EC Bad Tölz:"Ein Triumph, ein Glücksgefühl"

Lesezeit: 4 min

Vor 50 Jahren holte der EC Bad Tölz seine erste deutsche Meisterschaft - ausgerechnet gegen den SC Riessersee. Momente, die den damaligen Spielern in Erinnerung geblieben sind.

Klaus Schieder

Georg Eberl kann es kaum fassen. Ein halbes Jahrhundert ist verstrichen, seit der EC Bad Tölz zum ersten Mal deutscher Meister im Eishockey wurde. "Man glaubt gar nicht, dass es schon 50 Jahre her ist", sagt der Hotelier und SPD-Stadtrat, der damals als junger Stürmer auf dem Eis stand.

Unter Trainer Mike Daski (li.) gewann der EC Bad Tölz 1966 die zweite deutsche Meisterschaft. Daski coachte später bis ins hohe Alter Nachwuchsteams und setzte durch, dass Kinder in Tölz nicht erst mit 12 Jahren Eishockey erlernen. (Foto: privat)

6:2 besiegten die Tölzer in Garmisch den SC Riessersee und sicherten sich damit den Titel. Eberl steuerte zwei Tore bei und erinnert sich noch genau, wie das so lief in einer Sturmreihe mit Siegfried Mayr und Sepp Reif. Aus dem eigenen Drittel habe Mayr die Scheibe nach vorne geschleppt und punktgenau einen der beiden Außenstürmer bedient, die versuchten, hinter die Verteidiger zu gelangen. "Wir waren so stark, so schnell, wir haben die Gegner dominiert", schwärmt Eberl.

Überraschend kam die erste Meisterschaft unter dem Trainer Hans Rampf für ihn daher nicht. Für alle Tölzer Spieler sei ein Traum in Erfüllung gegangen, sagt er. Und nicht nur für die Cracks. Ganz Bad Tölz feierte den Titel, das Winzerer-Denkmal in der Marktstraße zierte ein Vereinstrikot, aber Eberl weiß nur noch eines. Die Mannschaft habe sich hernach zum Essen im Kurhaus getroffen - "das war super, da hat man sich gefreut".

Dieser Triumph kam für Mike Daski, der den Eisclub vier Jahre später als Coach zur zweiten Meisterschaft führte, ebenfalls nicht aus heiterem Himmel. 1955 habe nahezu die gleiche Mannschaft schon die deutsche Schülermeisterschaft gewonnen, erzählt er. 1960 standen mit Hans Rampf, Sepp Reif, Otto Schneitberger und Georg Eberl dann gleich vier Tölzer im deutschen Nationalteam, das bei den Olympischen Spielen in Squaw Valley (USA) antrat. "Wir waren Edel-Amateure", sagt Eberl und erzählt, dass Bürgermeister Anton Roth damals jedem der vier Cracks 50 Mark in die Hand gedrückt habe.

So war der Grundstein gelegt für den legendären Auftritt beim SC Riessersee, der selbst alles für eine Meisterschaftsfeier hergerichtet hatte. "Denn wenn Garmisch gewonnen hätte, dann wären sie Meister gewesen", sagt Eberl. Normalerweise holte sich in den sechziger Jahren allerdings der EV Füssen den Titel. Nicht so 1966.

Im alten, offenen Stadion an der Peter-Freisl-Straße unterlag der Abonnementmeister den Tölzer Gastgebern im entscheidenden Match mit 4:8. Knapp 10 000 Zuschauer drängten sich Eberl zufolge an jedem Februartag um die Eisfläche, Stadionsprecher Rothkirch forderte die Fans auf, mehr zusammenzurücken. Eine schwierige Situation für einen 13-jährigen Jungen wie Josef Janker, der sich durch die Menschenmassen drängte, um überhaupt etwas vom Spiel zu sehen.

