Erdwärme:Bohren nach Geldquellen

Lesezeit: 2 min

Ob das Geothermie-Projekt auf Gut Breitenbach noch einmal in Angriff genommen werden kann, ist in erster Linie eine Frage der Finanzierung. 35 Millionen Euro stecken schon in dem bislang erfolglosen Vorhaben.

Von Matthias Köpf, Geretsried

Die Begeisterung für die Geothermie hatte bis Mitte 2013 kaum Grenzen. Als limitierender Faktor galten vor allem die Bohrgeräte, von denen die Branche einfach nicht genug bekommen konnte für all ihre vielen Projekte. Für das Vorhaben am Gut Breitenbach bei Gelting hatte der Bohrdienstleister Daldrup eigens ein neues, kräftigeres Gerät angeschafft, und nach ein paar Monaten war damit das bisher tiefste und längste Geothermie-Loch mindestens ganz Bayerns gedrillt. Doch dann ließ sich aus diesen Loch bei weitem nicht die erhoffte Menge heißen Wassers fördern, und seither dreht sich in der Branche nicht mehr allzu viel. Am Gut Breitenbach steht inzwischen sogar wieder ein Bohrgerät - in blaue Container verpackt überwintert es dort ungenutzt. Ob es bis zum Sommer ausgepackt und aufgebaut wird, bleibt eine Frage des Geldes.

Möglichst noch bis Ende 2014 wollte der Geschäftsführer des Geothermie-Unternehmens Enex, Robert Straubinger, die acht bis neun Millionen Euro beisammen haben, die er für eine Ablenkbohrung braucht. Diese Bohrung soll in der Tiefe vom schon vorhandenen Loch abzweigen und in eine andere Gesteinsformation vorstoßen, wo die Enex und ihre beratenden Geologen sich mehr Wasser erhoffen. Insgesamt stecken in dem bisher erfolglosen Projekt schon ungefähr 35 Millionen Euro. Für rund 20 Millionen muss die Versicherung aufkommen, die das Fündigkeitsrisiko abgedeckt hat. Doch diese 20 Millionen hat nicht Straubinger für seine Ablenkbohrung in der Kasse. Ausbezahlt bekommen hat das viele Geld zuvorderst der Finanzinvestor Daniel Hopp, der aber trotzdem aus dem Enex-Projekt ausgestiegen ist.

Straubingers erklärte Hoffnung war es noch im September, dass sich andere Geothermie-Unternehmen, die im Süddeutschen Molassebecken Ähnliches vorhaben, finanziell am zweiten Anlauf seines Enex-Projekts beteiligen. Denn so lange Gelting kein Erfolg wird, tun sich auch all diese anderen mit ihrer Finanzierung schwer. Die Erdwärme Bayern, die den benachbarten, amtlich nach dem Ort Höhenrain benannten Bohr-Claim nördlich von Wolfratshausen bearbeitet, ließ allerdings bis zum Herbst keine Neigung erkennen, direkt in Gelting einzusteigen. Ähnlich hielt es die A.I.R. Geokraft, die ein Bohrprojekt am Fiechtnersee zwischen Geretsried und Königsdorf vorbereitet. Inzwischen basteln Straubinger und die halbe Branche an einer Art internen Versicherungslösung, die zwar keine gegenseitigen Investitionen vorsieht, aber immerhin ein Aufteilen des Risikos auf mehrere Schultern.

An Bohrgeräten mangelt es der Geothermie-Branche nicht mehr, auch in Gelting läge eines bereit. Wann es aus den Containern geholt wird, ist offen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zusammen haben die drei Unternehmen Enex, Erdwärme Bayern und A.I.R. Geokraft von spezialisierten Erkundungstrupps nahezu des gesamten nördlichen Landkreises auf Geothermie-Potenziale hin abklopfen lassen und dabei auch ältere Studien aus der Suche nach Öl- und Gasvorkommen herangezogen. Dass aus der Tiefe heißes Wasser zu holen ist, mit dessen Energie sich Generatoren betreiben und Fernwärme-Netze speisen lassen könnten, glauben sie nach wie vor. Die Geretsrieder Stadträte haben schon 2012 beschlossen, dass die örtlichen Stadtwerke in einem Gemeinschaftsunternehmen mit den Tölzer Stadtwerken bis 2022 ein solches Fernwärme-Netz aufbauen sollen - für kalkulierte 36 Millionen Euro, wofür sich das Unternehmen und mittelbar auch die Stadt sich beträchtlich verschulden müssten. Die Stimmung in Geretsried ist bisher eher von Enttäuschung als von Kritik geprägt, doch allzu viel Zeit darf sich Enex nicht mehr lassen. Denn wenn das Wasser nicht sprudelt, bis es mit den großen Bauvorhaben am neuen Geltinger Gewerbegebiet und auf der Böhmweise ernst wird, dann wird sich die Stadt derart hohe Investitionen in ein geothermiegespeistes Fernwärmenetz noch einmal neu überlegen.

Gemeinden wie Markt Schwaben östlich von München sehen sich in einer ähnlichen Situation. Dort wird derzeit erwogen, auf jeden Fall ein Wärmenetz aufzubauen und es übergangsweise und im Notfall sogar auf Dauer mit Hilfe fossiler Energieträger zu speisen - obwohl die Geothermie nach allgemeiner Hoffnung genau die Chance böte, sich von Öl und Gas mitsamt ihren Auswirkungen auf das Klima und ihrer langfristig vermutlich steigenden Preisentwicklung zu lösen.

© SZ vom 07.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: