Holzkirchen:Hauswirtschaft als Lebensqualität

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Anna Knappich (links) und Agnes Bauer im Grünen Zentrum Holzkirchen, an dem auch die Hauswirtschaftsschule ist. (Foto: Manfred Neubauer)

Zwei junge Frauen erzählen, warum sie mit Freude eine so traditionelle Ausbildung absolvieren

Von Deborah Berger, Holzkirchen

Was steckt drin in den Produkten, die wir jeden Tag verwenden, egal ob zum Kochen, Waschen oder Putzen? Wie wird gesundes Essen aus regionalen Produkten zubereitet und welche kleinen Tricks erleichtern Alltägliches wie das Waschen eines Salats? Anna Knappich (25) aus Hohenpeißenberg und Agnes Bauer (20) aus Gaißach können dies alles beantworten. Seit Februar besuchen die beiden jungen Frauen die Hauswirtschaftsschule in Holzkirchen. Ein Semester, 22 Wochen, lang stehen neben Kochen, Nähen und Waschen, auch Ernährungslehre, Berufs- und Arbeitspädagogik oder Haushalts- und Finanzmanagement auf ihrem Stundenplan. Der einsemestrige Studiengang Hauswirtschaft an der Landwirtschaftsschule umfasst 660 Stunden, in denen den Schülerinnen grundlegende Kenntnisse vermittelt werden. Dieses Semester sind es 22 Frauen zwischen 20 und 25 Jahren. Was bewegt junge Frauen dazu, sich für diese traditionelle Ausbildung zu entscheiden?

"Die Hauswirtschaft wird häufig unterschätzt", sagt Anna. "Es ist nicht nur Kochen, Putzen, Waschen. Sie ist viel umfangreicher und vielfältiger." Für Anna stand schon immer fest, dass sie - genau wie Mutter, Schwester und viele Freundinnen - die Hauswirtschaftsschule besuchen würde. Im Februar war der richtige Zeitpunkt gekommen, Anna kündigte ihre Stelle in dem Betrieb, in dem sie zuvor drei Jahre lang als Milchwirtschaftliche Laborantin gearbeitet hatte und zog in das Wohnheim der Holzkirchner Hauswirtschaftsschule, wo derzeit insgesamt 15 Frauen wohnen.

Auch Agnes aus Gaißach wohnt dort. Sie hat eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau absolviert, aber bald gemerkt, dass ihr die praktische Arbeit fehlt. "Daheim habe ich schon immer gerne mitgeholfen, egal ob in der Küche oder im Garten", sagt sie. "Ich möchte ein fundiertes Wissen bekommen und die Hintergründe kennenlernen. In der Werbung können sie einem viel erzählen, der Verbraucher weiß gar nicht, was wirklich stimmt." Wertvolles Wissen, das in der Hauswirtschaftsschule weitergeben wird. Anna hat, im Gegensatz zu Agnes, bereits einen eigenen Haushalt geführt. "Mit den Erfahrungen, die ich in den sieben Wochen, die ich nun hier bin, gesammelt habe, würde ich einiges anders machen." Es sei faszinierend, was sie in der kurzen Zeit an der Hauswirtschaftsschule gelernt habe.

"Unsere Absolventinnen verlassen die Schule gestärkt, mit einem neuen Lebensgefühl", sagt Schulleiterin Elisabeth Hütz. Die einsemesterige Ausbildung festige die Alltagskompetenzen der Schülerinnen und vermittle ihnen grundlegende Werte. Das sei heute wichtiger als früher. "Werte wie zum Beispiel die gemeinsame Esskultur innerhalb der Familie, die einem früher von Haus aus vermittelt wurden, gehen in der modernen, schnelllebigen Gesellschaft immer mehr unter", sagt Anna.

Am Ende des Semesters haben die Schülerinnen den Abschluss "Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung". Die Abschlussprüfung der Hauswirtschaft kann zusätzlich abgelegt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllen werden. Für Agnes und Anna steht fest, dass sie zu der Prüfung antreten möchten. "Dann hat man noch einen zweiten richtigen Abschluss, das ist immer gut", meint Agnes. Sie würde gerne ihren alten Beruf mit der neuen Ausbildung kombinieren. "Eine Mischung aus der Arbeit mit den Kunden und praktischer Arbeit zum Beispiel in der Küche, würde ich mir wünschen. In welche Richtung es gehen soll, wird sich zeigen."

Nicht nur beruflich bringe dieser Abschluss die jungen Frauen weiter, sondern auch persönlich: "Das Wissen schafft Selbstbewusstsein und Ausstrahlung", berichtet Anna. "Man erfährt, dass Hausarbeit nicht nur eine Pflicht ist, sondern auch Freude bereiten kann." Dabei spiele Zeitmanagement eine wichtige Rolle. Die Schülerinnen sollen lernen, wie sie ihren Alltag sinnvoll strukturieren und ihre täglichen Aufgaben sortieren können.

"Hauswirtschaft ist Lebensqualität", findet Hütz. Wer den Tag richtig plane und seine Zeit gut einteile, schaffe Raum für Auszeiten , die man abseits der im Haushalt anfallenden Tätigkeiten für sich selbst nutzen kann. Denn zur Lebensqualität gehören nicht nur eine gesunde Ernährung und der bewusste Umgang mit Produkten, sondern die Freizeit.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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