"Jazz dahoam" in Geretrsied:"Der Bandleader? Das ist die FamiIie!"

Lesezeit: 3 min

"Wir machen einen Gig aus, dann müssen alle kommen": Titus Vollmer weiß, wie man Musik und Familie unter einen Hut bringt. (Foto: privat/oh)

Titus Vollmer, Gitarrist und Filmmusikkomponist, tritt mit seiner Frau und den drei Söhnen auf die Bühne. Wie kann ein solches Quintett funktionieren?

Interview von Stephanie Schwaderer, Geretsried

Herr Vollmer, Sie eröffnen am Freitag eine neue Runde der städtischen Konzertreihe "Jazz dahoam" in Geretsried. Was können Sie sich dahoam erlauben, was Ihnen sonst nie in den Sinn käme?

Titus Vollmer: Es ist eher umgekehrt. Dahoam strengt man sich besonders an. Wenn viele Leute kommen, die man kennt, will man sich von seiner besten Seite zeigen. Und das ist gut für die Musik, die klingt dann noch besser.

Sie treten am Freitag mit Ihrer Frau und Ihren drei Söhnen auf. Machen Sie das nur in Geretsried?

Nein, am Abend zuvor spielen wir in München. Dass wir als Familie auftreten hat Tradition. Schon als die Kinder klein waren, haben wir im Geltinger "Hinterhalt" gespielt. Jetzt, wo sie alle ausgezogen sind, ist es die einfachste Art, ein Familientreffen zu organisieren: Wir machen einen Gig aus, dann müssen alle kommen.

Wie haben Sie es geschafft, Ihre Söhne für Musik zu begeistern?

Das haben wir nicht bewusst verfolgt. Bei uns im Haus ist einfach immer Musik. Als sie klein waren, das haben sie später einmal erzählt, dachten sie, dass alle Eltern Musik machen würden. Sie waren erstaunt, als sie gemerkt haben, dass das gar nicht so ist.

Durften sie ihre Instrumente selbst wählen?

Das war ein natürlicher Prozess. Ich weiß gar nicht, wie unser Großer ans Klavier gekommen ist. Das ist irgendwie passiert. Jetzt ist Elias 23 und studiert Jazzklavier in Leipzig. Victor ist 21 und spielt Gitarre, so wie ich. Derzeit studiert er Jazzgitarre in Berlin. Und der Jüngste, Titus A. , hat sich die Stimme ausgesucht, eine Position, die in der Familie noch nicht besetzt war.

Titus A., Victor und Elias Vollmer (von links). (Foto: privat/oh)

Alle drei wollen wie Sie Profimusiker werden?

Der Jüngste nicht, er ist 19 und sagt, dass er jetzt erst einmal etwas Anderes machen will: Politik und Wirtschaft studieren.

Jazz ist unter jungen Leuten nicht gerade angesagt. Wie sind Ihre Jungs auf den Geschmack gekommen?

Natürlich haben sie auch andere Sachen gehört, auch Musik, die wir als Eltern manchmal nicht verstanden haben. Ganz normal. Aber wenn man gewisse musikalische Kompetenzen hat, steht man irgendwann darauf, jemandem zuzuhören, der auf hohem Niveau spielt. Und das ist beim Jazz der Fall. Ähnlich wie in der Klassik.

Als Gitarrist sind Sie der Rhythmusgruppe zuzuordnen. Hätten Sie nicht auch mal Lust, zum Saxofon zu greifen?

Das macht schon meine Frau. Ich hab da zu wenig Talent. Und Arbeitsteilung in der Familie ist gut. Nachdem unser Mittlerer ein sehr guter Gitarrist geworden ist, bin ich nun der Bassist - eine zweite Liebe von mir.

Was werden Sie am Freitag spielen?

Soul, Pop, Jazz, klassische Songs aus dem American Songbook, Ray Charles, John Lennon, James Taylor. So sieht gerade das Brainstorming aus.

Wer ist der Bandleader?

Das ist die Familie! Was nicht ganz leicht ist. Der demokratische Diskurs dauert immer länger als autoritäre Führung. Aber wir haben sehr große Schnittmengen, was die musikalischen Fähigkeiten und die Geschmäcker betrifft. Wir versuchen immer, ein frisches Programm zu machen und Neues zu spielen.

Schwierige Frage: Wie bringt man Club-Atmosphäre in die Ratsstuben?

Mit Musik! Der Saal wird ja oft kritisiert, zu Unrecht, wie ich finde. Er klingt gut, hat einen schönen Holzboden und schöne Holzverkleidungen, eine Kastenbühne und einen wunderbaren Flügel. Die Stadt stellt immer gute Technik und fähige Tontechniker. Okay, die Girlanden schauen schon ein bisschen nach Bierzelt aus. Aber wenn das Licht im Saal ausgeht, reduziert sich die Vibration der Dekoration.

In der Reihe "Jazz dahoam" geht es nun Schlag auf Schlag. Könnten Sie uns ein bisschen durchs Programm führen: Wer sollte am Samstag zum Matthias Bublath Trio gehen?

Jeder, der Musik auf höchstem Niveau mag. Matthias Bublath ist ein hochvirtuoser Tastenmann und hat zwei exzellente Mitstreiter dabei. Ich werde auch dort sein. Das wird ein Genuss.

Und zum Stephan Eppinger Quartett am Sonntagmorgen?

Der Stephan ist auch ein alter Profi, Schlagzeuger und Akkordeonist, und weiß, wie man eine schöne Stimmung kreiert. Er bringt einen sehr guten Gitarristen mit, Bernd Hess, der wegweisend spielt. Das Konzert ist als Frühschoppen konzipiert, deshalb wird es sicher ein bekömmliches Programm.

Weiter geht es mit Cicos Jazz Orchester. Wie oft haben Sie das schon gehört?

Das habe ich nicht gezählt. Oft. Da haben meine Söhne ja auch mitgespielt. A gmahde Wiesn, würde ich sagen.

Und bei der Ludwig Seuss Band sind Sie wieder dabei?

Genau! Seuss ist ein wirklich toller Blues- und Boogiepianist und mischt das mit Rock und New Orleans Bluesmusik, in die mit dem Akkordeon französische Traditionen eingeflossen sind. Das passt auch toll zu einem Frühschoppen, ist schmissig und zugleich schön zum Anhören. Und wenn man will und das so früh schafft, kann man sogar das Tanzbein schwingen.

"Jazz dahoam" in den Geretsrieder Ratsstuben: Titus Vollmer and Family, 16. September, 19 Uhr; Matthias Bublath Trio, 17. September, 19 Uhr; Stephan Eppinger Quartett, 18. September, 10 Uhr; Cicos Jazz Orchester, 24. September, 19 Uhr; Ludwig Seuss Band, 25. September, 10 Uhr; Eintritt 15 Euro, Reservierung unter kultur@geretsried.de oder Tel. 08171/6298 161

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: