"Klangwelt Klassik" in Icking:Etwas Neues entstehen lassen

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Die Geschwister Sophie und Vincent Neeb eröffnen die Saison am Klavier. (Foto: schneiderphotography/oh)

Die Reihe "Meistersolisten im Isartal" gestalten in der kommenden Saison überwiegend junge Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen musikalischen Kulturen.

Von Friedrich-Karl Bruhns, Icking

Ein Motto haben die Ickinger Veranstalter von "Klangwelt Klassik" ihrer Kammermusikreihe "Meistersolisten im Isartal" in der kommenden Saison nicht vorangestellt. Dennoch gibt es zwischen den sechs geplanten Konzerten und dem Festival "Ickinger Frühling" einige Gemeinsamkeiten. Wichtiger als große Namen sei die erkennbare Herkunft der meist jüngeren Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen musikalischen Kulturen, aus denen sie gemeinsam etwas Neues entstehen ließen, erklärte die Vorsitzende Bettina Gaebel bei der Programmvorstellung.

Gemeinsam mit ihren Vorstandskollegen Hermann Weidner und Ines Mitreuter gab Gaebel einen Ausblick auf ein abwechslungsreiches und internationales Programm. "Internationalität heißt heute nicht mehr, dass möglichst viele Flugkilometer zu uns zurückgelegt werden", betonte sie. "Die Vielfalt innerhalb der Ensembles ist entscheidend. Und die findet sich auch an der Hochschule in München oder Salzburg." Als Veranstalter legten sie - ebenso wie immer mehr Künstler - zunehmend Wert auf einen möglichst geringen ökologischen Fingerabdruck ihrer Konzerte.

Hermann Weidner und Vorsitzende Bettina Gaebel bei der Programmvorstellung. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Jüngsten eröffnen den Reigen am 24. Februar mit einem ausgefallenen vierhändigen Klavier-Programm. Die Geschwister Sophie und Vincent Neeb, Jahrgang 1998 und 2000, spielen Musik des zeitgenössischen Komponisten Johannes X. Schachtner, die es nur selten zu erleben gibt. Auch die von Georg Kurtág hinreißend gesetzten Choralvorspiele von Max Reger und Johann Sebastian Bach sind eher Raritäten. Öfter hört man Franz Schuberts acht Variationen über ein eigenes Thema, D 813. Aber dass Johannes Brahms das große Klavierquartett Es-Dur op. 47 von Robert Schumann für Klavier zu vier Händen bearbeitet hat, ist fast schon wieder Spezialwissen.

Gleich viermal sind Streichquartette, die Königsdisziplin der Kammermusik, im Jahresprogramm vertreten. Simply Quartet, also "Einfach nur Streichquartett", nennen sich vier junge Musiker aus China, Österreich und Norwegen, die am 1. Juni ein zeitgenössisches Werk ins Zentrum ihres Programms stellen: das vierte Quartett des österreichischen Komponisten Thomas Larcher, der seit Jahren Erfolge feiert. Konventioneller, aber äußerst anspruchsvoll sind die beiden Werke aus Klassik und Romantik, die Larchers "Lucid Dreams" einrahmen: das späte G-Dur-Quartett op.77/1 von Joseph Haydn und Robert Schumanns erstes Quartett in a-Moll, op. 41/1.

Das Malion Quartett bringt eine Rarität zur Aufführung. (Foto: Johannes Berger/oh)

Um das Streichquartett von Giuseppe Verdi machen viele Ensembles seltsamerweise einen Bogen, vielleicht, weil es das einzige rein instrumentale Kammermusikwerk des Opernkomponisten ist - aber was für eines! Als Besonderheit spielt das Malion Quartett am 13. Juli die 2021 entdeckte Erstfassung. Im ersten Streichquartett von 1917 greift Karol Szymanowski auf polnische und eigene Lieder zurück, es ist hörbar ein Werk zwischen Spätromantik und Moderne. Mozarts D-Dur-Quartett KV 464 ist das vorletzte der sechs Joseph Haydn gewidmeten Streichquartette, an denen Mozart, sonst genialer Schnellschreiber, vor der Veröffentlichung rund drei Jahre lang akribisch feilte.

Den Geiger Jonian Ilias Kadesha kennt man vor allem vom ausgezeichneten Klaviertrio Gaspard, und Herbert Schuch hat gewiss niemand vergessen, der ihn in Icking im erschütternden "Quatuor pour la fin du temps" von Messiaen mit dem Klavierpart erlebt hat. Zusammen bürgen die beiden für einen besonderen Duo-Abend am 28. September. Neben der grandiosen A-Dur-Sonate von César Franck steht Béla Bartóks vielschichtige erste Violinsonate auf dem Programm. Den Abend eröffnet Schuch solo mit einer musikalischen Liebeserklärung Beethovens, seinem "Andante favori".

Das Ariel Quartet spielt Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. (Foto: Saverio Truglia/oh)

Der 9. November mit dem Ariel Quartet aus Israel ist ganz dem 20. und 21. Jahrhundert gewidmet, mit dem dritten Streichquartett (2006) der russischen Komponistin Lera Auerbach und dem zweiten Quartett in C-Dur von Benjamin Britten. 2020 schrieb der Komponist und Pianist Matan Porat die "Four Ladino Songs" als Auftragswerk für das Ariel Quartett. Die Liedvorlage kommt nicht aus dem - bei uns bekannteren -Ladinischen aus Südtirol, sondern steht in der gleichnamigen, viele Jahrhunderte alten jüdisch-spanischen Sprache.

Beim ARD-Wettbewerb 2022 hat das französische Quatuor Confluence das Publikum so überzeugt, dass die Veranstalter von Klangwelt Klassik es spontan nach Icking eingeladen haben. Zum Saisonausklang am 14. Dezember spielt es Joseph Haydns op. 20/2. Seine französische Visitenkarte gibt es mit dem farbenreichen Streichquartett von Maurice Ravel ab. "Dancing Critters", das schillernde Auftragswerk des Norwegers Eirik Hegdal für den Wettbewerb Trondheim 2021, hat das Quatuor Confluence seither regelmäßig in seinem Repertoire.

Auch das Programm der neunten Ausgabe des "Ickinger Frühling" (20./21. April) steht weitestgehend fest. Wie schon im vergangenen Jahr gibt es wieder ein Nebeneinander von Klaviertrio und Streichquartett. Am Samstag spielen das tschechische Trio Incendio und das Frankfurter Aris-Quartett, das zum wiederholten Mal nach Icking kommt. Am Sonntag gibt das Trio Sōra aus Frankreich sein Debut, den Kehraus übernimmt das Münchner Goldmund-Quartett.

Alle Konzerte finden in der Aula des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums, Ulrichstraße 1-7, in Icking statt. Weitere Informationen und Karten unter https://klangwelt-klassik.de

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