Geschichtsarbeit in Wolfratshausen:In Waldram bleibt genug zu tun

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Maria Mannes hat das Amt der Kreisheimatpflegerin abgegeben. Im Erinnerungsort Badehaus ist sie weiter aktiv

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Eine Kraxlerin sei sie eigentlich nicht, sagt Maria Mannes. Dafür ist sie aber ganz schön rumgekommen in den Bergen des Isarwinkels. Mehr als hundert Almhütten habe sie seinerzeit zusammen mit Landwirtschaftsdirektor Helmut Silbernagel angeschaut, als das Buch über Denkmäler im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen erarbeitet wurde. "Es waren ja noch keine Almen in unserer Denkmalliste", erklärt sie. Und Denkmäler, die waren in den vergangenen 40 Jahren das Thema der diplomierten Verwaltungswirtin Maria Mannes. Doch damit sei es jetzt genug, sagt sie. Nach 25 Jahren hauptamtlicher Beschäftigung - im Landratsamt - und weiteren 15 Jahren als ehrenamtliche Kreisheimatpflegerin will sich die 77-Jährige nun anderen Aufgaben zuwenden.

Es sei ein glücklicher Zufall gewesen, sagt Mannes, dass sie seinerzeit im Denkmalschutz gelandet sei. Nachdem sie sieben Jahre im Landratsamt Wolfratshausen gearbeitet hatte, dann zehn Jahre zur "Brutpflege" zu Hause geblieben war, fing sie 1979 im Landratsamt Bad Tölz an, war eine Weile für alles Mögliche, vom Wasserrecht bis zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständig und wurde dann in der Kommunalaufsicht beschäftigt, wozu der Denkmalschutz noch gehörte. Der steckte damals noch ganz in seinen Anfängen, denn erst seit 1973 gibt es das bayerische Denkmalschutzgesetz. Maria Mannes erinnert sich genau: "Als ich anfing, gab's drei Leitzordner." Und als sie 2005 in den Vorruhestand wechselte, war es bereits ein großer Aktenschrank voll.

Zwischen Icking und Jachenau gibt es genau 1634 Denkmäler. Die Zahl könne sich freilich immer mal ändern, sagt Mannes. Und das nicht nur, wenn ein neues Bauwerk in die Liste aufgenommen, sondern auch wenn eines daraus gestrichen werden muss. Ein solcher Verlust droht, wenn ein Denkmal durch einen unzulässigen Eingriff oder durch Vernachlässigung ruiniert wird. Noch sei das bei der seit Jahren umstrittenen Max-Villa in Ammerland nicht der Fall, sagt Mannes. Aber die wunderbare Seevilla des Künstlers Gabriel von Max, deren Eigentümer das Gebäude verfallen lassen, zählt für sie zu den "Dramen" ihrer Zeit als Denkmalschützerin. Ein anderes eklatantes Beispiel dafür, wie man nicht mit einem Denkmal umgehen sollte, ist die Alpenstraße 14 in Wolfratshausen. Das Haus ist Teil eines geschützten Ensembles, das als Siedlung "Isarleiten" in den Dreißigerjahren für Angestellte der Geretsrieder Rüstungsbetriebe errichtet wurde; es liegt eine Abrissgenehmigung dafür vor. Mannes hatte zusammen mit dem Historischen Verein Wolfratshausen dagegen protestiert.

Lieber erinnert sie sich an Fälle wie den barocken Meierhof beim Kloster Benediktbeuern, der in ihrer Zeit vorbildlich saniert wurde. "Ich war damals ganz viel in Benediktbeuern", sagt sie. "Das waren immer schöne Außendienste." Der Hof sei marode gewesen, weil er wie die ganze Klosteranlage in moorigem Gelände errichtet worden sei, das später trocken gelegt wurde.

Die Geschichte der alten Häuser und die Bauweise hätten sie immer fasziniert, sagt Mannes. "Unsere Altvorderen haben einfach gewusst, wie und mit welchem Material man ein Haus in die Landschaft stellt." Das lasse sich von heutigen Architekten keineswegs immer sagen, meint sie. Handgebeilte Balken etwa schafften eine eigene Atmosphäre: "Das Feeling, in so einem Haus zu wohnen, ist ganz anders."

Das sage sie freilich, ohne je selbst ein Denkmal besessen zu haben. Mannes, gebürtig aus Hüfingen, war 14, als ihre Eltern mit ihr und den Geschwistern nach Waldram zogen: 1956, also zu jener Zeit, als die letzten jüdischen Shoah-Überlebenden das Lager Föhrenwald für Displaced Persons (DP) verlassen mussten, um vor allem Heimatvertriebenen Platz zu machen. Im Badehaus-Verein, der die Geschichte von Föhrenwald und Waldram dokumentiert hat, ist Mannes im Vorstand. Sie gehörte 2007 zusammen mit Eva Greif, Sissy Mayrhofer und Sabine Henschelchen zu jener "Arbeitsgruppe Föhrenwald", die in Waldram eine fundierte Erinnerungskultur überhaupt erst angestoßen hat.

Im Badehaus übernimmt sie nun Führungen und Kassendienste und ist fürs Archiv und die Bücherei zuständig. Die Geschichte des Ortes interessiere sie sehr, sagt sie. Gerade erst sei aus Amerika die Tochter eines verstorbenen Föhrenwalder Zwangsarbeiters da gewesen, um nach ihrem Vater zu forschen. Der Mann sei von den Nazis "von der Straße weg verhaftet" und dann aus Föhrenwald noch im Januar 1945 ins KZ Dachau gebracht worden. Und nun habe man im Geretsrieder Archiv etwas über ihn gefunden. "So was berührt einen natürlich", sagt Mannes. Wenn sie also sagt, sie sei jetzt in einem Alter, "wo man wirklich aufhören kann", gilt das nur für die Kreisdenkmalpflege. In Waldram bleibt Mannes aktiv. "Ich bin ja eine Ur-Waldramerin."

© SZ vom 11.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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