Klangwelt Klassik:Wie aus Noten Musik wird

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Das Leonkoro Quartett ist nach einer Reihe von internationalen Wettbewerbssiegen in der ersten Reihe der Streichquartettwelt angekommen. (Foto: Nikolaj Lund)

Gabriel Le Magadure und das Leonkoro Quartett lassen sich in Icking bei der Arbeit beobachten - und spielen kräftig auf.

Von Stephanie Schwaderer, Icking

Wie erarbeiten Spitzenmusiker ein Werk? Auf welche Weise gewinnt eine Interpretation Kontur? Und welche besondere Note bringt ein Star wie Gabriel Le Magadure in diesen Prozess? Antworten auf diese Fragen gibt es am Freitag, 23. Juni, bei Klangwelt Klassik in Icking. Dann leitet der berühmte Geiger Gabriel Le Magadure im Konzertsaal des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums eine öffentliche Meisterklasse mit dem Leonkoro Quartett (Beginn 15 Uhr). Ein weiterer Höhepunkt verspricht das Konzert am Abend zu werden (19.30 Uhr), bei dem das aufstrebende Quartett von zwei weiteren Spitzenkünstlern verstärkt wird, der Bratschistin Marie Chilemme und dem Cellisten Raphaёl Merlin. Gemeinsam interpretieren sie das erste Streichsextett op. 18 von Johannes Brahms.

Am Nachmittag steht zunächst Ludwig van Beethoven im Mittelpunkt. Die Meisterklasse feilt an einer Interpretation seines "Rasumowski-Quartetts" Nr. 7 F-Dur op. 59/1. Die Moderation übernimmt Wolf-Dieter Seiffert, Verlagsleiter des G. Henle Verlags. Gabriel Le Magadure, ein Start der Kammermusik-Szene, hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit einem Beethoven-Projekt befasst und ist damit um die Welt gereist. "Mit seinem charismatischen Spiel und Offenheit für neue Formen begeistert er seit Jahren ein breites Publikum", sagt Bettina Gaebel, Vorsitzende des Vereins Klangwelt Klassik. Zudem habe Magadure eine Leidenschaft fürs Unterrichten. An der Musikhochschule München hat er mit Kolleginnen und Kollegen eine Streicherakademie gegründet. "Es ist ihm ein Anliegen, sein über die Jahre erworbenes Wissen und seine Erfahrung an die nächste Generation weiterzugeben."

Gabriel Le Magadure hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit Beethoven befasst. (Foto: Remi Riere/oh)

In der Arbeit mit dem Leonkoro Quartett soll erfahrbar werden, wie sich in der Auseinandersetzung mit der Partitur und im Dialog der Stimmen eine Auslegung entwickelt. "Le Magadure versteht diesen Prozess der Annäherung an ein Werk als Weg zu einem Ideal, das man nie erreicht", so Gaebel. "Seinen Worten nach muss man sich aus immer neuer Perspektive einer Komposition zuwenden und sich durch den Notendschungel einen Weg bahnen, um zum tieferen Sinn vorzudringen." Das erst bringe Lebendigkeit in die Musik.

Das Konzert am Abend hat das Leonkoro Quartett dem in Vergessenheit geratenen Komponisten Erwin Schulhoff gewidmet, einem deutschböhmischen Komponisten, der sich für alle radikalen Richtungen der Avantgarde, für Dadaismus und Jazz begeisterte und 1942 im bayerischen Internierungslager auf der Wülzburg an Tuberkulose starb. Ihm war 1924 mit seinen "Fünf Stücken für Streichquartett" auf dem Fest der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik in Salzburg der Durchbruch gelungen. Dieser Komposition stellen die vier jungen Musikerinnen und Musiker ein idealtypisches Streichquartett von Robert Schumann gegenüber (Streichquartett A-Dur op. 41/3). Zum Abschluss spielen sie gemeinsam mit Marie Chilemme und Raphaёl Merlin das Streichsextett op. 18, das dem jungen Brahms zum Durchbruch verhalf.

Ihren eigenen Durchbruch hatten Jonathan Schwarz (Violine), Amelie Wallner (Violine), Mayu Konoe (Viola) und Lukas Schwarz (Cello) im Sommer 2021, als sie als jüngste Formation beim internationalen Streichquartettwettbewerb Premio Paolo Borciani mit dem 2. Preis (bei Nichtvergabe des 1. Preises) und dem begehrten Publikumspreis ausgezeichnet wurden. Im vergangenen Jahr gewannen sie unter anderem den begehrten Musikpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung, einen 1. Preis und neun von zwölf Sonderpreisen beim Internationalen Streichquartett Wettbewerb der Wigmore Hall London und den 1. Preis sowie zwei Publikumspreise in Bordeaux.

"Leonkoro" ist Esperanto und heißt Löwenherz. Wie auf der Website des Quartetts nachzulesen ist, spielt der Name auf Astrid Lindgrens Kinderbuch-Klassiker "Die Brüder Löwenherz" an, das der "schwerwiegenden Tatsache des Sterbens eine große und herzliche Portion Trost gegenüberstellt - einen Sinn, dem sich nicht an wenigen Stellen auch die Quartett-Musik widmet".

Infos und Karten unter klangwelt-klassik.de, per E-Mail unter ticket@klangwelt-klassik.de sowie telefonisch unter 08178/7171, Restkarten an der Tageskasse.

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