Geretsrieder Pflegeheim:Zu sehr eingebunden

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Amtsgericht verurteilt Geschäftsführer, weil eine Pflegerin scheinselbstständig arbeitete

Die Geschäftsführer einer Pflegeeinrichtung in Geretsried wurden am Mittwoch vor dem Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie eine Mitarbeiterin in Scheinselbstständigkeit beschäftigt haben sollen. Verhandelt wurden zwei Fälle: Laut Anklage seien Schäden bei der Rentenversicherung von 10 849 Euro beziehungsweise 42 134 Euro entstanden. Im zweiten Fall wurden die Geschäftsführer freigesprochen.

Eine Pflegerin aus Sindelfingen war für rund sechs Monate bei der Pflegeeinrichtung selbstständig im Dienst. So habe sie mehr Geld verdienen können, sagte sie bei ihrer Vernehmung als Zeugin aus. Eine weitere Tätigkeit habe sie seinerzeit nicht gehabt und sei fest in die Dienstpläne eingebunden gewesen. Nach einiger Zeit untersagte das Finanzamt Böblingen diese Beschäftigung. Bei ihrer Vernehmung kamen Ungereimtheiten zu Tage, die den Richter veranlassten, die Zeugin immer wieder zu ihrer Wahrheitspflicht zu ermahnen. So kam ans Licht, dass sie Hilfe bei der Erstellung ihrer Rechnungen benötigte und wenig über selbstständige Beschäftigung wusste.

Die zweite Pflegerin aus Geretsried bewies tiefere Kenntnisse der Materie und war zudem bei mehreren Einrichtungen gleichzeitig beschäftigt. Für die Staatsanwaltschaft war dies allein noch kein Beweis für eine gesetzeskonforme Selbstständigkeit. Vielmehr sei die Eingebundenheit in die Organisation entscheidend. In beiden Fällen sah die Staatsanwaltschaft eine Abhängigkeit der beiden Pflegerinnen vom beschuldigten Heim gegeben. Strafmildernd wurde nur die Kooperation der Angeklagten bei den Ermittlungen gewertet. Geforderte Geldstrafe: rund 41 000 Euro. Die Verteidiger sprachen sich für einen Freispruch der Beschuldigten aus. Weder hätten diese Kenntnis vom Grad der Selbstständigkeit haben können, noch habe eine Bereicherung bestanden.

Das Gericht verurteilte die Pflegeheim-Chefs für einen der beiden Fälle. Bei der Pflegerin aus Sindelfingen hätten die Beschuldigten erkennen müssen, dass deren Selbstständigkeit nicht rechtens sei, weil sie dienstlich fest eingebunden war, keine andere Beschäftigung hatte und keinerlei bürokratische Kenntnis einer Selbstständigkeit bewies. Bei der Geretsrieder Pflegerin könne dies nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Deshalb wurden die Angeklagten zu 90 beziehungsweise 80 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt, also zusammen zu 11 900 Euro.

© SZ vom 23.07.2015 / ehae, thek - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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