Ausstellung in Icking:Oberflächen mit Tiefenwirkung

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Emilia Neuhäuser mit dem Linoldruck "Oktopoden". (Foto: Hartmut Pöstges)

Zwei junge Kreative laden zu einer Schau in die Ickinger Rathausgalerie ein. Leonidas Zouvelos setzt mit Pinsel und Farbe den Fokus auf Alltagsszenen, Emilia Neuhäuser lotet organische Formen mit Drucktechniken aus.

Von Anja Brandstäter, Icking

Das Krokodil ist nicht nur ein gefährliches Tier, sondern auch ein hervorragendes Model. Beim näheren Betrachten bietet das Reptil zahlreiche unterschiedliche Oberflächen und Strukturen, wie zum Beispiel den Schuppenpanzer, spitze Zähne, hochliegende Augen und Nasenlöcher oder den seitlich abgeflachten Schwanz. Diese verschiedenen Formen inspirierten Emilia Neuhäuser zu ihrem Werk "Krokos". "Mir gefallen dynamische Figuren, danach suche ich meine Motive aus", sagt die 21-Jährige. Im vergangenen Jahr habe sie zudem den Linoldruck für sich entdeckt - eine Technik, die ihren Worten nach "Kraft und viel Kontrast" hat. Bei dem Tiefdruckverfahren müsse man "mit der Kontur arbeiten", sagt sie. Als Untergrund hat sie für "Krokos" einen Baumwollstoff gewählt.

Zurzeit stellt sie ihre Werke zusammen mit Leonidas Zouvelos in der Rathausgalerie in Icking aus. Zouvelos hat als Zeichner begonnen und malt mittlerweile am liebsten großformatige Bilder mit Acryl- und Ölfarben. Den 23-Jährigen interessieren Menschen in alltäglichen Situationen, sozusagen Schnappschüsse des Lebens - ohne Posen und aufgesetztes Lächeln. Ihm geht es nicht um Vordergründiges, sondern um das Dahinter.

Da sitzt etwa eine schwarz gekleidete Frau mit Fellmütze auf einem niedrigen Stuhl. Ihr Blick ist gesenkt. Hinter ihr stehen drei Menschen. Einer hat einen Kapuzenpulli über den Kopf gezogen, ein anderer trägt eine Baseballkappe, von der dritten Person ist nur der Umriss des Gesichts zu sehen. Das Bild trägt den Titel "Grusha" und misst 134 auf 200 Zentimeter. Den Namen Grusha hat sich Zouvelos ausgedacht. "Sie war die Außenseiterin", sagt er.

Leonidas Zouvelos und sein Großformat "Grusha". (Foto: Hartmut Pöstges)

Die beiden jungen Kreativen haben sich an der Freien Kunstwerkstatt München kennengelernt. Dort erprobten sie unterschiedlichste Techniken. Leonidas Zouvelos ist in Schäftlarn aufgewachsen und zur Schule gegangen. Emilia Neuhäuser kommt aus München. Beide haben bereits einen Diplomabschluss in Malerei/Illustration in der Tasche.

Neuhäuser beschäftigt sich hauptsächlich mit Drucktechniken, wobei ihr Anliegen darin besteht, diese zeitgenössisch zu interpretieren. Am liebsten ist ihr der Linolschnitt, mit dem sie unterschiedliche farbliche Tiefen erschafft. Ihre Motive liegen in der Natur- und Tierwelt in all ihren Formen und Dynamiken. Nach Icking hat sie auch Acryldrucke mitgebracht. Bei dem Bild "Tanja" hat sie zunächst eine Gelli Plate verwendet. Auf diese flache Druckplatte aus Gelatine wird Farbe aufgetragen und mit einer Rolle verteilt. Darauf hat sie mit gelbem Acrylmarker gemalt. Wenn man genau hinsieht, ist ein weiblicher Akt zu erkennen.

"Günther" heißt dieser Druck von Emilia Neuhäuser. (Foto: Hartmut Pöstges/Hartmut Pöstges)
Leonidas Zouvelos leuchtet Alltagsszenen aus, hier ein Ausschnitt aus "Köln / Kunst II". (Foto: Hartmut Pöstges)

Dagegen verwendet Zouvelos Bleistift und Pinsel, um seine figürlichen Motive darzustellen. Ihn inspiriert das Alltagsleben der Menschen in seiner Vielseitigkeit. Zunächst fotografiert er Alltagsszenen und setzt sie dann auf die Leinwand um. Neben der äußerlichen Darstellung geht es ihm auch darum, das Wesen der Dargestellten sichtbar zu machen. Ein Bild heißt "Fahrkarten, bitte" und zeigt einen Herrn in dunkler Weste mit einer roten Nase. In der Hand hält er ein Gerät. "Der Mann hat unsere Fahrkarten kontrolliert. Er hatte eine Schnapsnase, war aber sehr nett", sagt Zouvelos. Seine großen Bilder entstehen in mehreren Arbeitsschritten. Zunächst grundiert er die Leinwand mit Acrylfarbe. Darauf erstellt er eine Vorzeichnung mit Kreide, dann erst kommt die Farbe.

Die beiden unterhalten ein Atelier auf dem Bahnwärter-Thiel-Gelände in München. Im Herbst wird Leonidas Zouvelos sein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig fortsetzen. Die beiden jungen Künstler sind von den Räumlichkeiten in Icking begeistert. "In München ist es nicht so leicht, so große Flächen zu bekommen", sagen sie.

"Wir setzen mit unserer Rathausgalerie einen kleinen kulturellen Anziehungspunkt, einen Treffpunkt für Künstler aus Icking und Umgebung und für alle interessierten Besucher", sagte Claudia Roederstein, zweite Bürgermeisterin bei der Vernissage der Ausstellung am vergangenen Donnerstag. "Kunst kann Freude auslösen, manchmal auch Widerspruch, Kunst kann inspirieren und innerlich bereichern, sie regt in jedem Fall zum Nachdenken an oft verbunden mit der Frage, wer sind die Künstler, was bewegt sie."

Die Ausstellung im Ickinger Rathaus, Mittenwalder Straße 6, dritter Stock, ist bis Ende Juni zu sehen.

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