Aber die Leute seien rücksichtsvoll gewesen, meint der heutige Bürgermeister. "Sie haben gesagt: Bua, da geh' nach vorn, dass d' was siehst." Die Begeisterung fürs Eishockey erbte Janker von seinem Vater und seinem Onkel, die ihn zu den Spielen mitnahmen. Die beiden Meisterschaften seien "ein Triumph, ein Glücksgefühl" gewesen, das sich von den Erwachsenen auf die Kinder übertragen habe, erinnert er sich. Die beiden Titel hätten der geschwinden Sportart in Tölz erst "den Drive gegeben". Und Persönlichkeiten wie Mike Daski - "Trainer, die begeistert haben".

Der gebürtige Kanadier und Wahl-Reichersbeurer, der Ende 2011 die Verdienstmedaille der Stadt erhielt, ist noch immer bekannt für seine unorthodoxen, aber effektiven Trainingsmethoden. So band er schon mal den späteren Nationalkeeper Richard Wörschhauser mit einem Seil an die Torlatte, weil der vor angreifenden Spielern nie lange genug stehen blieb, oder einem eigensinnigen Spieler einen Puck an den Schläger, damit er die Scheibe ganz für sich alleine hatte.

Daski lobt vor allem den kämpferischen Einsatz des Teams von 1966. Ihr Körpereinsatz sei "der stärkste in Deutschland" gewesen und habe zum langlebigen Ruf der "Tölzer Holzhacker" geführt, sagt er. Außerdem habe man rund um Heinz Bader "die läuferisch beste Verteidigung gehabt". Im Spiel gegen den Erzrivalen Füssen ließ er nach einem Bandencheck den gefoulten Tölzer Spieler vom Eis tragen und wies ihn an, fünf Minuten in der Kabine zu bleiben.

Während der Strafzeit für den EV schossen die Tölzer vier Tore in fünf Minuten. Auch Eberl traf in dieser Partie. Es war ein Schuss, den er sein Leben lang nicht vergessen hat. "Da habe ich ein Tor vom Bully weg ins Kreuzeck erzielt", berichtet der damalige Stürmer. Über seinen Trainer Daski äußert er sich in den höchsten Tönen. Von keinem anderen Coach habe er so viel gelernt, meint er. Und der gibt das Kompliment zurück.

Der Eberl Schorsch - "ein Leistungsträger, ein Superspieler" - habe in einer Schreinerei gearbeitet und sei zum Training oft mit Holzspänen in den Kleidern gekommen. Da habe er ihm gesagt: "Kämpfe so, wie du arbeitest..." Auch der zweite Titel wurde in Tölz ausgiebig gefeiert. "Die ganze Stadt war auf den Beinen, es ist viel Alkohol geflossen", sagt Eberl. Das war bei der Mannschaft nicht anders, die sich im Café am Wald traf. Bis fünf Uhr früh ging das, wie Daski erzählt, dann waren sämtliche Flaschen mit Bier oder Wein geleert. "Wir sind in den Keller gegangen, aber es gab nur noch Wasser", sagt Daski.

Auch zum Essen habe man nichts mehr gefunden. Schließlich sei man am Samstagmorgen noch zum Einkaufen gegangen. "Es war eine riesenschöne Feier, und es ist nicht ein Glas dabei kaputt gegangen." 46 Jahre später sind die Cracks von damals noch immer dem Eishockey eng verbunden. Eberl hat eine Dauerkarte und hofft, dass die Tölzer Löwen diese Saison aus der Oberliga aufsteigen - dies wäre dann finanziell mit Sponsoren schon abzusichern, meint er.

Als schneller, athletischer, etwas aggressiver erlebt er das Eishockey von heute. Dem Sport und den beiden Titeln hat er viel zu verdanken. Mit diesen Erfolgen im Rücken habe er sich später als Geschäftsmann leichter getan, Gespräche in Tölz zu führen, sagt er. Alle Teamkollegen von damals hätten wirtschaftlich ihren Mann gestanden. "Aber wir haben nichts geschenkt gekriegt, es ist alles erarbeitet."

© SZ vom 27.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: