit Tier-Thematik auf. Was Fessmann an diesem Sujet interessiert, ist das Doppeldeutige, karikaturhaft Hintersinnige. Wenn etwa in Gustav Mahlers Lied "Des Antonius von Padua Fischpredigt" von verfressenen Karpfen und kleptomanischen Hechten die Rede ist, dann sage das auch viel über die Menschen aus.

Am 22. Juni möchte The Breathtaking Collective mit Bruce Dickey (Zink) und Hana Blažíková (Sopran) den Gästen den Atem rauben. Das wollen sie mit Werken tun, die einen Bogen von der Renaissance bis in die Jetztzeit spannen, außerdem mit der verführerischen Kombination aus historischem Blechblasinstrument und menschlicher Stimme.

"Faltenradio" lässt Ludwig Hirsch auf Béla Bartók treffen. (Foto: Lukas Beck/oh)

Das erste Konzert nach der Sommerpause am 28. September bestreitet Faltenradio. Den Namen kann niemand recht erklären, doch zumindest sind sich die Mitglieder des Quartetts einig, "Musikanten aus Leidenschaft" zu sein. Wie es sich für solche gehört, tanzen sie deshalb auch schon mal auf zwei Hochzeiten gleichzeitig, vereinen virtuoses Klarinettenspiel mit Steirischer Harmonika und Gitarre und lassen Ludwig Hirsch auf Béla Bartók treffen.

Nicht weniger außergewöhnliche Klänge verspricht das seinerzeit vom Dirigenten Nikolaus Harnoncourt geförderte Duo Bartolomey Bittmann. Am 19. Oktober kommen die beiden Österreicher Matthias Bartolomey und Klemens Bittmann zusammen, um in Eigenkompositionen die akustischen Möglichkeiten ihrer Instrumente zu erproben. Das sind Geige und Cello sowie die eher selten gehörte Mandola, eine große Schwester der Mandoline.

"Amarcord" heißt "Ich erinnere mich", wie Kenner mittelitalienischer Mundarten wissen oder Fans von Federico Fellini. So heißt aber auch das Leipziger Vokalensemble, das am 23. November mit Kompositionen eines Josquin des Prez oder Orlando di Lasso die schelmischen Seiten der Alten Meister ins Gedächtnis rufen möchte: "Narrenbischof und Eselspapst" heißt das Konzert.

Anna Veit und das Ensemble Goldmund nehmen Weihnachtslieder unter die Lupe. (Foto: Privat/oh)

Ein ganz unironisches Weihnachtskonzert würde nach einem solchen Jahresprogramm einen Spannungsabfall bedeuten. Deshalb kommt am 21. Dezember das Ensemble Goldmund nach Iffeldorf, in dem die Sängerin Anna Veit mit sechs Mitgliedern der Münchner Philharmoniker Weihnachtsklassiker unter die Lupe nimmt. Tschaikowskys "Nussknacker" zum Beispiel bekommt ein neues Gewand, Humperdincks "Hänsel und Gretel" wird ein neuer Text untergeschoben.

"Wir müssen offen für Neues sein", sagt Andrea Fessmann. Und hat dieses Credo in ein Konzertprogramm fürs kommende Jahr umgesetzt, vielschichtig und überraschend - und damit wie immer eigentlich.

Einzelkarten kosten 30 und 25 Euro, Abonnements 225 und 185 Euro - je nach Platzkategorie. Für das jüngere Publikum gibt es Vergünstigungen. Vorverkauf unter karten@iffeldorfer-meisterkonzerte.de oder Telefon 08856/3695 (Christa Clauß). Weitere Informationen unter www.iffeldorfer-meisterkonzerte.de

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