Hingucker:Penzbergs vergessener Bildhauer

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An der "Weltzeit" arbeitete der Künstler bis zu seinem Tod. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Kaum einer kennt mehr seinen Namen: Adrian Schober hat die markante Skulptur "Weltzeit" geschaffen

Von Sabine Näher, Penzberg

- Hier kommt die Auflösung zu unserem "Hingucker" vom Montag: Wer in Penzberg am Schlossbichl unterhalb des Krankenhauses vorübergeht, kann es nicht übersehen: ein monumentales Kunstwerk, einen riesigen, behauenen Stein, um den sich schlangengleich Ornamente winden. Einen Hinweis zu Werk und Künstler sucht man allerdings vergeblich. Die erste Vermutung, es könnte einen Zusammenhang zum Bergbaurundweg geben, bestätigt sich nicht. Auch unter den Stationen des Penzberger "Geschichtslehrpfades" ist das Monument nicht zu finden. Erstes Licht ins Dunkel bringt Gisela Geiger, die Leiterin der städtischen Museen. Nach längerem Nachdenken fällt ihr der Name des Künstlers ein: Adrian Schober.

Er sei ein Autodidakt gewesen und habe in Schönmühl gewohnt, erinnert sie sich. Doch viel mehr weiß sie nicht. Immerhin: Ein Name ist gefallen. Die Internetrecherche legt eine Spur zu dem Maler Bernd Fleißner, mit dem Schober gemeinsam ausgestellt hat. Ein Besuch in Fleißners Atelier in Antdorf fördert weitere Details zutage. Der Maler hat einen Zeitungsartikel aus der SZ vom 17. September 1992 aufgehoben, der zur damaligen Doppelausstellung Fleißner-Schober im Kloster Benediktbeuern erschienen ist. Darin erfährt man Biografisches: Geburtsjahr 1954, Studienfächer Philosophie und Politologie, verschiedene Berufsstationen im Theater, als Pantomime und Masseur sowie schließlich als Gartengestalter. Dabei fand Schober wohl zu sich - und zur Kunst: Steine und Holz wurden seine bevorzugten Gestaltungsmaterialien. Im Garten einer Villa in Schönmühl, in der Schober eine kleine Wohnung hatte, war sein "Freiluftatelier". Die SZ-Kritikerin Ly Dreher besuchte ihn dort und schrieb: "Diese Behutsamkeit des formenden Eingriffs zeichnet Schobers Arbeiten aus. Er hört gleichsam auf den Stein, auf das Holz. Er hat erfahren, dass es ihm selbst entspricht, Geist und Seele in diese sanfte Formung einzubringen." Seine "ornamental-mystischen Arbeiten" seien Ausdruck seiner Spiritualität. Das bestätigt Fleißner: "Schober sprach immer von Visionen und Eingebungen. Das hat seine Arbeit stark beeinflusst." Obwohl Autodidakt habe er beeindruckende Werke geschaffen. In seinen letzten Lebensjahren habe er sich zunehmend zurückgezogen. Er sei schwer krank gewesen. "Und da er von der Schulmedizin nicht viel gehalten hat, war er meines Wissens nicht in Behandlung." Schober sei kein einfacher Mensch gewesen. "Er hatte auch die Gabe, sich Leute zu Feinden zu machen durch sein übergroßes Selbstbewusstsein und seine Kompromisslosigkeit." Das Kunstwerk vom Schlossbichl kennt Fleißner natürlich auch. Er sieht darin eine "Art Weltkugel, umschlungen von einem Baum".

Von Antdorf geht die Spurensuche nun weiter nach Schönmühl und führt ins gleichnamige Gasthaus. Die Wirtsleute Brigitte und Reinhold Schiermeier arbeiten seit 34 Jahren dort und können sich gut an Schober erinnern. Der sei ein echter Künstler gewesen, sagt Brigitte Schiermeier, einer "der lieber arm stirbt, als gegen seine Überzeugung zu handeln".

Sein Vermieter habe ihm immer wieder mal die Miete erlassen; dafür habe Schober ein wenig im Garten gearbeitet. Und auch die Schiermeiers spendierten dem Künstler ab und zu ein Bier oder ein Essen. Wo seine zahlreichen Arbeiten, die einst in Schönmühl standen, geblieben sind, wissen auch die Wirtsleute nicht. Ihr Tipp: Einmal bei Regina Bartusch nachfragen, die damals Zweite Bürgermeisterin gewesen sei und sich immer "für den Adrian eingesetzt" habe.

Tatsächlich weiß Regina Bartusch, heute Stadträtin der SPD in Penzberg, einiges über den vergessenen Künstler zu erzählen. "Er stammte aus dem Bayrischen Wald, wurde 1954 in Kötzting geboren. Wir hatten immer einen guten Draht zueinander, vielleicht, weil ich auch aus Niederbayern stamme." Bei der Stadtausstellung in Penzberg Ende der Neunziger Jahre seien mehrere Exponate von Schober gezeigt worden. Das Kunstwerk am Schlossbichl, an dem er bis zu seinem Tod gearbeitet habe, habe er der Stadt vermacht. "Es heißt ,Weltzeit'", und der Granit stammt aus dem Steinbruch Metten, kommt also aus seiner niederbayerischen Heimat."

Bartusch besitzt auch zwei Schober'sche Werke. "Er war ein ganz besonderer Mensch, hat ganz und gar für seine Kunst gelebt und immer verwirklicht, was er sich vorgenommen hat", erzählt die Stadträtin. Am 11. Juli 2002 sei Schober nach langer, schwerer Krankheit in Schönmühl gestorben. Sie freue sich jedes Mal, wenn sie an der "Weltzeit" vorbeikomme, dass dieses Kunstwerk in Penzberg einen Platz an exponierter Stelle gefunden hat.

Die schnellste Leserin, die den "Hingucker" erkannt hat, war diesmal Regina Beier aus Penzberg.

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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