Dietramszell:Christkindlmarkt im Klosterhof zu riskant

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Seit fast 30 Jahren gibt es den Christkindlmarkt im Dietramszeller Kloster bereits. Doch jetzt muss er umziehen - es fehlen die nötigen Fluchtwege.

Virginia Gerard

Fast 30 Jahre lang haben die Nonnen des Dietramzeller Klosters jedes Jahr am dritten Adventssonntag tausend Kerzen angezündet. Sie stsellten diese auf die Fensterläden und schufen so für die Besucher des Christkindlmarktes eine besondere Atmosphäre. Doch weil 21 Menschen am 24. Juli bei der Loveparade in Duisburg den Tod fanden, bleiben heuer die Dochte kalt. Der Markt wurde aus Sicherheitsgründen verlegt, weil niemand mehr für die Veranstaltung mit Tausenden Besuchern in dem engen Klosterhof die Verantwortung übernehmen wollte.

Aus Mangel an Fluchtwegen: Weil niemand mehr für den Dietramszeller Christkindlmarkt im engen Klosterhof die Verantwortung übernehmen wollte, musste der Markt heuer umziehen. Foto: Neubauer (Foto: Manfred Neubauer)

Zu dem Innenhof der Klosteranlage gibt es nur einen Zugang und damit auch nur eine Fluchtmöglichkeit. Das ist für den Fall eines Unglücks zu wenig. Bei der Veranstaltung des Weihnachtsmarkts habe es schon immer Probleme mit den Fluchtwegen gegeben, berichtet die Organisatorin Erika Klein.

In der Vergangenheit hat Klein den Markt bei der Gemeinde immer angemeldet, diese hat die Sicherheitslage geprüft und die Veranstaltung genehmigt. Wie Klein sagt, habe man, um die Auflagen der Versicherung zu erfüllen, jedes Jahr einen zweiten, notdürftigen Fluchtweg - meistens durch die Räume des Montessori-Kindergartens im Kloster - eingerichtet.

Auch dieses Jahr forderte die Versicherung die Einhaltung bestimmter Sicherheitsstandards. Gemeinde und Organisatoren entschieden sich jedoch nach sorgfältiger Prüfung möglicher Fluchtwege dafür, die Klosteranlage als Veranstaltungsort aufzugeben. "Es ist einfach zu riskant", erklärte Klein. "Wenn da etwas passiert, hafte ich dafür."

Auf Anfrage sagte Claudia Drescher, Referentin für Sicherheitsrecht am Bayrischen Gemeindetag, dass die Sicherheitsverkehrungen für Großveranstaltungen nach dem Unglück bei der Loveparade gar nicht verschärft worden sind. "Die Sensibilität ist aber größer", sagte Drescher. Durch das tragische Geschehen in Duisburg sei man sich den Gefahren jetzt bewusster. Besonders Fluchtwege und Brandschutzmaßnahmen würden strenger überwacht werden. Dadurch entstehe allerdings bei Veranstaltern und Gemeinden ein "Gefühl der Verschärfung".

An guten Tagen besuchten in der Vergangenheit bis zu 2000 Menschen den "D'zeller Christkindmarkt". Erstmalig wird dieser am Sonntag, 12. Dezember, in und vor der Leonhardi-Kapelle stattfinden. Bei den Dietramszellern selbst hat er Standortwechsel keine Begeisterung ausgelöst. Manche wollten aus Protest nicht mehr kommen, erzählte Klein. Und manche geben den Nonnen die Schuld für den Umzug.

"Die Klosterschwestern stehen als Buhfrauen dar", beklagte Klein. Doch die hätten mit der Verlegung des Standortes nichts zu tun. "Wir haben keinen Streit." Bürgermeisterin Leni Gröbmaier unterstrich, dass lediglich die Sicherheitsbestimmungen für die Verlegung des Markts verantwortlich seien. "Wir haben es sehr bedauert", äußerte sie sich. Die geforderte ganztägige Bewachung der Fluchtwege wäre aber einfach zu viel Aufwand gewesen.

Wie bei der Loveparade gibt es bei allen größeren Veranstaltungen viele Zuständige: die Organisatoren, die Kommune, die Versicherungen, eventuell die Landratsämter - "da wird die Verantwortlichkeit hin- und hergeschoben", beschreibt Drescher vom Bayerischen Gemeindetag die komplizierte Situation. Ein einheitliches, bundesweites Sicherheitskonzept, was bei der Ausrichtung von Großveranstaltungen zu beachten ist, gebe es noch nicht. Nach dem Unglück von Duisburg werde aber daran gearbeitet.

© SZ vom 03.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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