Kloster Beuerberg:Die Insel der Seligen

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Im verlassenen Kloster Beuerberg ist mit der Ausstellung "Klausur" und dem temporären Restaurant ein Anziehungspunkt entstanden, den viele nicht mehr missen möchten.

Von Felicitas Amler, Eurasburg

Kloster Beuerberg, Klosterküche während der Ausstellung "Klausur - vom Leben im Kloster". Stella Igl (li.) und Maxie Denk. (Foto: Hartmut Pöstges)

Es gibt Leute - und das ist wahrhaftig kein Kloster-Latein -, die waren schon 19-mal da. Man muss aber nicht so oft kommen wie dieses Ehepaar aus der näheren Umgebung, um zu spüren, dass im Kloster Beuerberg zurzeit eine reizvolle Atmosphäre herrscht. Ein harmonischer Wechsel aus Beschaulichkeit und Trubel, innerer Einkehr und großzügiger Offenheit, die sich bei schönem Wetter besonders in dem lichtdurchfluteten, einladend gestalteten Refektorium erfahrbar macht.

Da ist zum einen die Attraktion der Ausstellung "Klausur - Vom Leben im Kloster": Dieser Einblick in das einst verschlossene Alltagsleben der Salesianerinnen, deren letzte vor zwei Jahren in ein Altenheim umgezogen sind, hat eine starke Anziehungskraft. Seit Eröffnung Mitte Mai wurden hier bereits mehr als 27 000 Besucher gezählt. Eine stolze Zahl, auch für Christoph Kürzeder, den Direktor des Diözesanmuseums Freising. Er und seine Mitarbeiter haben die Ausstellung konzipiert und optisch ansprechend gestaltet. "Wir sind alle positiv überwältigt", sagt der Theologe und Volkskundler. Mit so großer Resonanz hatte er nicht gerechnet. Beuerberg sei nicht nur glänzend besucht, sondern auch "die führungsstärkste Ausstellung" des Diözesanmuseums, das in den vergangenen Jahren schon sehr gefragte Sonderschauen etwa zu den Themen Rokoko oder Engel präsentiert hat. Für "Klausur" mussten die Veranstalter aber bald nach Eröffnung sechs zusätzliche Mitarbeiter anlernen - es sind Menschen aus dem Ort, die sich dem Kloster verbunden fühlen.

Ausstellung: Klausur - vom Leben im Kloster (Foto: Hartmut Pöstges)

Durch die Öffnung des Klosters für alle, die dort etwas sehen und erfahren wollen, hat das Dorf einen nie zuvor erlebten Zulauf. "Beuerberg ist aus seinem Dornröschenschlaf erwacht", so formuliert es der Eurasburger Bürgermeister Moritz Sappl. Er, selbst in Beuerberg aufgewachsen, sieht diese Entwicklung positiv. Und er glaubt, dass dies auch auf die meisten Anwohner zutrifft. Es gebe inzwischen viele Leute aus dem Ort, die mit einer Dauerkarte immer wieder zum Kaffeetrinken herkämen, sagt Sappl; etliche Geburtstage seien hier schon gefeiert worden. Viele suchten Ruhe und innere Kraft, seien einfach neugierig oder spürten die Faszination des Klosters als eines Orts, der in seiner 900-jährigen Geschichte schon manche Veränderung hinter sich gebracht habe und nun wieder vor einer Entwicklung stehe. Persönlich hofft Sappl, dass das Erzbischöfliche Ordinariat nach der befristeten Ausstellung eine Dauernutzung findet, die zweierlei erfüllt: "Der Ort darf den klösterlichen Geist nicht verlieren, sollte aber für die Menschen zugänglich sein." Kürzeder sagt: "Es wird kein Andechs werden." Was es tatsächlich eines Tages wird, darüber ist im Erzbischöflichen Ordinariat noch nichts zu erfahren. Ideen wie ein Tagungshaus und ein Museum standen schon in Rede; aktuell aber heißt die Antwort: "Es gibt nichts Spruchreifes."

Dagegen zeichnet sich bereits eine Fortsetzung der Ausstellung ab, die am 16. Oktober vorerst endet. Kürzeder bestätigt, dass eine überarbeitete Version im kommenden Jahr zu sehen sein soll - vorbehaltlich der Zustimmung, die dazu wiederum im Landratsamt beantragt werden muss. Immerhin geht es beim Kloster Beuerberg um einen Gebäudekomplex, bei dem der Brandschutz modernen Anforderungen nicht entspricht - weswegen die Schau bereits aufs Erdgeschoss beschränkt wurde.

