Dietramszell:Flüchtlinge sollen im leeren Becken schlafen

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Dietramszell will Asylbewerber nicht in der Turnhalle, sondern im Schwimmbad Ascholding unterbringen. Die DLRG protestiert, Nachbarn sorgen sich.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Gut 300 Bürger waren am Mittwoch zur Asyl-Infoveranstaltung in den Gasthof Peiß gekommen, darunter Mitglieder des 40-köpfigen Helferkreises, einige der Flüchtlinge, die in Peretshofen leben. Ein langer Tisch war mit DLRG-Mitgliedern belegt. In Dietramszell, das gemäß Quotenregelung mehr als 70 Flüchtlinge aufnehmen soll, ist die Bereitschaft zu helfen, groß. Dennoch gibt es auch Ängste und Widerstände. Vor allem eine mögliche Unterbringung im Hallenbad Ascholding stößt bei der DLRG, die ihre Trainingsmöglichkeiten verlieren würde, aber auch bei einigen Ascholdingern auf Ablehnung.

Bürgermeisterin Leni Gröbmaier (BLD) sowie Vertreter des Landratsamts machten deutlich: Das Hallenbad ist eine Notlösung, auf die man verzichten kann, wenn Bürger genügend Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Befürchtungen, dass eine Nutzung als Flüchtlingsunterkunft für die Gemeinde ein Anlass sein könnte, das defizitäre, über 40 Jahre alte Bad zu schließen, trat Gröbmaier entschieden entgegen: "Wir als Gemeinde stehen voll dahinter." Wenn es überhaupt als Unterkunft benötigt werde, dann nur vorübergehend.

Hinter dem Hallenbad folgt auf der Prioritätenliste die Turnhalle in Dietramszell. Aus baurechtlichen Gründen "definitiv draußen" sind laut Gröbmaier die Turnhalle in Ascholding und das Sportheim in Baiernrain. Mit großem Applaus wurde auf die Meldung reagiert, dass das Pfarrheim in Dietramszell für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werde. Eine Anfrage seitens der Gemeinde an das Pfarrheim Ascholding laufe ebenfalls. Falls die Gemeinde zusätzlich Container aufstellen muss, will man in Dietramszell Unterkünfte in Holzbauweise errichten, statt "kalter Container", wie Gröbmaier sagte. Mögliche Standorte würden geprüft. Mit dem Landratsamt werde derzeit eine Liste von Immobilien auf ihre Eignung untersucht. Gröbmaier appellierte an die Bürger, Wohnungen ab einer Größe von drei Personen anzubieten. Das Landratsamt zahle die ortsüblichen Mieten. Man sei auf gutem Weg, und sie halte es für möglich, dass Schwimm- oder Turnhalle nicht gebraucht würden.

Wie eine Belegung des Hallenbads mit Flüchtlingen aussehen könnte, schilderte Wolfgang Krause, Sachgebietsleiter im Landratsamt. 30 bis 35 Männer - "wir wollen das keiner Familie zumuten" - könnten dort unterkommen, bis man geeignetere Wohnungen gefunden habe. Im Becken sollen Teppiche verlegt und Betten aufgestellt werden. Die Schräge zwischen dem flachen und dem tiefen Beckenbereich bleibt. Eine Absicherung des Beckenrandes soll Stürze verhindern. Im Damen-Duschbereich könnten Kochgelegenheiten und Waschmaschinen aufgestellt werden. "Das ist natürlich eine schlechte Lösung, aber besser als keine", sagte Krause. Das Hallenbad sei nicht leichter zu belegen, als eine Turnhalle. Dort müssten die Flüchtlinge aber über den Pausenhof zu ihrer Unterkunft, was den Schulbetrieb stören würde.

Sorgen machen sich vor allem die Ascholdinger. Wenn im Hallenbad 35 Männern einzögen, die aus patriarchalisch geprägten Kulturen stammten, mache man sich als Frau und Mutter doch Gedanken, hieß es in einer Wortmeldung. Das führte vor allem beim Helferkreis zu Unmutsäußerungen. "Du brauchst keine Sorgen haben, dass da jetzt 35 Burschen vögelnd durch Ascholding ziehen", konterte Riwa Kretzdorn. Ein Sicherheitsdienst werde rund um die Uhr zur Verfügung stehen, erklärte Krause. Außerdem bemühe man sich, Menschen gleicher Sprache und Religion zusammenzulegen, um interne Konflikte zu vermeiden.

"Die Polizei ist deutlich öfter wegen Nachbarschaftsstreitigkeiten unterwegs, als in Asylbewerberunterkünften", betonte Sozialamtsleiter Thomas Bigl. Mehrmals wurde die Frage aufgeworfen, warum nicht das Dietramszeller Kloster als Unterkunft genutzt werden könne. Laut Gröbmaier ist das Kloster seit Jahrzehnten nicht modernisiert worden. Fluchtwege und Brandschutz entsprächen nicht den gesetzlichen Vorgaben. Zudem müsse man respektieren, dass die Schwestern eine Flüchtlingsunterbringung nicht leisten könnten.

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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