Icking schafft Einkaufsbus ab:Ein verheerendes Signal

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Der Einkaufsbus für Senioren hat sich aus Sicht einiger Lokalpolitiker nicht gerechnet: Sie bremsen ihn aus finanziellen Gründen aus, bevor er Fahrt aufnimmt. Als könnte ein soziales Projekt jemals finanziell rentabel sein.

Felicitas Amler

So kann man mit alten Leuten nicht umgehen: Gerade einmal fünf Monate hat die Ickinger Lokalpolitik den Seniorinnen und Senioren ihrer Gemeinde zugebilligt, um sich an den Einkaufsbus zu gewöhnen. Nun wird er gestoppt, bevor er richtig in Fahrt gekommen ist. Bevor er so bekannt wurde, dass wirklich jede und jeder davon wusste, die oder der darauf angewiesen sein könnte. Wer ein so wichtiges Projekt so rasch aufgibt, hat es wohl nie ganz ernst gemeint. Oder er hat kein Gespür dafür, dass ältere Menschen manchmal für manches einfach etwas länger brauchen.

Bürgermeisterin Margit Menrad hatte den richtigen Impuls, als sie den kleinen Bus auf den Weg brachte: Sie sehe viele Leute, sagte sie, die sich in Icking mit Einkaufstüten hügelab, hügelauf quälten. Die Zahlen gaben der Bürgermeisterin recht: 843 von 3715 Ickingern sind 65 Jahre alt oder älter. Ein beachtliches Potenzial an Kundschaft für den Bus.

Doch die Mehrheit im Gemeinderat war nicht bereit abzuwarten - oder mehr und gezieltere Werbung zu betreiben. Der Bus hat sich nach Ansicht dieser Lokalpolitiker nicht gerechnet. Als könnte ein soziales Projekt jemals finanziell rentabel sein oder auch nur schwarze Zahlen schreiben. Schließlich verlangt ja auch niemand, dass sich Jugendarbeit materiell lohnt oder dass Ausgaben für eine behindertengerechte Gemeinde gewinnbringend sind.

Infrastruktur-Verbesserungen für Senioren sind Pflichtaufgaben einer älter werdenden Gesellschaft. Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen hat sich dazu bekannt. Aus seiner groß angelegten Seniorenbefragung hat er ein "Seniorenpolitisches Gesamtkonzept" entwickelt, das der Umsetzung in den einzelnen Gemeinden harrt. "Wohnortnahes Einkaufen", "Mobilität" und "Lieferdienste" stehen in dem mehr als 200 Seiten starken Papier ganz vorn. Icking hatte daher mit seinem Einkaufsbus vielen als vorbildlich gegolten. Dass nun ausgerechnet diese reiche Gemeinde das eigene Modell zu teuer findet, ist ein verheerendes Signal.

© SZ vom 12.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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