Gespräch mit Frederik Holthaus:Klage nicht ausgeschlossen

Lesezeit: 3 min

Interessengemeinschaft Pro Egerlandstraße will sich gegen Schäden durch den neuen Wohn- und Geschäftskomplex der Baugenossenschaft absichern. Angestrebt wird jedoch ein Kompromiss.

Von Felicitas Amler, Geretsried

"Leider", sagt Frederik Holthaus, leider werde die Interessengemeinschaft (IG) Pro Egerlandstraße vielleicht gegen die geplante Wohn- und Geschäftszeile der Baugenossenschaft (BG) klagen müssen. Die Anlieger könnten gezwungen sein, so erklärt der Geschäftsführer des Isar-Kaufhauses, auf diesem Weg formaljuristisch etwaige Schadenersatzansprüche abzusichern. Noch ist es aber nicht soweit, denn am Donnerstag hat die IG erfahren, dass Bürgermeister Michael Müller (CSU) ein Gespräch zwischen den beiden Seiten moderieren möchte. Ein Kompromiss wäre auch den Anliegern lieber, sagt Holthaus.

Zu der IG haben sich Immobilieneigentümer, Gewerbetreibende und Freiberufler zusammengeschlossen, die an der Egerlandstraße wohnen und/oder arbeiten. Die Baugenossenschaft (BG) plant dort, die Fünfziger- und Sechzigerjahre-Bauten von Hausnummer 58 bis 74 abzureißen und durch einen modernen, bis zu sechsgeschossigen Komplex mit 93 Wohnungen, "Mikro-Shops" und zwei großen Einzelhandelsbetrieben - Textil-/Drogeriemärkte oder Discounter - zu errichten. Gleichzeitig baut die BG unter der Egerlandstraße eine Tiefgarage mit 220 Plätzen. Das gesamte Projekt ist Teil der von der Stadt vorangetriebenen Innenstadtentwicklung, die mit der Neubebauung und -gestaltung des angrenzenden Karl-Lederer-Platzes begonnen hat.

Aus einem Fenster im zweiten Stock des Isar-Kaufhauses fällt der Blick genau auf jene Zeile, die in der Egerlandstraße abgerissen werden soll. Die Baugenossenschaft plant von Hausnumer 58 bis 74 moderne, bis zu sechsgeschossige Wohn- und Geschäftsgebäude. (Foto: Hartmut Pöstges)

All dies befürworte seine Initiative ausdrücklich, betont Holthaus. "Wir sind für dieses Bauvorhaben. Wir finden es gut, dass große Investoren hier Geld in die Hand nehmen, um Wohnungen und Gewerbeflächen zu bauen." Gleichzeitig aber müssten die Anlieger ihre Interessen vertreten. An der Egerlandstraße stünden enorme Eingriffe bevor: "Wir haben drei Jahre lang eine Großbaustelle vor der Nase." Schon der Abriss, der laut BG von November dieses Jahres bis Ende Februar 2020 dauern werde, bedeute den Verzicht auf 30 Parkplätze und erhebliche Behinderungen an der Straße. Während des Baus, der bis Ende 2022 terminiert ist, fielen etwa 40 weitere Parkplätze weg, es würden zunächst Gehsteige aufgerissen, dann wegen der Tiefgarage die ganze Straße. All dies sei "ein massiver Einschnitt", sagt Holthaus. "Wir müssen uns aufstellen, um darauf aufmerksam zu machen, was alles auf dem Spiel steht. Hier muss unser Leben weitergehen."

Holthaus ist Sprecher der IG, zu deren "hartem Kern" nach seinen Worten die Inhaber der Apotheke, des Sportgeschäfts, der Hals-, Nasen- Ohrenpraxen und die Hauseigentümer des Rewe-Markts sowie des Isar-Kaufhauses - Holthaus ist Mieter - gehören. Bei einer Versammlung am Mittwochabend hätten sich weitere Anlieger angeschlossen, so dass die IG nun an die 40 Parteien vertrete. Sollte es zur Klage kommen, würde diese von zehn Parteien getragen und mit denselben Argumenten vertreten, die schon im Bebauungsplanverfahren vorgebracht wurden. Dazu gehören Befürchtungen wegen der Grundwassersituation, des Verkehrs, die "Maßstablosigkeit der Planung" und Kritik am beschleunigten Verfahren.

Frederik Holthaus ist Geschäftsführer des Isar-Kaufhauses und Sprecher der IG Pro Egerlandstraße. (Foto: Hartmut Pöstges)

Klagen aber würde die IG nur, wenn es nicht gelänge, mit der Baugenossenschaft vor Baubeginn eine gütliche Einigung über etwaige Schadenersatzansprüche zu finden. Holthaus erklärt, durch den Bau hätten die einen mit Umsatz- oder Einnahmeverlusten zu rechnen, die anderen mit Mietkürzungen, die Dritten mit Einschränkungen des Betriebs; so könnten etwa die HNO-Praxen während des lautstarken Einbaus von Spundwänden keine Hörtests mehr anbieten. Diese Befürchtungen habe die IG bereits mit der Baugenossenschaft besprochen. Diese sei aber bisher nicht zu einer vorsorglichen Absichtserklärung bereitgewesen, mögliche Schäden zu ersetzen.

BG-Geschäftsführer Wolfgang Selig erklärt, es sei richtig, "dass es keine gütliche Einigung über die geforderten finanziellen Ansprüche der gewerblichen Anlieger gegeben hat, soweit sie unsere Bauzeit betrifft". Das habe jedoch vor allem rechtliche Gründe. Der Vorstand der Genossenschaft verwalte nicht sein eigenes Geld, sondern das seiner Mitglieder und sei aufgrund der Gesetzeslage nicht befugt, dies ohne rechtliche Veranlassung beziehungsweise ohne Gegenleistung auszugeben. "Wir haben das Thema noch einmal juristisch prüfen lassen, um hier sicher zu gehen. Aber auch diese rechtliche Prüfung hat zu keinem anderen Ergebnis geführt", so Selig.

Davon abgesehen haben die Anlieger auch Wünsche an die Stadt. Sie möchten, dass in der Egerlandstraße wegfallende Parkplätze provisorisch auf dem Karl-Lederer-Platz ersetzt werden. Bisher seien sie damit nicht auf Zustimmung gestoßen, berichtet Holthaus. Denn der Platz soll von diesem Sommer an attraktiv gestaltet und frei von abgestellten Autos sein. Die IG sucht nun das Gespräch mit den Stadtratsfraktionen. Eine andere Bitte, die sie an die Politik hat, könnte sich bereits in Kürze erfüllen. Denn die Anlieger möchten nicht, dass die Ein- und Ausfahrten zur Tiefgarage in der Hauptfrequenzzone der Egerlandstraße liegen, also etwa zwischen Isar-Kaufhaus und Restaurant "Il Soprano". Dieser Wunsch könnte sich dadurch erfüllen, dass die Stadt zusätzlich zu den Stellplätzen der BG 120 eigene öffentliche baut, und dann müssten die Ein-/Ausfahrten ohnehin verlegt werden. Ob und wie das geschieht, berät der Stadtrat am 26. Februar.

© SZ vom 08.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: