Entscheidung im Finanzausschuss:Geretsried bleibt bei niedriger Gewerbesteuer

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Keine Mehreinnahmen von 500.000 Euro: Eine knappe Mehrheit hat im Finanzausschuss gegen die Erhöhung der Gewerbesteuer gestimmt.

Bernhard Lohr

Die Stadt Geretsried verzichtet auf Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer. Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses des Stadtrats haben mit einer Stimme Mehrheit eine Erhöhung des Hebesatzes von 320 auf 340 Prozent abgelehnt. 20 Punkte mehr hätten laut Kämmerin Ute Raach rund 500.000 Euro zusätzlich in die Stadtkasse gespült. In dieser Größenordnung bewegt sich das für 2011 erwartete Defizit in der Stadt. Zweiter Bürgermeister Gerhard Meinl (CSU) warnte davor, den Industriestandort leichtfertig zu schwächen: "Der Hebesatz ist ein Signal."

Rund acht Millionen Euro an Gewerbesteuer erwartet Geretsried heuer. Die Summe wurde dank der guten Konjunktur erst kürzlich im Nachtragshaushalt um 800000 Euro nach oben korrigiert. Noch einmal eine halbe Million Euro würde es bringen, hätte Geretsried einen Hebesatz von 340 Prozent wie die Kreisstadt Bad Tölz. Mit jeweils zehn Prozentpunkten steigen die Einnahmen, rein rechnerisch, um 250.000 Euro.

An Reiz haben höhere Hebesätze nicht zuletzt dadurch gewonnen, dass die Steuer-Arithmetik angeblich bei einem Hebesatz von 380 Prozent dazu führt, dass Kommunen bei einer Anhebung ihrer zumeist doch niedrigeren Sätze profitieren und Personengesellschaften auf Kosten von Bund und Land sogar entlastet werden. Anders sieht es freilich bei Kapitalgesellschaften aus, die allerdings auch bei einem Satz von 380 Prozent noch besser gestellt wären als vor der Unternehmenssteuerreform 2008. Zwei wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Regensburg haben das in der Zeitschrift des Bayerischen Gemeindetags so dargelegt. Die SPD hat sich in vielen Kommunen die Argumente zu eigen gemacht, so in Wolfratshausen und Geretsried. In der Debatte in Geretsried dominierte aber die Besorgnis, den Unternehmen könnte es schaden, wenn der Hebesatz steigt.

In Geretsried tragen 14 Unternehmen das Gros der Steuerlast. Sie überweisen zwischen 100.000 und zwei Millionen Euro Gewerbesteuer an das Rathaus, damit gehen von 1,8 Prozent aller veranschlagten Betriebe 58,65 Prozent der Gewerbesteuer ein. 70 Unternehmen zahlen jeweils zwischen 100.00 und 100.000 Euro und 889 bis zu 10.000 Euro.

Mit seinem Hebesatz von 320 Prozent liegt Geretsried unter dem Landesdurchschnitt vergleichbarer Städte von 364 Prozent, der Schnitt im Landkreis beträgt 308 Prozent. In Wolfratshausen sind es 320 Prozent, in Starnberg, Penzberg und Weilheim 330.

Zweiter Bürgermeister Meinl sagte, wegen des traditionell hohen Anteils der Gewerbesteuer an den Geretsrieder Kommunalfinanzen verdiene diese besondere Beachtung. Zugleich stehe die Stadt in der Verantwortung, ihren Haushalt auszugleichen. Robert Lug (Freie Wähler) beklagte, dass alleine wegen der neu im Rathaus eingeführten kaufmännischen Buchführung Hunderttausende Euro als Kosten auf der Sollseite verbucht würden, die es real nicht gebe.

Die Stadt muss mittlerweile Rückstellungen für Beamtenpensionen bilden. Lug, der zugleich Vorsitzender der Industriegemeinschaft Geretsried (IGG) ist, sagte, es hätten viele Unternehmen in der jüngsten Krise "richtig Federn lassen" müssen. Lorenz Weidinger (Freie Wähler) forderte eine "komplett andere Finanzierung der Kommunen". Hans Ketelhut (CSU) bezeichnete eine Steigerung des Hebesatzes um 20 Punkte als "in jedem Fall überzogen". Hans Hopfner (SPD) sprach dagegen von einer "moderaten Anhebung". Die Rathausverwaltung hatte einen höheren Satz empfohlen, ohne eine Zahl zu nennen. Hopfners Antrag, auf 340 Prozent zu gehen, fiel bei vier Ja- und fünf Nein-Stimmen durch.

© SZ vom 14.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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