Iffeldorf:Gefeierte Solistin

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Kongeniale Partner: Isabelle Faust und Alexander Melnikov. (Foto: Manfred Neubauer)

Geigerin Isabelle Faust glänzt mit Brahms

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Iffeldorf

Man möge bitte am Ende des Konzerts in Ruhe die Zugaben abwarten, eine letzte Bahn gebe es auf jeden Fall: Darauf hätte Andrea Fessmann bei ihrer Begrüßung zur neuen Saison der Iffeldorfer Meisterkonzerte nicht hinweisen müssen. Die Halle im Gemeindezentrum war voll von Klassikbegeisterten, Fans der Romantik, Instrumentenbauern, Amateurmusikern. Wer will sich schon die Geigerin Isabelle Faust entgehen lassen, wenn sie in ihrem dicht gedrängten Terminkalender zwischen London, Paris, Madrid und Tokio ein Gastspiel an den Osterseen gibt. Zusammen mit dem russischen Pianisten Alexander Melnikov gab die gebürtige Esslingerin einen Brahms-Abend. Und der begann mit Musik aus dem Hause Schumann von 1853. Nämlich mit der F.A.E.-Sonate, die der junge Brahms zusammen mit seinem Mentor Robert Schumann und dessen Schüler Albert Dietrich komponierte. Nach der Vorgabe des Geigers Joseph Joachim, der mit den Tönen F, A, E das musikalische Motto des romantischen Künstlers "Frei, aber einsam" thematisierte.

Unüberhörbar arbeiteten die beiden Musiker die starken Gegensätze zwischen den Sätzen heraus. Auf der einen Seite Dietrichs und Schumanns nach innen gewandte Romantik, auf der anderen der kühne, extrovertierte Esprit, der sich im Scherzo von Brahms ausdrückt. Musik des damals 20-jährigen, von der aus Faust und Melnikov den Bogen über alle Brahms-Violinsonaten zogen bis zur dritten und letzten in d-Moll von 1886. Die Unterbrechung, die sie im letzten Satz der F.A.E-Sonate machen mussten, weil ein älterer Herr im Publikum einen Kreislaufkollaps erlitt, trug dazu bei, dass die Zuhörer nach der unfreiwilligen Pause umso aufmerksamer lauschten.

Brahms Sonate in G-Dur, seine erste für Klavier und Violine, zeigt die ganze Pracht seines romantischen Schaffens und war bei den Interpreten in Iffeldorf in besten Händen. Unangestrengt und unprätentiös glitt Isabelle Faust mit ihrer geschmeidigen Bogentechnik durch die Melodien und Motive von Brahms. Sie verstand es, mit den geforderten Farben zu spielen, mit Abdunklungen, Abschattierungen und unerwarteten Wendungen. So wurde nachvollziehbar, wie Brahms im Urlaub am Wörther See sich beim kompositorischen Schaffen allmählich von einer Melodielinie in einzelne Motive verlor, um dann mit kühnen Akzenten zu einem neuen Thema zu finden. Iffeldorf und die Osterseen mit Blick aufs Alpenpanorama hätten ihn möglicherweise ähnlich inspirieren können.

Alexander Melnikov agierte als Partner an der Seite von Isabelle Faust kongenial, wenn sein Steingräber-Flügel mit offenem Deckel auch gelegentlich etwas stark wirkte gegenüber der "Dornröschen"-Stradivari von Faust. Aber das änderte sich mit dem weiteren Verlauf des Abends, denn die zweite und vor allem die dritte Sonate von Brahms verlangen weniger zartes Spiel als die erste. Und Isabelle Faust zeigte mit beherztem Zugriff, dass sie sich auch auf die ungestüme, stürmische, kompaktere Seite des älteren Brahms versteht. Nach diesem langen, zweieinhalbstündigen Sonatenabend ernteten Faust und Melnikov jede Menge Applaus. Von Ermüdung bei den Zuhörern war nichts zu spüren. Auch mit dem Blick auf ihre Uhr konnte Isabelle Faust keinen Sättigungsmoment in der Begeisterung bewirken. "Weil Sie so geduldig waren, gibt es noch mehr," scherzte sie.

Und zwar selten zu Hörendes als Zugabe: zwei aus den drei Mythen op. 30 des polnischen Komponisten Karol Szymanowski. Eine sehr geigerische Musik mit virtuosen Tonsprüngen, Glissandi, Trillerketten und ähnlich kühnen Wendungen, wie sie vorher von Brahms zu erleben waren. Ein großartiger Abend, der nur der Beginn einer Reihe bis zum 9. Dezember ist. Dann gibt Veranstalterin Andrea Fessmann ein Konzert mit dem Lassus-Chor München und dessen Bläserensemble. Der Bogen der Konzerte davor reicht vom Barockensemble bis zum Modern String Quartet. Das nächste Iffeldorfer Konzert am 1. April ist ein Liederabend mit der Sopranistin Susanne Bernhard und der Pianistin Anna Gourari.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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