Der Angeklagte wird freigesprochen:70 bis 80 Prozent reichen nicht

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Waldbesitzer ist unsicher, ob der Mann Feuer entzündet hat

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Der 42-jährige Waldbesitzer ist sich unsicher. Er mustert den 34-jährigen Angeklagten. "Ich bin mir zu 70 bis 80 Prozent sicher, dass es der Angeklagte war", erklärt er. Von der Gesichtsform und der Statur her könnte es passen. Doch er habe die Haare gewellter, kürzer und dunkler in Erinnerung. Für Amtsrichter Helmut Berger ist das zu wenig, um den Mann wegen "Herbeiführung einer Brandgefahr" zu verurteilen, weil er in einem Wald bei Egling am 30. Dezember ein Lagerfeuer entzündet haben soll. Deshalb spricht er den Angeklagten vor dem Amtsgericht Wolfratshausen am Montag frei.

Der Waldbesitzer erzählt, wie er bei einem Spaziergang mit seinen beiden älteren Söhnen gegen 16 Uhr das Lagerfeuer entdeckt habe. Daneben sei eine ganz in Schwarz gekleidete Person gestanden, mit Hose, T-Shirt und Schal. Als er den Mann angesprochen haben, das Feuer zu löschen, habe der seine Sachen zusammengepackt und sei gegangen. Etwa zehn bis 15 Minuten sei er dem Mann durch den Wald gefolgt, habe währenddessen seine Eltern und seine Ehefrau von dem Feuer informiert. "Dann bin ich umgekehrt. Ich hatte eine tiefe Schnittwunde am Daumen und sollte kein Sport machen", begründet der Waldbesitzer, warum er die Verfolgung abgebrochen habe.

Auf dem Rückweg hatte der Waldbesitzer dann seine Frau getroffen. Sie stießen auf ein am Straßenrand geparktes Motorrad samt Helm - und informierten Feuerwehr und Polizei. "Das Lagerfeuer selbst war mittelgefährlich. Mit ein bisschen Wind gibt es einen Waldbrand", erklärt der Waldbesitzer. An diesem Tag sei es aber windstill gewesen.

Der Angeklagte bleibt auch am zweiten Verhandlungstag dabei: "Ich war nur im Wald, um mein Geschäft zu machen." Für das Lagerfeuer sei er nicht verantwortlich. Den Waldbesitzer habe er nicht gesehen. Als er zu seinem Motorrad zurückgekommen sei, habe der Helm gefehlt. Den hatte die Polizei zur "Eigentumssicherung" mitgenommen, wie ein Beamter ausgesagt hatte. Auf dem Heimweg war der Angeklagte darum ohne Helm an der Grünwalder Polizeiinspektion erwischt worden. Kaum mehr zur Sprache kam die Brille, die Polizisten am Feuer sichergestellt hatten.

Für die Staatsanwältin reichten die Aussagen der Zeugen, um den Angeklagten zu verurteilen. Sie forderte eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 80 Euro, insgesamt 2400 Euro.

Dieser Einschätzung folgte Amtsrichter Berger nicht. Er könne die Aussage des Angeklagten nicht widerlegen, sagte er. Allerdings betonte er die Gefahr, die von dem Lagerfeuer auf dem trockenen Waldboden hätte ausgehen können. "Die Folgen hätten verheerend sein können." Nur einen Tag später nämlich - an Silvester auf Neujahr - hätten zwei Münchner Wanderer den Brand am Jochberg ausgelöst.

© SZ vom 16.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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