Die Ehrenbürgerwürde wurde Hitler und Hindenburg im zweiten Anlauf aberkannt, das Konterfei Hindenburgs prangt nach wie vor unkommentiert an der Klostermauer im Dorfkern. Montessorischüler passieren sie täglich auf ihrem Schulweg, Touristenbusse halten am Klosterplatz und werden von der Hindenburg-Büste begrüßt. Dass sich daran etwas ändern müsse, wurde Mitte November bei einem runden Tisch beschlossen. Wie man mit der Büste, die der Tölzer Archivar Sebastian Lindmeyr als "Nazi-Denkmal" bezeichnet, verfahren soll, darüber gehen die Meinungen auseinander: Infotafel, anderer Standort, abhängen und ins Museum oder alles so lassen wie bisher?
Beim runden Tisch, an dem neben Bürgermeisterin Leni Gröbmaier auch Gemeindearchivarin Agnes Wagner, ihr Tölzer Kollege Lindmeyr und der Dietramszeller Autor Peter Probst teilgenommen hatten, war man übereingekommen, eine Infotafel an der Büste anzubringen, die von Wagner und Lindmeyr konzipiert werden soll. Schulleiter Michael Rettinger findet die Idee gut. "Eine Infotafel wäre auf jeden Fall angebracht und würde zu einem anschaulichen Geschichtsunterricht beitragen." Die Büste am Durchgang zu seiner Schule nennt Rettinger "problematisch". "Hindenburg ist keine Figur, die jungen Menschen als Vorbild dient." Darauf angesprochen hätten ihn Eltern aber noch nie. Im Zuge der Diskussion um die Ehrenbürgerwürde in der Gemeinde sei in der Oberstufe das Thema Hindenburg ausführlich behandelt worden. Wie mit der Büste verfahren wird, sei aber Sache des Ordens der Salesianerinnen, dem das Kloster gehört.
Schwester Kiliana, Oberin im Dietramszeller Kloster, wäre es am liebsten, wenn die Büste verschwinden würde. Die Bürgermeisterin habe sie informiert, dass derzeit ein Info-Text erarbeitet und der Inhalt mit ihr abgesprochen werde. Schwester Kiliana findet den Vorschlag gut, lieber wäre ihr aber, wenn ein anderer Standort gefunden würde. "Wenn ich da was sagen dürfte, wäre sie weg." Auch wenn die Salesianerinnen Eigentümerinnen des Klosters sind - dass sie die Büste einfach abhängen lassen könne, glaubt die Oberin nicht. Das sei eine private Geschichte der Schilchers. "Vielleicht hat die Familie ja Interesse an der Büste?"
Im Jahr 1958 hatte der Orden der Salesianerinnen den Westteil des Schlosses von der Familie von Schilcher gekauft. Die Schilchers waren mit Hindenburg befreundet, der zehn Jahre lang seinen Sommerurlaub bei ihnen verbrachte. Zur Erinnerung an dessen Jagdaufenthalte wurde die Büste im Jahr 1939 im Rahmen einer NS-Feier angebracht. Bei Kriegsende war sie verschwunden, tauchte nach dem Ende der Besatzung wieder auf und wurde am heutigen Standort erneut angebracht.
Florian von Schilcher sieht keine Notwendigkeit, daran etwas zu ändern. Seiner Meinung nach sei es "grotesk", die Büste abzuhängen oder mit einer Infotafel zu versehen. Hindenburg sei ein Freund seines Großvaters gewesen und zur damaligen Zeit ein verehrter Staatsmann. "Die Art und Weise, wie man Hitler und Hindenburg über einen Kamm schert, widerspricht sämtlichen historischen Fakten", sagt er.
Schilcher glaubt, dass eine Mehrheit in der Gemeinde seiner Meinung sei. "Aber niemand ist deswegen ein Nazi", betont er. Dass sich die in Dietramszell lebenden Autoren Amelie Fried und Peter Probst nachdrücklich in der Ehrenbürger-Debatte zu Wort gemeldet hatten, ärgert ihn. "Es ist absurd, wie zwei Leute, die nicht einmal von hier sind, die ganze Gemeinde manipulieren."
Probst und Fried hatten bei der Sondersitzung an die Gemeinderäte appelliert, Hitler und Hindenburg die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen. Probst hatte zudem vorgeschlagen, die Hindenburg-Büste in ein Museum zu stellen. Hunderte Male ist Schwester Kiliana in den vergangenen Jahren auf diese angesprochen worden. Von Schülern und Touristen, die fragten, warum an einer so zentralen Stelle ein Hindenburg-Denkmal prangt. "Neben der Kirche und der Schule, da gehört das nicht hin."