Explodierende Preise und starker Zuzug:Eklatanter Mangel an Grundstücken

Lesezeit: 2 min

Ein Bild aus vergangenen Tagen, als die Baugenossenschaft am Poignring baute. Inzwischen werden händeringend Bauplätze gesucht. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Baugenossenschaft Wolfratshausen ist finanziell solide, kann aber die starke Nachfrage nach Wohnungen nicht decken

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Mögen würde sie schon wollen, aber können kann sie nicht - so ungefähr ließe sich frei nach Karl Valentin die Lage der Wolfratshauser Baugenossenschaft (BGW) umschreiben, wenn es darum geht, neue, preisgünstige Wohnprojekte auf die Beine zu stellen. Es fehlt allenthalben an bezahlbarem Baugrund, wie der Aufsichtsratsvorsitzende Christian von Stülpnagel bei der jüngsten Mitgliederversammlung im Sparkassengebäude beklagte - ein Problem, das auch anderen Bauträgern Kopfzerbrechen bereitet und sich tendenziell eher verschärft, als dass sich eine Lösung anbahnen würde. Eine freie Sozialwohnung hat die BGW derzeit jedenfalls nicht anzubieten, neue Bewerber kommen auf eine Warteliste mit 350 Interessenten, berücksichtigt werden darauf nur noch Personen mit einem Wohnberechtigungsschein der Einkommensstufen zwei und drei. Dies bedeutet nach einer Anhebung im Mai 2018 konkret für die Stufe 3, dass eine vierköpfige Familie bis zu 80 000 Euro brutto im Jahr verdienen darf, um in den Genuss einer Förderung zu kommen. Es lohne sich also, sich um einen Berechtigungsschein zu bemühen, erklärte Vorstandsmitglied Britta Wurm in ihrem Jahresbericht. Sie verwies auf den jüngsten Bericht der hiesigen Caritas-Obdachlosenhilfe, demzufolge es nicht mehr nur "Alkoholiker und Bildungsferne" seien, die sich an die Einrichtung wenden, sondern längst auch Polizisten, Krankenschwestern und Erzieherinnen.

Abgesehen von den überhitzten Grundstückspreisen ist die Genossenschaft mit dem Verlauf des Geschäftsjahres 2017 zufrieden. Die BGW kann, vor dem Hintergrund einer trostlosen Zins-Situation für Sparer, immer noch beachtliche vier Prozent Dividende vom Geschäftsguthaben ausschütten und viel Geld in die Hand nehmen, um ihre Liegenschaften - 471 Wohnungen in 58 Häusern - in Schuss zu halten. Die Muße, sich in diese Aufgabe zu stürzen, hatte die Sanierungsarbeiten hatte das Unternehmen allein schon deshalb, weil für ein neues Projekt kein Grundstück aufzutreiben war. Die Renovierung des Bestands sei aber ebenfalls nicht einfach, erläuterte die Finanzexpertin Wurm. Denn man sei auf Handwerksbetriebe aller Gewerke angewiesen, die Termine frei haben, viele Firmen seien langfristig ausgelastet und entsprechend teuer. Bei manchen Ausschreibungen verhalte es sich mittlerweile so, dass von zehn angeschriebenen Firmen nur noch zwei überhaupt antworten.

Auch Wurm hob auf den eklatanten Mangel an erschwinglichen Grundstücken und der Baukosten ab. Letztere seien seit dem Jahr 2005 um nicht weniger als 55 Prozent in die Höhe geschossen. Dies bedeute für den Wohnungsbau "einen deutlichen Anstieg der real notwendigen Neubaumiete, der nicht durch entsprechende Einkommenszuwächse gedeckt ist". Erschwerend kommen ihr zufolge die langen Genehmigungsverfahren und Bearbeitungszeiten für Projekte dieser Art hinzu. Diese Erfahrung habe man nicht zuletzt beim Neubauvorhaben an der Blombergstraße machen müssen. "In den Kommunen muss das Bauen zur Chefsache werden", forderte Wurm, das fehlende Personal in den Bauämtern müsse aufgestockt werden, auch gelte es, die Bauvorschriften zu erleichtern. Notwendig sei "ein Miteinander der Investoren, der Kommunen und der Baubehörden, um die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen".

Um die Arbeit der BGW zu illustrieren, wartete Wurm mit einigen statistischen Zahlen auf. Die Genossenschaft hatte im abgelaufenen Jahr 635 Mitglieder, die Mieteinnahmen haben sich von 3,3 Millionen auf 3,56 Millionen Euro erhöht, der durchschnittliche Mietpreis pro Quadratmeter belief sich auf 6,74 Euro. 370 000 Euro wurden für Instandhaltungskosten ausgegeben, das waren 100 000 Euro mehr als im Vorjahr. Die Bankverbindlichkeiten beliefen sich auf 19,7 Millionen Euro, die Vermögenswerte auf 31 Millionen Euro.

Britta Wurm wurde am Ende einstimmig wiedergewählt. Fritz Schnaller schied altersbedingt aus dem Aufsichtsrat aus. Für ihn rückt der Immobilienmakler Peter Schneider nach. Er äußerte die Hoffnung, "vielleicht doch das eine oder andere Grundstück an Land ziehen zu können".

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: