Ein Ausflug nach Farchet:Im Dschungel der Phantasie

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Schlagzeug Marke Eigenbau: Die Dschungel-Kinder haben es aus Holzpaletten und Blechbüchsen gebaut. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit der "Klecks-Schule" gestalten Kinder ihr eigenes Programm

Von Lucie Strauhal, Wolfratshausen

Im Schatten einer hoch gewachsenen Buche sitzt ein Grüppchen von Kindern auf ihren selbst bemalten Cajons, peruanischen Kistentrommeln. Begleitet von einer Klarinette und den leisen Summen der Zuschauer, die sich rings herum auf Bierbänken und Picknickdecken niedergelassen haben, spielen sie "We will rock you" und pfeifen dazu. Es ist die Abschlussfeier des 16. "Dschungel von Farchet", der wie jedes Jahr in den Sommerferien stattfindet und von der "Klecks-Schule der Phantasie" organisiert wurde. Das diesjährige Motto lautete "Musik! Musik!"

Kinder von sechs bis 13 Jahren treffen in einem kleinen Wäldchen im Wolfratshauser Stadtteil Farchet aufeinander und verbringen eine offensichtlich sehr aufregende und abwechslungsreiche Zeit miteinander: Die zwölfjährige Pamina ist schon zum sechsten Mal dabei. Sie sagt: "Ich liebe es, in der Natur zu sein und Gemeinschaftsprojekte zu machen."

Etwa 70 Kinder nehmen pro Jahr teil; sie werden jeweils in Gruppen aufgeteilt, diesmal wurde zwischen sechs Farben unterschieden, in denen sie ihr eigenes Lager errichten und vielfältige Aufgaben übernehmen. "Die Gelben Musikbienen" zeigen stolz ihre selbst gebastelten Amulette, Waschbretter und Kazoos - kleine, flötenähnliche Musikinstrumente, wie ihr Betreuer Moritz Reischl-Zand zeigt. Er erzählt auch von dem Bienenstock im Dschungel, den die Kinder während ihres Aufenthalts entdeckt und sorgfältig umzäunt haben. Jedes Team wird durch einen der 13 Teamleiter und einen Helfer betreut. "Es ist jedes Jahr anders, man lernt immer wieder neue Persönlichkeiten kennen und die Helfer werden von Jahr zu Jahr cooler", schmunzelt der neunzehnjährige Ferdi, der früher selbst als Kind am "Dschungel von Farchet" teilgenommen hat.

Speere und Messer schnitzen, Pfannkuchen backen, malen oder filzen: Jeder kann selbst entscheiden, was er tun möchte, das sei das Tolle, findet Marisa, eifriges Mitglied der Gruppe "The Blue 15". Sie hat zusammen mit ihren Teamkollegen eine Flöte aus einer Karotte angefertigt, die sie jedoch leider nicht zur Schau stellen kann, da sie bereits aufgegessen ist. "Die Roten Teufel", die ein eigenes Schlagzeug aus Holzpaletten und Blechbüchsen gebaut haben, sind sich einig, dass der Isarbesuch und die Wasserschlacht im Dschungel am besten waren - verständlich bei den tropischen Temperaturen der letzten Tage.

Obwohl sich die Gruppen gegeneinander zu verbünden scheinen und die "Musikbienen" stolz von ihrer Schlacht gegen "Die zwölf grünen Räuchermännchen" erzählen, betonen die Betreuer, wie friedlich und harmonisch das Projekt verlaufe. Es sei bei einer solchen Anzahl von Kindern unterschiedlicher Nationen und Altersgruppen doch immer wieder "überraschend, wie gut es klappt". Nachdem die Teams zusammen mit dem Trommler Johannes Anzenhofer, der mit den Kindern die Musikstücke einstudierte, ihre Lieder vorgespielt und auch ein paar akrobatische Kunststücke vorgeführt haben, wendet sich Kerstin Vetter, Vorsitzende der "Schule der Phantasie", an das Publikum, die Kinder und deren Familien. Mit "Habt viel Hunger! Das Buffet ist eröffnet!" lädt sie alle an die lange Tafel ein. Die jungen Helfer haben von Betrieben gespendete und von den Eltern mitgebrachte Bratwürstchen, Kuchen, Salate und andere Leckereien aufgetischt.

Der "Dschungel" sei ein soziales Stadtteilprojekt, erklärt Vetter. So werde es sozial benachteiligten Familien ermöglicht, ihre Kinder zu einem ermäßigten Preis teilnehmen zu lassen. Unverzichtbar seien daher die großzügigen Spenden vieler Sponsoren. So versorgt der Holzmarkt Suttner aus Dietramszell das Projekt jährlich mit einer Menge Holz. Auf diese Weise können die Kinder nach Vetters Motto "Viel Material, viele Ideen - was dabei herauskommt, das entscheidet ihr!" eigene Werke kreieren. Diese werden auf der Kunstausstellung gegen Ende der Abschlussfeier entweder den Kindern selbst mit nach Hause gegeben oder an die Besucher versteigert.

Warum das Ferienprojekt so beliebt und bedeutungsvoll für die Kinder ist, können die Betreuer in wenigen Worten verraten: Die Kinder dürfen das machen, worauf sie Lust haben. Sie werden nicht so überbehütet wie oftmals zu Hause und haben viele Freiheiten. Außerdem lernen sie neue Freunde kennen und leben in einem zunächst unbekannten Umfeld, das sie selbst entdecken können und mit dem sie schnell vertraut werden. Kein Wunder, dass am Ende alle jubeln und schon dem Dschungel im kommenden Jahr entgegenfiebern.

© SZ vom 07.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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