Die drei großen B:Makellos und effektvoll

Lesezeit: 3 min

Solist Markus Wolf beeindruckt das Publikum der Schäftlarner Konzerte mit dem Violinkonzert in g-Moll von Max Bruch. Bei Beethoven versagt die Akustik

Von Reinhard Szyszka, Schäftlarn

Die drei großen B der Musik werden sie genannt, die Komponisten Bach, Beethoven und Brahms. Und vor hundert Jahren hätten nicht wenige Musikfreunde in dieser Liste den Namen Brahms gerne durch Bruch ersetzt. Max Bruch, ein damals hoch angesehener Musiker. Das ist vorbei; Bruchs Ruhm ist im Wesentlichen auf ein einziges Violinkonzert reduziert. Ebendieses Werk gab es am Samstag im Rahmen der Schäftlarner Konzerte zu hören. Dazu die beiden anderen großen B: Beethoven und Bach - nicht Johann Sebastian allerdings, sondern Johann Christian. Die Klosterkirche war sehr gut besucht. Einerseits ist diese Konzertreihe generell sehr beliebt, andererseits übt gerade das Bruch-Konzert eine gewaltige Faszination aus.

Den Anfang machte die Sinfonie in g-Moll von Johann Christian Bach, ein Meisterwerk der Vorklassik. Michael Forster dirigierte das Orchester der Schäftlarner Konzerte mit ruhiger, sicherer Hand, baute Spannungsbögen auf und ließ die Melodien strömen. Die Sinfonie gehört nicht zu den ganz großen Gipfelwerken, zeugt aber doch von sicherer Beherrschung des kompositorischen Handwerks. Der Tonfall ist ernst und gefasst, niemals jedoch tragisch oder gar verzweifelt. Man kann sich gut vorstellen, dass dieses Werk den jungen Mozart stark beeindruckt hat, der dann später in seinen eigenen g-Moll-Sinfonien den Ausdruck und die persönliche Aussage wesentlich vertiefte.

Mit g-Moll war der Boden bereitet für das Hauptwerk des Abends: das Violinkonzert von Max Bruch, das ebenfalls in dieser Tonart steht. In der kurzen Pause zwischen beiden Werken traten im Orchester etliche Musiker hinzu, denn jetzt war spätromantische Besetzungsstärke angesagt. Ein Raunen ging durch die Kirche: Konnte das wirklich gut gehen, ein Werk so gänzlich außerhalb des üblichen Kanons der Schäftlarner Konzerte? Dann traten der Violinsolist und der Dirigent auf, und beim einleitenden Trommelwirbel waren alle Bedenken verflogen. Jetzt herrschte knisternde Spannung.

Markus Wolf, der Solist, spielte mit energischem Zugriff und mit klarem und edlem Ton, nicht eben von schmelzender Süße in den Kantilenen, aber makellos intoniert und sicher beherrscht. Forster hatte das Riesenorchester gut im Griff. Beim langsamen Satz hätte man interpretatorisch etwas mehr herausholen können. Die schöne Melodie kam allzu glatt und gleichmäßig daher, und Wolf hätte sicher gerne die eine oder andere Temporückung und Verzögerung eingebaut, aber Forster spielte nicht mit.

Umso besser gelang beiden Künstlern das Finale. Bruch wusste genau, warum er die virtuosesten und wirkungsvollsten Passagen seines Konzerts an das Ende setzte. Scheinbar mühelos und absolut sicher bewältigte Wolf seinen anspruchsvollen Part, bis hin zum effektvollen Ende. Großer Applaus und Bravo-Rufe, aber der Solist ließ sich zu keiner Zugabe bewegen.

Nach der Pause dann die zweite Sinfonie von Beethoven, und gerade dieses Werk erwies sich als das Problemkind des Abends. Die "Zweite" lebt von Gegensätzen auf kleinstem Raum: laut und leise, hoch und tief, Bläser und Streicher. In einem Konzertsaal klingt das wunderbar; in der Klosterkirche machte die Akustik den Musikern einen Strich durch die Rechnung. Ein Beispiel: Der dritte Satz beginnt mit einem Forte-Takt des gesamten Orchesters, worauf im zweiten Takt die Violinen piano antworten. In Schäftlarn war der Nachhall so groß, dass von dieser Antwort der Violinen nichts, rein gar nichts zu hören war. In der ersten oder zweiten Reihe mag die Stelle noch so angekommen sein, wie sie komponiert ist; überall sonst bekam man keinen Höreindruck davon, wie raffiniert Beethoven das Thema gebaut hat.

Forster hatte mit dem Orchester sorgfältig gearbeitet, und er wählte schöne, werkgerechte Tempi. Dennoch fielen gerade im ersten und im dritten Satz so viele musikalische Feinheiten den akustischen Problemen zum Opfer, dass die Hörer, die das Werk nicht kannten, ratlos davorstanden. Beim langsamen Satz spielte die Akustik naturgemäß nicht die große Rolle, sodass hier die Schönheiten der Musik besser zum Tragen kamen. Doch auch das Finale mit seinem hüpfenden Thema drang erstaunlich gut und klar in die hinteren Reihen. So hinterließ die Sinfonie einen zwiespältigen Eindruck, was nicht dem Dirigenten oder dem Orchester anzulasten ist, sondern allein der Akustik.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: