Hohenburg:Mauer um den Turmstumpf

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Die Burgruine Hohenburg soll eingefriedet werden, um sie vor dem weiteren Verfall zu bewahren. Doch der Förderverein muss strenge Auflagen beachten, denn die Überreste liegen im Landschaftsschutzgebiet Hirschbachtal.

Von Petra Schneider

Ein stiller Weg führt durch den Wald gegenüber dem Wanderparkplatz beim Schloss Hohenburg. Wer genau hinsieht, kann einzelne Mauerreste erkennen. Ein Hohlweg, so breit, dass er von einem Pferdefuhrwerk befahren werden konnte, führt an einem Felsen vorbei, durch den vor Jahrhunderten ein Durchgang geschlagen wurde. Hoch an der Felskante mit Blick auf den Geierstein thront eine verwunschene Ruine: Reste der Hohenburg, die erstmals um das Jahr 1100 urkundlich erwähnt wurde. Bewachsene Hügel und Unebenheiten bergen den größten Teil der Burg, die zu den ältesten weltlichen Bauwerken im Landkreis gehört. Sichtbar ist nur noch der Turmstumpf. Ein großer Brand am 21. Juli 1707 zerstörte die Burg, die in der Folge als Steinbruch genutzt wurde: Für den Neubau von Schloss Hohenburg, die Erweiterung der Pfarrkirche Sankt Jakob, auch die hölzernen Stufen zum Kalvarienberg wurden durch Steinblöcke aus der alten Burg ersetzt. Kraxler, die auf den Turm klettern und Steine herausbrechen, tun ein Übriges. Um die Ruine vor dem weiteren Verfall zu bewahren, hat sich im Jahr 2003 ein Förderverein gegründet, dem derzeit 75 Mitglieder angehören.

Der Förderverein will aus didaktischen Gründen erhalten, was noch da ist

Dieser plant nun den Bau einer 1,50 bis zwei Meter hohen Schutzmauer um Zweidrittel des Bestands. Sie soll optisch an die vorhandenen Reste angepasst werden und keine gerade Kante bekommen. Stattdessen sollen die einzelnen Steine hervortreten und von einer Fachfirma in Reihen angeordnet werden - anders, als bei der Sanierung eines Teilstücks vor sieben Jahren, die sich deutlich abhebt. Hinterfüllt wird mit lockerem Gestein aus der Gegend. Das Bauwerk werde durch die Mauer mächtiger wirken, erklärt Vorsitzender Stephan Bammer, "mehr Turm als Buckel". Der Kulturwissenschaftler, Autor und Gemeinderat kann viel über die Hohenburg erzählen.

Die um 1100 gebaute Anlage war ursprünglich als hölzerne Turmburg angelegt und wurde vom 13. Jahrhundert an, wie damals üblich, zu einer beständigeren Steinburg umgebaut. Stiche aus der Zeit um 1700 zeigen sie als vierteilige Anlage mit Saal für die herrschaftlichen Privaträume, Tor, Torstube mit Kapelle sowie Althaus, in dem der Richter, der die Funktion eines Landrats erfüllte, wohnte. Eine Ausdehnung, die man sich auf dem abschüssigen Gelände kaum vorstellen kann.

Tatsächlich lebten wahrscheinlich nicht mehr als zehn Personen in der Burg, sagt Bammer. Auch eine Zisterne gab es, die mit einer Vogelskulptur verziert war - vermutlich ein Kauz, das Wappentier der Grafen von Hörwarth, die die Burg vom Jahr 1566 an in ihrem Besitz hatten. Von Kriegshandlungen oder Turnieren sei nichts überliefert. Waffen und Turnierausstattung gab es gleichwohl - in einer Inventarliste von 1668, in der "bis zum "Salzfässchen" alles akribisch aufgelistet sei, ist von zwei Geschützen, einer Leichtkanone und diversen Feuerwaffen die Rede.

Im Gefolge des spanischen Erbfolgekriegs fielen im Spätsommer 1704 kaiserlich-österreichische Truppen im Oberland ein, die Bevölkerung litt unter Repressalien und der Gewalttätigkeit der Soldaten. Die Bauern raubten Waffen aus dem Bestand der Hohenburg und wehrten sich. 1705 wurde der Aufstand in der Sendlinger Mordweihnacht blutig niedergeschlagen und im Folgejahr eine Garnison ungarischer Soldaten in der Hohenburg einquartiert. Sie hatten strikte Order, die Bevölkerung unbehelligt zu lassen und nicht zu plündern. Hunger herrschte unter den Husaren, "denen ist es schlecht gegangen", sagt Bammer. Er ist überzeugt, dass sie es waren, die Feuer unter dem Schindeldach legten, um von dem elenden Burgleben befreit zu werden. In Quellen berichten Zeugen, dass das "kein normaler Brand", etwa durch Unachtsamkeit am Kamin, gewesen sei. Für die Ruine interessierte sich niemand, Denkmalschutz gebe es erst seit rund 100 Jahren, sagt Bammer. "Vorher hat man gedacht, das alte Zeug muss weg." Unterhalb wurde in den Jahren 1712 bis 1719 das Schloss Hohenburg neu gebaut, das seit dem Jahr 1953 die Erzbischöfliche St. Ursula Mädchenrealschule und das Gymnasium beherbergt.

Im Jahr 2014 hat der Verein entlang des Wegs einen Lehrpfad mit fünf Infotafeln erstellt, eine virtuelle Rekonstruktion der Burg ist im Heimatmuseum zu sehen. Seit einigen Jahren macht Bammer am "Tag des offenen Denkmals" Führungen zur Ruine, auch Projekttage mit den Hohenburger Schulen hat er organisiert. Man sei kein historischer, sondern ein Denkmalschutzverein, sagt er. "Wir wollen nichts aufbauen oder ausgraben", aber aus "didaktischen Gründen" erhalten, was noch da sei.

Einfach ist das nicht, denn die Ruine liegt im Landschaftsschutzgebiet Hirschbachtal, die Auflagen sind streng. So dürften schützenswerte Pflanzen wie Farne, die in den Mauerritzen wachsen, bei einer Sanierung nicht einfach entfernt, sondern müssten umgesiedelt werden. Weil die Burgruine nicht nur unter Landschafts- sondern auch unter Denkmalschutz steht und ihr Erhalt "im Interesse des Freistaats Bayern" liege, gebe es seit Jahren eine "Übereinkunft": Das Landesdenkmalamt kümmere sich nur um den noch sichtbaren Turmstumpf, den Rest des etwa 1000 Hektar großen Areals überlasse man dem Naturschutz, sagt Bammer. Das Konzept für die Rettung der Ruine sei in den vergangenen Jahren mit den zuständigen Fachbehörden abgestimmt und dem Gemeinderat vorgestellt worden. Nun müsse der Antrag noch bei der Unteren Denkmalbehörde im Landratsamt eingereicht werden und die Detailabstimmung mit dem Naturschutz erfolgen. Probleme erwartet Bammer nicht, "um Fledermäuse müssen wir uns hier jedenfalls nicht kümmern", sagt er und schmunzelt. Kritiker gebe es dennoch: Manche Lenggrieser wollten nicht, dass Veränderungen an der Ruine vorgenommen würden. Im Vorstand habe man sich aber für die Errichtung der Schutzmauer entschieden. Die Kosten lägen im "niedrigen fünfstelligen Bereich" und sollen aus Mitteln des Vereins, über Zuschüsse und Spenden finanziert werden.

© SZ vom 17.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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