"Wir wollen weitermachen", sagt der Direktor des Diözesanmuseums. Die bisher erlebte Resonanz bestärkt ihn darin. "Klausur" vermittle den Besuchern offenbar einen "sehr stark emotionalen Eindruck von Ort und Thema"; es gehe ihnen sowohl um einen Erkenntnisgewinn als auch um das Eintauchen in eine fremde Welt. Kürzeder nennt es "die Andersartigkeit des Orts", der wie eine Insel sei und dennoch eine gewisse Öffentlichkeit zulasse. Sehr oft kämen Familien von den Großeltern bis zu den Kindern gemeinsam, nicht zuletzt um an den Aktionen teilzunehmen, die an den Wochenenden geboten werden: "Stuckgießen wie im Rokoko", "Das Skriptorium - eine Schreibwerkstatt" oder "Meisterliches Backen in der Klosterbackstube".

Kloster Beuerberg: Klausur - vom Leben im Kloster (Foto: Hartmut Pöstges)

Die alte Backstube - eine Attraktion eigener Art, ebenso wie die gesamte Küche mit ihren ungeahnten Ausmaßen (bei Ausgabe nur eines Gerichts ließen sich hier 500 bis 1000 Gäste bewirten), den nostalgisch anmutenden Geräten wie einer Küchenmaschine, die locker 15 Kilo Gehacktes für Fleischpflanzerl verarbeitet, und vor allem der aktuellen Nutzung. Für die Dauer der Ausstellung wurde hier und im Refektorium ein Restaurant eingerichtet. "Die Klosterküche", wie es schlicht heißt, wird betrieben von zwei Frauen, die beide Betriebswirtschaft studiert, aber dann ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben. Stella Igl, 32, und Maxie Denk, 31, haben in den vergangenen beiden Jahren miteinander gekocht und Gäste bewirtet, freiberuflich, mit einem Catering-Service, als Eventköchinnen und für "Secret Dinners" in intimen Kreisen. Da serviert Igl dann schon mal Teller, auf denen zwei beschriftete Fähnchen signalisieren, wem was geboten wird: "Adel" und "Pöbel" - das eine steht für Garnele mit glasiger Pancetta und Fenchelsalat, das andere für geschmorte Schweinebacke mit Lakritz.

Man sieht: Fantasie und Humor kochen mit, wenn Denk und Igl Gäste versorgen. Das trägt zum Flair bei, das von dieser eigenwilligen Klosterküche ausgeht. Die Karte hebt aber keineswegs ins Elitäre ab. Es gibt Wiener mit Brot oder Weißwürste mit Brezen; aber eben auch mal Halloumi auf Salat mit Kichererbsen und Aprikose. Außerdem frisches Gemüse, das der herrliche Klostergarten frei Haus liefert, und hausgemachte Kuchen.

Kloster Beuerberg, Klosterküche während der Ausstellung (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Restaurant auf Zeit hat 170 Plätze, davon 40 im heimeligen Kreuzhof und 60 im Biergarten. 15 Mitarbeiter/innen halten den Betrieb am Laufen, darunter Fachkräfte wie Koch, Hotelfachwirtin und Hauswirtschafterin, aber auch Leute vom Ort und sogar vier Asylsuchende. Dass sie so viele helfende Hände brauchen würden, war den Wirtinnen keineswegs von Anfang an klar. "Wir haben gedacht: Hoffentlich kommt da überhaupt einer", erzählt Maxie Denk. Und wie sie kamen! Gleich bei Ausstellungseröffnung wurde die "Klosterküche" schier überrannt. Inzwischen hat sie sich ohnehin als keineswegs mehr geheimer Tipp herumgesprochen. Igl und Denk haben viel Zeit und Liebe schon in die Vorbereitung des Restaurants gesteckt; wochenlang im ganzen Kloster gekramt, Möbel entdeckt und arrangiert - der Tresen etwa ist eine frühere Nähkommode der Nonnen - und die Küche samt Inventar mehrmals geräumt und gereinigt.

Zwölf bis 14 Stunden Arbeit am Tag seien normal, sagen die beiden, jede von ihnen habe im vergangenen Vierteljahr sechs Kilo abgenommen. Dennoch sind sie begeistert: "Das ist einfach ein toller Ort", sagen sie. Und freuen sich jetzt schon darauf, womöglich im kommenden Jahr nach Ostern wieder zu öffnen. Stella Igl erwägt, inzwischen dafür ein eigenes Kochbuch zu schreiben. Eine Art Klosterküche für jedermann.

Kloster Beuerberg (Foto: Hartmut Pöstges)
© SZ vom 29.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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