Eine CD aus Penzberg:Zwischen Bogotá und Penzberg

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Reggae, Weltmusik, Rock - Hubert Helfenbein experimentiert mit verschiedenen Stilrichtungen. Das Ergebnis ist nun käuflich zu erwerben. (Foto: Manfred Neubauer)

Seit seiner Jugend ist die Musik die große Liebe von Hubert Helfenbein. Nun hat er sich einen Traum erfüllt und mit 60 Jahren eine CD veröffentlicht

Von Arnold Zimprich, Penzberg

Still halten, das war noch nie Hubert "Hugo" Helfenbeins Sache. Das Adjektiv "umtriebig" beschreibt ihn treffender. Der Titel seiner kürzlich erschienenen CD "Back from Bogota" sagt da schon alles. Lange zu Hause war der quirlige Musiker nie. Sich der Person Hubert Helfenbein anzunähern bedeutet, sich auf eine Reise zu begeben in das Penzberg der 70er- und 80er-Jahre und in eine Jugend zwischen väterlicher Autorität und unzähmbarem Freiheitswillen.

"Mit 13 ging es los mit der Musik, ich hab mir Steckerl zurecht geschnitzt und trommelte auf Ariel- und Persil-Kartons." Was mit Improvisation begann, führte zu ernsthaftem Musizieren. "Später habe ich bis zu fünf, sechs Stunden geübt." Hat das dem Vater, zunächst im Penzberger Elektrizitätswerk, später als Bahner in Pasing tätig, gefallen? Mitnichten. "Schlagzeug ist doch kein Instrument", schimpfte der, "aber wir durften im Keller proben." Mit 14 gab es das erste Schlagzeug. "Ich habe ein Transistorradio in einen Verstärker umgebaut", das erste Konzert konnte stattfinden.

"Wir hörten damals Holzwurm und Fauna", erzählt Helfenbein, "die spielten harte Rocknummern, aber auch Jazziges und Balladen." Mit dem, was der Rest der Nation hörte, konnte er nicht viel anfangen. Schließlich musste eine 16-Spur-Bandmaschine her. "Die hat 60 000 Mark gekostet, da hat unser Tontechniker mit dem Nachbarn einen Kredit aufgenommen."

Mit 18 entflieht Helfenbein dem Elternhaus, wohnt im Penzberger Ortsteil Dietenried in einer WG. Mit den Worten "Hallo, es ist schon wieder zu laut!" klopfte ihm eines Tages ein Polizist auf die Schulter. Nach dem Zivildienst beschließt der Penzberger, mit einem Freund nach Indien und Nepal zu reisen - eine Zäsur. Fünf Monate ist Helfenbein unterwegs, ihm wird in Kathmandu der Geldgürtel gestohlen. Auf den Stufen einer Stupa, eines buddhistischen Tempels, lernt er einen Sadhu kennen. Sadhus entsagen den Annehmlichkeiten des weltlichen Daseins. "Der hat sein Leben lang keinen Besitz", sagt Helfenbein, immer noch fasziniert von der Begegnung.

Auch was die Musik angeht, bringt die Reise den Penzberger weiter: "Ich habe mir dort einen Tabla-Lehrer für zwei Dollar am Tag gesucht." Tablas sind kleine, kreisrunde Trommeln. "Ich habe sie danach nach Hause geschickt, sie sind bis jetzt nicht angekommen." Nebenher studiert Helfenbein Sozialpädagogik in Benediktbeuern. Doch immer wieder zieht es ihn in die Ferne. "Nur Aufenthalte über drei Monate haben bei mir als Reise gezählt." Er verbringt ein ganzes Jahr in Südamerika, bereist sechs Mal den Subkontinent - verliert jedoch nie die Musik aus den Augen. "Immer, wenn ich zu Hause war, war jemand da, mit dem ich spielen konnte." 1990 bringt er mit der Band Papa meets Peperoni eine erste Platte heraus, die Band hat Auftritte, ist gut vernetzt. Der ein Jahr später gegründeten Reggae-Band Getta Guud trauert Helfenbein spürbar hinterher. "Die habe ich zusammen mit Florian Schlenz gegründet", erzählt er, "leider war es viel zu schnell wieder vorbei." Auch mit der Münchner Reggae-Größe Wally Warning macht Helfenbein Musik.

Er arbeitet fünf Jahre fest angestellt als Sozialpädagoge in Feldafing, macht sich Ende der Neunziger selbständig und gründet den Verein Camino in Bad Tölz, der jungen Menschen auf ihrem Weg ins und durchs Leben hilft.

Im Jahr 2000 wird Helfenbein Vater, mit dem Reisen und der Musik ist es erst einmal vorbei. Der Traum von einer CD begleitet ihn die nächsten Jahre, nach einer schwierigen Situation auf seinem damaligen Arbeitsplatz, bei der Gewalt im Spiel ist, wird Hubert Helfenbein vor wenigen Jahren berufsunfähig. "Was machst jetzt?", war die große Frage. Die Antwort darauf lautete: "Musik!" So fügte sich schicksalhaft, was der 60-Jährige schon lange plante.

Über Florian Rein von den Bananafishbones lernt Helfenbein Chris Stöger kennen, der ein eigenes Tonstudio in München-Giesing betreibt. Zusammen mit Michael "Mitsch" Fürbeck spielt Helfenbein zehn Musikstücke ein, ein buntes Potpourri zwischen Reggae, Rock, balladesk wirkender Gitarren- und Weltmusik. Mal nachdenklich, mal anklagend, mal fröhlich und rebellisch führt die Platte durch Helfenbeins bewegtes Leben: "We need the sun, we need the rain - we need the pleasure, we need the pain", lautet eine Liedzeile - was könnte passender sein, um das zu charakterisieren, was den Penzberger ausmacht.

Hubert Helfenbeins CD "Back from Bogota" ist in Bad Tölz bei der Buchhandlung Winzerer, in Penzberg beim Musikzentrum Günther Sirsch und bei "Werles Vielfalt" sowie auf der Website www.hugo-musik.de erhältlich. Weitere Verkaufsstellen befinden sich in Murnau (Musikzentrum Sirsch), Seeshaupt (Werk 78) und in Habach (Zum Trödler)

© SZ vom 20.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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