Ein besonderes Konzert im ehemaligen Kloster Beuerberg:"Ein cooles Instrument"

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Zither ist viel mehr als Volksmusik - auch das will Georg Glasl vermitteln. (Foto: Privat)

Zither-Spezialist Georg Glasl gestaltet am Sonntag eine "Klangwanderung". Beim "Engel an meiner Tafel" sind auch Dominikanerinnen aus Schlehdorf dabei

Von Vinzenz Gabriel

In der Zitherszene ist der in Kochel am See lebende Georg Glasl eine Koryphäe. Der 62-Jährige ist Professor für Zither an der Hochschule für Musik und Theater München und unternimmt mit seinem Instrument Tourneen in der ganzen Welt. Seine Reisen förderten sein Interesse an regionaler Musik. Er setzt sich für den Dialog zwischen Volksmusik und Neuer Musik ein, versucht traditionelle Musik neu auszuleuchten und arbeitet mit zeitgenössischen Komponisten zusammen. Zehnmal veranstaltete er das Münchner Zitherfestival, um für die vielfältige Einsetzbarkeit des Instruments zu werben. Seit 2012 ist er Präsident des Deutschen Zithermusik-Bunds. Am Sonntag inszeniert und gestaltet er die Klangwanderung "Der Engel an meiner Tafel" durch das Kloster Beuerberg.

Wie fallen die Reaktionen bei den meisten aus, wenn Sie sich als professioneller Zitherspieler vorstellen?

Georg Glasl erklärt die Vorzüge und Besonderheiten der Zither. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Georg Glasl: Als erste Reaktion fällt meistens "Ach, so ein schönes Instrument ..." Als zweites folgt meist die Frage, ob sich denn davon leben lässt. In erster Linie wird das Instrument direkt in der Volksmusik verortet, was ihm aber nicht gerecht wird.

Welche Musik spielen Sie auf der Zither?

Vorwiegend Alte und Neue Musik, also Renaissance- und Barockmusik sowie Kompositionen zeitgenössischer Komponisten. Ursprünglich komme ich aus der Volksmusik und spiele sie auch gerne. Generell mag ich aber stilistische Einordnungen nicht so gern. Ich entwickle als Musiker und Künstler gern inhaltliche Konzepte, zu denen die Musik und das Instrument passen.

Wie sehr ist die Zither mit der Volksmusik verflochten?

Das ist eine symbiotische Beziehung, die alpenländische Zither wurzelt in der Volksmusik. Aber es gibt zunehmend auch eine Szene außerhalb der Volksmusik, die sehr aktiv ist. Ich habe inzwischen einige Studierende, die nicht über die Volksmusik zur Zither gekommen sind.

Sie haben auch viele Auslandsreisen und Tourneen mit der Zither unternommen. Wie kommt sie im Ausland an?

Sehr gut, weil das Instrument in vielen Kulturen bekannt ist. Es gibt Zitherinstrumente außerhalb des deutschen und europäischen Kulturraums. Etwa die ungarische Bauernzither, in den nordischen Ländern das Langeleik, im arabischen Kulturraum das Kanun und in China die Guzheng. Zitherinstrumente sind ja laut Definition Instrumente, deren Saiten parallel zum Resonanzkörper verlaufen. Für mich ist es immer wieder spannend zu erkennen, dass das Instrument sehr eng mit der betreffenden Kultur verbunden ist und für diese meist auch sehr charakteristisch ist.

Woran ist das zu erkennen?

In China etwa habe ich eine Konzertreise unternommen mit einer chinesischen Zitherspielerin. Die chinesische Zither, die Guzheng, ist weniger komplex als die alpenländische Zither, aber es wäre anmaßend zu behaupten, dass ich darauf so spielen könnte wie sie. Alleine schon was die Intonation und Artikulation betrifft. Es ist eine eigene Welt und eigene Kultur für sich, die man verstehen muss, um sie richtig spielen zu können.

Welche Erfahrungen haben Sie auf Ihren Auslandstourneen gemacht?

Auf all meinen vielen Konzertreisen war es mein Anliegen, nicht nur die deutsche Kultur zu exportieren und nur Bach oder Schubert zu spielen, sondern mit der Kultur vor Ort in Verbindung zu treten. Im afghanischen Kabul etwa habe ich bei der Eröffnung des dortigen Goethe-Instituts zusammen mit den heimischen Musikern geprobt und improvisiert und die musikalische Gestaltung der Eröffnungszeremonie gemacht. Man kann mit der Zither musikalisch unglaublich gut in Dialog mit Musikern anderer Länder treten, und sie ist für den kulturellen Austausch sehr wichtig.

Was macht die Zither als Instrument so besonders?

Die Klangvielfalt, du kannst unglaublich emotional darauf spielen, tolle Klangeffekte erzielen und vor allem: Es ist ein besonderes Instrument, das nicht jeder kennt und zu spielen weiß.

Gibt es genügend junge Zitherspieler, die nachkommen?

