Diskussionsveranstaltung der Grünen:Die Geschichte der Mutterkuh

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Walther Mauk (v.l.), Karl Bär, Hans Urban und Hans Schmidt wollen die Vermarktung regionaler Produkte verbessern. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn Bauern und Direktvermarkter ihre Kunden an sich binden wollen, müssen sie mit ihnen in Kontakt bleiben

Von Melanie Kraus, Wolfratshausen

Direkte und professionelle Kommunikation zwischen den Bauern und ihren Kunden kann der Schlüssel zur besseren Vermarktung regionaler Produkte im Landkreis sein. Darin waren sich Karl Bär, Hans Urban und Walther Mauk einig, die kürzlich bei der Veranstaltung der Wolfratshauser Grünen "Gutes Essen aus der Region - die lokale Vermarktung stärken" auf dem Podium saßen. Bär ist der Bundestagskandidat der Grünen im Wahlkreis. Urban betreibt die Biometzgerei "Packlhof" in Eurasburg, woher auch Mauk stammt, der die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft vertrat.

Bisher habe man es verpasst, die regionalen Produkte klar und deutlich zu bewerben, sagte Urban. Dass jeder Produzent, jeder Verband über einfache Kanäle, beispielsweise Plattformen wie YouTube oder Facebook, genau dazu in der Lage sei, stehe für ihn fest. Es gehe darum, die Beziehung zum Kunden durch "Storytelling" zu stärken, den Verbraucher also im aktiven Dialog an der Geschichte des Produktes teilhaben zu lassen.

Das Bedürfnis der Bürger nach mehr Nähe zu "ihren Landwirten" sei da, sagte der Wolfratshauser Grünen-Stadtrat Hans Schmidt, der die Gesprächsrunde moderierte. Dieses Bedürfnis müsse von den Höfen aufgegriffen und genutzt werden. Was das konkret für die kleinen, oftmals im Familienverbund geführten Betriebe bedeuten könnte, die mit ihrer Hauptaufgabe, der Produktion, bereits ausgelastet seien, erklärte Bär. Besonders zu Beginn neuer, innovativer Projekte sei das Marketing "quasi geschenkt", sagte er: "Etwas Neues ist immer interessant." Die eigentliche Arbeit beginne, nachdem die erste Begeisterung der Kunden wieder abebbe - dann sei es an den Landwirten, die Kommunikation dadurch zu erhalten, dass sie stetig etwas Neues nachlegten. Damit meint der Grünen-Politiker nicht, eine ökologische Sensation solle die nächste jagen, der Bauer sein Schaffen also boulevardistisch inszenieren. Die Landwirte dürften den Kundenkontakt, den sie einmal geschaffen hätten, nicht mehr so schnell abreißen lassen. Bär nannte Beispiele aus seinem Heimatlandkreis Miesbach und Umgebung, wie die "Milchtankstellen" des Strobelhofs in Großhartpenning oder die "Mutterkuh-Anleihe" des Biohofs Lenz in Zorneding. Das Problem, sich hier im Bereich ökonomischer Nischen zu bewegen, sei ihm durchaus bewusst. Allerdings würden derlei Projekte initial sehr gut von den Verbrauchern angenommen - dies biete die Gelegenheit in den Dialog zu treten.

Den Landkreis Miesbach benutzt Bär in der Diskussion oft wie eine Art agrarpolitischen Maßstab, nicht nur wegen der Tatsache, dass die Region rund um den Tegernsee bereits vor zwei Jahren zur Öko-Modellregion ernannt wurde. Dieses Prädikat kann ein Zusammenschluss von Produzenten und Kommunen erhalten, der bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft ein Konzept einreicht, nach dem regionale und ökologische Betriebe gestärkt und gefördert werden sollen - und mit den vorgebrachten Ideen überzeugt. Außer dem Titel kommen dem Gemeindeverbund im Miesbacher Oberland Zuschüsse zugute, mit denen die Umsetzung der Projekte gefördert wird.

Angestrebt werde also eine sogenannte "grüne Wirtschaft": Geld, das im Landkreis verdient wird, soll auch dort ausgegeben werden. Bär äußerte die Überlegung, dies auch für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen in Betracht zu ziehen, um eine Vernetzung der Städte und Dörfer zu schaffen. Bär, Urban und Mauk sind sich einig, dass besonders die Informationsarbeit wichtig ist, um die lokale Vermarktung zu stärken. Es sei zwar erfreulich, dass viele Leute in Biomärkten einkauften. Allerdings seien die dort angebotenen Produkte zwar aus biologischem Anbau, dafür aber Importware, obwohl vergleichbare, wenn nicht sogar identische Ware beim nächsten Biobauern erhältlich wäre.

Daher wünscht sich Schmidt die Schaffung einer "halben Stelle" bei der Stadt Wolfratshausen, deren Aufgabe das Sammeln, Aufbereiten und Bereitstellen derartiger Informationen sein soll. Dadurch würde gleichsam eine Plattform geschaffen, die sowohl den Landwirten als auch den Bürgern die Möglichkeit gäbe, auf kürzestem Wege eine Übersicht aller regionalen Angebote zu erhalten. "Lösungen gibt's genug. Es muss nur irgendwer mal losgehen", beendet Schmidt die Podiumsdiskussion nach zweieinhalb Stunden.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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