Ein Mann steht vor einem vermeintlichen Segel, er trägt eine lange Kutte, die seine Füße bedeckt. In der rechten Hand hält er einen Schlägel, in der linken eine große Trommel. Die Figur misst etwa 50 Zentimeter, ist aus Bronze und diente als Modell für den großen "Trommler". Das Original steht seit dem 7. Oktober in Lienz, Osttirol, ist an die drei Meter hoch, ebenfalls aus Bronze und erfreut als Brunnen die Menschen vor Ort. Von allen Seiten wirkt er geheimnisvoll und filigran. "Er trommelt die Leute zusammen", sagt der Bildhauer Leonard Lorenz, der das Werk in 570-stündiger Arbeit, wie er sagt, geschaffen hat.
Lorenz stellt seine Werke auf der ganzen Welt aus, jetzt sind einige im Hollerhaus in Irschenhausen zu sehen. Bei der Ausstellungseröffnung am vergangenen Sonntag sagte Gastgeberin und Galeristin Lia Schneider-Stöckl: "Nichts anderes als die Kunst ist dein Metier. Du hast ein Meisterwerk geschaffen. Der Trommler steht jetzt in den Dolomiten als lebensspendender Brunnen."
Zwar gab dieses Werk den Anlass zur Ausstellung des in Neufahrn bei Schäftlarn beheimateten Künstlers. Gezeigt werden im Hollerhaus aber auch andere Skulpturen sowie Zeichnungen und Ölgemälde. Erstaunlich, wie gut auch die teils großformatigen Bilder in die kleine Galerie passen.
"Resonanzen in Bild und Form" hat Lorenz seine Ausstellung betitelt. Und die macht ihrem Titel alle Ehre: Das Hollerhaus ist bei der Vernissage am Sonntagnachmittag rappelvoll. Eine Überraschung für die zahlreichen Gäste ist ein Intermezzo seiner Frau, der Violinistin Andrea Schumacher. Sie geht vor dem Gemälde "Kosmos" mit ihrer Geige in Resonanz mit dem Werk, improvisiert. Als sie sich zum lauschenden Publikum dreht, werden ihre Töne fein, filigran und leicht.
Lorenz erzählt von seinem Werdegang, dem "Tabubruch" in seiner Familie. Als ein in Tristach geborener Bauernsohn wäre er eigentlich zum Hoferben bestimmt gewesen, doch ging er stattdessen seiner Begabung nach. Er verdiente sein erstes Geld als Schafhirte und Hasenzüchter, um sich ein Schnitzmesser zu kaufen. Von diesem Moment an begann sein neuer Lebensweg als Künstler. Nach einer Holzbildhauerlehre studierte er an der Akademie der Bildenden Künste München, wurde Meisterschüler bei Hans Lader und schloss sein Studium "mit hervorragender künstlerischer Leistung" ab. Seit Mitte der 90er-Jahre arbeitet er in seinem Atelier, dem Artforum in Neufahrn. "Ich hatte die Möglichkeit, mein eigenes Leben zum Klingen zu bringen", sagt er.
Dann schildert er den langen Entstehungsprozess des Trommlers. Zuerst habe er drei Modelle gegossen. "Der gesamte Gemeinderat von Lienz ist zu mir in das Atelier gekommen. Einstimmig haben sie sich für den Trommler entschieden." Mit zahlreichen Zeichnungen hat sich Lorenz der Skulptur genähert. Im nächsten Schritt hat er das Werk in Originalgröße modelliert. Hierbei arbeitete er mit Wachs. Eine große Herausforderung bei hohen Temperaturen. Schließlich erfolgte der Bronzeguss. "Der muss sitzen", stellt Lorenz fest.
"Die Thematik der Resonanz ist für unseren Zeitgeist ganz wichtig", sagt er. "Wie weit können wir den unerfreulichen Ereignissen etwas entgegensetzen?" Beim Festakt zur Einweihung des Trommlers in Tirol habe er "mit großer Dankbarkeit beobachtet, dass diese Figur so viel Positives bewirkt". Die Blaskapelle seiner Heimatgemeinde habe aufgespielt, viele Menschen seien zusammengetroffen. "Für mich war es wie eine positive Antwort auf unsere Zeit. Ich kann nur bei mir selbst beginnen. Ich hoffe, dass die Ausstellung einen positiven Input gibt", sagt der Künstler.
Beeindruckend ist auch die Skulptur "Namenlose" aus reinem Zirbenholz. Die Arbeit misst 1,40 Meter, steht erhöht auf einem Tisch vor einem großen Fenster und entfaltet ihre Dynamik in den Raum. Daneben hängt das großformatige Gemälde "Kosmos". Eine Malerei mit starken Farben und kubistischen Formen. Mit ihren unterschiedlichen Stücken bietet die Ausstellung viel zu entdecken. Bilder sowie neun Skulpturen aus Bronze und Zirbenholz laden dazu ein, mit ihnen in Resonanz zu gehen.
Die Ausstellung im Hollerhaus, zu der ein Katalog erschienen ist, läuft bis 3. Dezember, geöffnet Freitag von 16 bis 18 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr; am Samstag, 25. November, 20 Uhr, laden Andrea Schumacher (Violine) und Gesa Harms (Viola) zu Musik, Briefen und Anekdoten von Wolfgang Amadeus Mozart ein, Anmeldung unter Telefon 08178/4408.