Es dürften ruhig noch mehr sein. Das Instrument entspricht nicht unbedingt dem Zeitgeist. Es ist sehr differenziert in der Klangbildung. Angesagt sind derzeit eher Instrumente, die relativ laut sind, wie in der Volksmusik die Steirische, mit der sich schnell aufspielen lässt, und die für Tanzmusik geeignet sind.

Weshalb ist die Zither eher aus der Mode gekommen?

Die Zither ist ein anspruchsvolles Instrument, das vor allem vom Anfänger Geduld fordert. Das passt nicht ganz in unsere Zeit, die schnelle Erfolge verlangt. In der heutigen Zeit haben die jungen Menschen viel zu tun und ihr Tagesrhythmus ist oft sehr durchgetaktet, da bleibt oft nicht genügend Zeit zum Üben.

Wie lassen sich junge Leute für das Instrument begeistern?

Indem man sie mit der Musik abholt, die sie mögen, und ihnen zeigt, dass die Zither ein cooles Instrument und nicht auf Volksmusik reduziert ist. Oder dass sich darauf auch Pop, Rock und Jazz spielen lässt und tolle Klangeffekte möglich sind. Im Idealfall entwickeln die Lehrer Programme, mit denen es auch reicht, zehn Minuten täglich zu üben. Irgendwann kommt die Begeisterung, und dann üben sie freiwillig mehr. Es gibt aber auch Länder wie Slowenien, wo die Zither als Instrument total im Trend ist und es hat sich eine lebendige Szene entwickelt.

Was ist in Slowenien anders?

In der sozialistischen Zeit wurde das Instrument nicht an den Musikschulen unterrichtet, da es mit dem deutschsprachigen Raum verbunden wurde und als "faschistisches Instrument" galt. Nach der Unabhängigkeit begann die Suche nach der eigenen Identität, und da war die Zither als ein im Sozialismus unverbrauchtes Instrument plötzlich angesagt. In Slowenien klingt die Zither meist sehr melancholisch, sie drückt dort oft tiefe Gefühle aus.

Am kommenden Sonntag findet eine Klangwanderung durch die Räume des Klosters Beuerberg statt, die Sie mit der Zither musikalisch gestalten. Was geschieht da?

Bei einer Klangwanderung geht man von einem Ort zum nächsten, und an jedem Ort, aber auch unterwegs, ereignet sich Musik. Ich bin mit drei Zithern unterwegs und einem Scheitholt, ein historisches Instrument, das schon von Pythagoras beschrieben wurde. Mit dabei sind die Sopranistin Murni Suwetja und Ruth Geiersberger, die als Sprecherin und Performerin die Klangwanderung begleitet. Außerdem sechs Missionsdominikanerinnen aus Schlehdorf, die zur Musik eine nicht synchrone Litanei murmeln. Ich erhoffe mir einen sehr besonderen Raumklang.

Warum heißt es Wanderung?

Weil wir uns auf den Weg durch das Kloster machen. Wir kommen in ganz unterschiedliche Räumlichkeiten, darunter auch Räume wie Kapitelsaal und Totengang, die normalerweise nicht zugänglich sind. Jeder Zuhörer wird die Musik ganz individuell wahrnehmen und mit dem Raum in Verbindung setzen. Die Prozession endet an einer langen Tafel. Die Besucher sitzen dort einander gegenüber, die Schwestern reichen Brot und Wein. Das ist für viele ungewohnt, im Konzert sitzen sie hintereinander.

Welche Art von Musik ist da zu hören?

Alte und Neue Musik. Es geht um die Liebe, vor allem bei John Dowland und Henry Purcell, aber auch um den "Turmbau zu Bawel" bei Peter Kiesewetter oder um die "Gesänge der Engel" bei Bernhard Lang.

Weshalb haben Sie das Kloster Beuerberg gewählt?

Ich empfinde das ehemalige Kloster als einen magischen, spirituellen Ort. Daher haben wir die Klangwanderung speziell auf diesen Ort abgestimmt. Die Texte, die gesprochen werden, stammen zum größten Teil von Franz von Sales, der ja den Orden der Salesianerinnen mitbegründet hat. Für so ein aufwendiges Projekt benötigt man natürlich einen Veranstalter, der das ungewöhnliche Konzept mitträgt. Das Team des Diözesanmuseums Freising ist da ein wunderbarer Partner. Und ich bin auch sehr glücklich, dass die Missionsdominikanerinnen mitwirken. Gemeinsam wird es uns hoffentlich gelingen, das ehemalige Kloster mit Musik und Leben zu erfüllen.

Klangwanderung "Der Engel an meiner Tafel": Georg Glasl (Zither, Scheitholt; Konzept), Murni Suwetja (Sopran), Ruth Geiersberger (Sprecherin, Performance), Dominikanerinnen aus Schlehdorf: Margit Bauschke, Nicol Bramlage, Suzánne Hoffmeyer, Loretta Lechner, Edelgard Nafe, Dominika Weindor; Tonmeister Benni Beblo. Eintritt: 22/12 Euro (inklusive Brot und Wein); Sonntag, 8. September, 17 Uhr, Kloster Beuerberg

© SZ vom 05.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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