Geretsried:Die Kunst ist fort

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Ein Bild aus vergangenen Zeiten: Die große Stahlplastik von Alf Lechner steht nicht mehr am Isardamm 10 vor dem "Kunstbunker". (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Galerist Albrecht Widmann ist nicht mehr in Geretsried, nun ist auch die große Alf-Lechner-Plastik verschwunden. Die Stadt häte sie behalten können, wenn sie mehr für die Kunst getan hätte.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Albrecht Widmann ist nicht mehr da, und nun ist auch seine große Alf-Lechner-Plastik weg. Die übermannshohe Stahlarbeit, die an die Anwesenheit beider - des großen Kunstförderers und des bedeutenden Künstlers - in der Stadt erinnerte, stand jahrelang vor dem "Kunstbunker" am Isardamm. So hatte Widmann seine Galerie genannt, die er dort 2004 gegründet und dann bis zu seinem Wegzug im vergangenen Jahr bespielt hatte. Nun hat er die Plastik des renommierten Bildhauers Lechner seiner Heimatstadt Memmingen vermacht. Sie hätte in Geretsried bleiben können - wenn die Stadt mehr Interesse am Kunstbunker gezeigt hätte.

Widmann wollte den Kunstbunker der Stadt verkaufen

Widmann hat sich in seinem 72. Lebensjahr zusammen mit seinem Lebensgefährten an die Südküste Englands zurückgezogen. Den Kunstbunker wollte er am liebsten an die Stadt Geretsried verkaufen, denn es war von Anfang an seine Vorstellung, einen Impuls für die Kunst in der Stadt zu geben. Ihm war klar, dass er einen lebendigen und aufwendigen Kunstbetrieb nicht auf Dauer allein aufrechterhalten könnte. Schon bei Vorbereitung der ersten Ausstellung vor zwölf Jahren hatte er von der Idee gesprochen, es sollte sich ein Förderkreis engagierter Privatleute, Unternehmen "und natürlich der Stadt" gründen. Dazu kam es nie.

Widmann organisierte allein 45 Ausstellungen vor allem zeitgenössischer Kunst. Als er 2013 mit dem Geretsrieder Kulturpreis ausgezeichnet wurde, rief Laudator Volker Witte, Künstler und Stadtrat der Grünen, ihm zu: "Du bleibst da!" Denn die Stadt brauche den Kunstbunker. Als Widmann dann ernst machte, erklärte Bürgermeister Michael Müller (CSU), die Stadt könne sich einen Ankauf des Bunkers samt Gelände nicht leisten.

Bis 2001 fertigte Lechner dort seine riesigen Plastiken

Der Kunstbunker ist in doppelter Weise ein bedeutsames Gebäude. Es war nicht nur die einzige anerkannte und angemessenen Raum bietende zeitgenössische Kunstgalerie in Geretsried. Es erinnert zeitgeschichtlich an die NS-Rüstungsbetriebe, auf deren Fundament Geretsried aufgebaut wurde. Der Bunker am heutigen Isardamm 20 diente als Kohlenbunker des Kraftwerks II der Dynamit Aktiengesellschaft. Insofern weist er auch auf Zwangsarbeit, Krieg und Nazi-Verbrechen hin. Als 1948 das Kraftwerk gesprengt wurde, blieb der Kohlenbunker stehen. Nach einer Nutzung als Wohnung und Gartencenter ging er 1975 in den Besitz Alf Lechners über. Der Bildhauer fertigte in einem hohen hallenartigen Raum seine riesigen Plastiken. 2001 zog Lechner nach Ingolstadt, wo es inzwischen ein eigenes Alf-Lechner-Museum gibt, und Widmann kaufte das Areal, zu dem etwa 13 000 Quadratmeter Grund im Landschaftsschutzgebiet an der Isar gehören. Und nun wartet er wiederum auf einen Käufer.

Da die Stadt ablehnte, sah der Sammler Widmann auch keinen Grund mehr, die Lechner-Plastik wie so manch andere kulturelle Kostbarkeit in Geretsried zu belassen. Seine Heimatstadt Memmingen leiste unglaublich viel für die Kunst, sagt er: "Da können Sie den Hut ziehen." Deswegen ist die schwäbische Stadt mit eigener Kunsthalle nun um ein bedeutendes Kunstwerk reicher.

© SZ vom 20.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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