Gemeinderat Schäftlarn:Schulsozialarbeit abgelehnt

Lesezeit: 2 min

Der Rektor enttäuscht, der Bürgermeister diskreditiert: Mit knapper Mehrheit spricht sich der Gemeinderat gegen das Projekt aus - nicht nur der Finanzierung wegen.

Ingrid Hügenell

Mit knappster Mehrheit hat der Schäftlarner Gemeinderat am Mittwochabend die Einführung von Jugendsozialarbeit an der örtlichen Grundschule abgelehnt. Ohne vorhergehende Diskussion stimmten zehn Gemeinderäte, die von Gemeindeunion, Gemeindewohl und fünf von der CSU, gegen den Antrag. Ja-Stimmen gab es neun: von den fünf Gemeinderäten der Grünen, dem parteilosen Günter Schütze, Christian Fürst, Theresia Bader sowie Bürgermeister Matthias Ruhdorfer (alle CSU). Hans-Jürgen Heinrich (SPD) und Susanne Dichtl (CSU) fehlten entschuldigt.

Nach der Abstimmung im Familien- und Sozialausschuss am Montag, die mit sechs zu drei Stimmen für die Einführung ausgegangen war, zeigte sich Ruhdorfer am Donnerstag überrascht. Seine Enttäuschung konnte man ihm schon bei der Sitzung ansehen. In der CSU-Fraktionssitzung hätten einige gefehlt, deshalb habe er mit dem ablehnenden Beschluss nicht gerechnet, sagte er. Man könne das Thema nur erneut zu Abstimmung bringen, wenn es neue Gesichtspunkte gebe. Er will nun "mit einigen Leuten reden."

Die Jugendsozialarbeit war im Gremium im Februar und im Juli eingehend diskutiert worden. Die Verwaltung hatte viele Informationen zusammengetragen, die möglichen Träger Arbeiterwohlfahrt und Kreisjugendring ausführliche Konzepte vorgelegt. Letztlich scheiterte der Antrag daran, dass die Gemeinderatsmehrheit die Notwendigkeit nicht sah und keine neuen finanziellen Verpflichtungen eingehen wollte - auch wenn es sich zunächst nur um 14 000 Euro jährlich, beschränkt auf drei Jahre, gehandelt hätte. Der Landkreis München hätte 50 Prozent der Kosten übernommen.

Maria Reitingers Zwischenruf "So schlimm sind unsere Kinder nicht" war exemplarisch für die "Das brauchen wir bei uns nicht"-Auffassung. Maria Kötzner-Schmidt erklärte für die Gemeindeunion: "Wir hätten gerne Schulsozialarbeit, aber wir hätten sie gerne gegenfinanziert." Das Geld wollte sie von der offenen Jugendarbeit nehmen. Da es diese Gegenfinanzierung nicht gab, lehnte die GU den Antrag ab. Die CSU-Mehrheit begründete ihre Ablehnung nicht.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Leute, die dagegen gestimmt haben, sich die Sache mal angesehen hätten", sagte Rektor Wolfgang Prechter am Donnerstag auf Anfrage. "Das ist Demokratie", hatte er nach der Abstimmung zunächst gesagt, die er als Zuhörer verfolgt hatte. Bevor er den Saal verließ, bat er aber noch ums Wort und gab seiner Enttäuschung Ausdruck.. "Das demotiviert alle, die ihr Herzblut reingegeben haben, aufs Gröbste."

Keiner der Gegner habe ihn gefragt, warum er die Jugendsozialarbeit an der Schule für notwendig halte, sagte Prechter gestern auf Nachfrage. Es gehe nicht darum, wie "schlimm" Kinder seien. Vielmehr habe sich die Lebenswirklichkeit vieler Kinder verändert. Manche hätten nicht gelernt, Konflikte gewaltfrei zu lösen. "Es gibt emotionale Eruptionen, die dann im Unterricht aufgearbeitet werden müssen."

Ein Sozialarbeiter könne Streitschlichterprogramme anbieten. Zudem habe man Kinder aufgenommen, die von der Förderschule zurückgekommen und "sozial auffällig" gewesen seien. Wegen ausufernder Konflikte sei zweimal die Polizei in der Schule gewesen, zwei Väter hätten rechtliche Schritte gegeneinander eingeleitet. Ein Sozialarbeiter könnte "stützende Maßnahmen für Eltern und Kinder" anbieten, erklärt Prechter. "Das käme der Schule als Ganzes, den Eltern und den Kindern zugute."

© SZ vom 14.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: