Die Persönlichkeit steht im Vordergrund:Echt stark

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Die eigenen Talente entdecken und entwickeln sollen die Mittelschüler beim "Taff"-Projekt, zum Beispiel in der Parcours-Gruppe. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Beim Projekt "Taff" entdecken Wolfratshauser Mittelschüler ihre ganz persönlichen Begabungen. Sie geben unter anderem Tanzunterricht oder helfen den Jüngeren

Von Veronika Ellecosta, Wolfratshausen

Aus Lucis Smartphone spielt Indie. Sie hält es fest in der Hand, während sie tanzt. Hinter ihr stehen Mädchen in Sneakers und Leggins, lassen Luci keine Sekunde aus den Augen und folgen ihren Tanzschritten. Luci ist stolz auf die Mädchen: In fünf Einheiten hat die Schülerin der Mittelschule Wolfratshausen den Sechstklässlerinnen die Tanzschritte beigebracht. Ihre freiwilligen Tanzstunden hält Luci im Rahmen des Projektes "Taff - Talente fördern und finden an Mittelschulen". Bereits zum zweiten Mal in Folge hat sich ihre Mittelschule am Schulversuch der Stiftung Bildungspakt Bayern beteiligt. Damit ist die Mittelschule Wolfratshausen eine von 26 teilnehmenden Schulen im gesamten Freistaat, die im laufenden Schuljahr nach den Stärken der Mittelschüler suchen und diese gezielt fördern. Jeder Schüler besitze Stärken, und die gelte es, freizulegen. Das sei die Grundüberzeugung, auf der das Projekt beruhe, erklärt Ralf Kaulfuß, Geschäftsführer der Stiftung. Den Schülern an der Mittelschule solle anhand der Talentfindung das Selbstvertrauen zurückgegeben werden, das beim Übertritt von der Grundschule zur Mittelschule oft abhanden gekommen sei. Kaulfuß sieht im Projekt einen provokativen Akt denjenigen gegenüber, die keine Talente in der Mittelschule sehen wollen. Denn die einstige Hauptschule begegne immer noch unterschwelliger Abwertung.

Wissenschaftlich begleitet wird "Taff" von Thomas Eberle, einem Professor von der Universität Erlangen-Nürnberg. Konkret würden die Schüler auf dem Wechsel von der Grund- zur Mittelschule abgeholt, sagt Claudia Hellinger, Lehrerin und Koordinatorin des Projekts an der Mittelschule Wolfratshausen. In dieser Phase sei es nämlich besonders wichtig, auf die Stärken der Schüler zu setzen, um Selbstbewusstsein und Persönlichkeit zu schulen. So gibt es diverse Angebote, anhand derer den Schülern ihre eigenen Stärken vermittelt werden sollen. In der schuleigenen Talentshow etwa bewerben sich Schüler, um vor einer Jury ihr Können beispielsweise im Kochen, Tanzen, Singen oder Dichten zu beweisen.

Schülersprecherin Emely veranstaltet die Talenteshow mit. Sie habe dadurch Organisationskompetenzen erworben, wie sie selbst erzählt. Außerdem habe sie ihre Leidenschaft fürs Tanzen entdeckt und sich einer Tanzgruppe angeschlossen. In der sechsten Klasse wird das Format "Stärken stärken" von Sozialpädagogin Claudia Eff besonders hervorgehoben. Anhand eines Vier-Phasen-Programms definieren die Schüler Talente, bekommen Rückmeldungen über ihre eigenen Begabungen von Eltern, Mitschülern und Lehrpersonen und haben die Möglichkeit, sich einer Talentgruppe anzuschließen. Dort probieren sie sich mit externen Partnern im Reiten, Klettern, Boxen, Fotografieren oder Programmieren aus. Am Ende dieses Prozesses stehen ein Präsentationsabend und eine Reflexionseinheit.

In den höheren Klassen setzt man auf Nachhaltigkeit der erworbenen Erkenntnisse. So wird für jeden Schüler ein sogenannter "Talenteordner" angelegt, in dem Bewerbungen, Lebensläufe, Praktika, aber auch Komplimente, Stärkenchecks und persönliche Werke abgeheftet werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, im "Peer-to-Peer"-Prinzip Schüler der unteren Stufen im Tanzen zu unterrichten, wie Luci es tut, und als Tutor bei den Hausaufgaben zu helfen. Besonders in den Tutorien hätten die Schüler großen Einsatz bewiesen, zeigt sich Hellinger erfreut. Den Schülern sei es wichtig, vor den Jüngeren gut dazustehen und Verantwortung zu übernehmen. Dabei würden sie auch gleich im Sinne des Mehrwerts Lernstoff wiederholen und festigen. Die Ergebnisse der von den Schülern gewünschten und besuchten Talentgruppen lassen sich sehen: Denn wer emotional an einer Sache beteiligt sei, lerne besser.

© SZ vom 13.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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