Freizeitbeschäftigung:Rush-Hour im Wald

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Klar, dass man da spazieren geht: ein Wanderweg am Kloster Benediktbeuern Mitte Januar. (Foto: Manfred Neubauer)

Coronabedingt sind auf Forstwegen momentan viel mehr Spaziergänger unterwegs als sonst

Von Florian Zick, Bad Tölz-Wolfratshausen

Was soll man auch anderes tun? Die Hallenbäder sind zu, die Kinos, Bars und Restaurants genauso - und immer nur zu Hause sitzen? Das ist schließlich auch keine Option. In den Wäldern in der Region sind deshalb derzeit so viele Spaziergänger unterwegs wie noch nie. Und weil jeder beim Luftschnappen auch ein Stück Corona-Ruhe sucht, werden aktuell sogar die abgelegensten Winkel im Landkreis bewandert. "Selbst, wo sonst wirklich niemand ist, trifft man Leute", sagt der Wolfratshauser Revierförster Robert Nörr.

Es seien schon auch Einheimische dabei, die jetzt in der Krise im Home-Office arbeiten und sich zwischendrin die Beine vertreten. Aber auch der Anteil der Münchner sei sehr hoch, sagt Nörr. Rund um Endlhausen oder bei Walchstadt - überall dort eben, wo sich sonst nur Fuchs und Hase gute Nacht sagen, trifft man jetzt auch auf begeisterte Spaziergänger. Es sei wirklich unglaublich, sagt Nörr, wie viel Bewegung da derzeit herrsche.

Als Waldpädagoge hat Nörr absolut nichts dagegen. Er ist vielmehr ein Befürworter einer Freizeitgestaltung in den heimischen Forstlandschaften. Was er allerdings bedauert: Viele Waldbesucher suchen sich wegen des regen Personenverkehrs im Wald auch Pfade abseits der eigentlichen Wege. Die Wildtiere hielten immer noch ihre Winterruhe ab und seien deshalb sehr störanfällig, sagt Nörr. Wenn sich aber ein Hirsch, aufgeschreckt vom Stapfen der Wanderstiefel, zur Flucht genötigt sieht, müsse er quasi einen Kaltstart hinlegen, sagt Nörr. Die Tiere hätten ihren Energiehaushalt derzeit stark heruntergefahren. Und je nach Fettreserven, "da kriegen die das vielleicht ein, zwei Mal hin - beim dritten Mal aber wird's schon kritisch", erklärt der Forstexperte. Dann droht dem Tier der Kreislaufkollaps.

Für Nörr spricht noch ein anderer Punkt dafür, auf den richtigen Wegen zu bleiben. Momentan ist es zwar geradezu frühlingshaft warm, aber als es noch kalt war, haben Nörr zufolge die Waldbauern den gefrorenen Boden genutzt, um ohne großen Flurschaden schadhafte Bäume aus dem Wald zu holen. Eine röhrende Kettensäge schrecke aber offenbar niemanden ab, sagt er. "Wir sperren diese Bereiche aber nicht aus Jux und Tollerei." Und noch so ein Problem, dass gerade nicht mehr aktuell sei: der Schneebruch. Wenn es viel geschneit habe oder der Schnee bei Tauwetter schwer werde, so der Wolfratshauser Revierförster, solle man sich besser nicht unter Bäume wagen. Sonst kann es passieren, dass einen ein brechender Ast am Kopf erwischt. Und wer weiß: Mit ein bisschen Pech, kommt einem dann doch niemand so schnell zu Hilfe - auch wenn momentan Rush-Hour im Wald ist.

© SZ vom 05.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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