CSU setzt sich durch:Ausgebürgert

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Die Lokalpolitiker stoßen die engagierte Wolfratshauser Initiative vor den Kopf und zementieren den Leerstand in der Marktstraße. Ende Juli schließt zudem die Tchibo-Filiale - der Einzelhandel blutet weiter aus

Von Matthias Köpf und Niklas Gramann, Wolfratshausen

Der Einzelhandel in der Marktstraße blutet aus: Die Tchibo-Filiale schließt schon Ende Juli, jetzt haben die Stadträte auch noch den Bürgerladen im Untermarkt 10 fürs Erste preisgegeben. Mit knapper Mehrheit beschlossen sie in ihrer Sondersitzung am Dienstagabend, das stadteigene Gebäude nicht zu sanieren und für den Bürgerladen umzubauen. Stattdessen soll es in Erbpacht an einen Investor gehen, von dem die Stadt ihr in den oberen Etagen gelegenes Heimatmuseum zurückmieten soll. Die Entscheidung fiel gegen die Appelle von Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), aber ohne jede weitere Diskussion.

Der Laden am Untermarkt 10 muss renoviert werden, ehe er wieder genutzt werden kann. Die Mehrheit im Stadtrat findet, das soll ein privater Investor leisten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Gleich zu Beginn der Sitzung trug CSU-Fraktionssprecher Günther Eibl einen Antrag zur Geschäftsordnung mit dem Investoren-Modell vor. Ferner soll die Stadt den Bürgerladen bei der Suche nach einem anderen Ladenlokal unterstützen und für 100 000 Euro Anteile zeichnen, was das Gründungskapital gut verdoppeln würde.

Eibl hatte diesen Antrag im Laufe des Tages in vielen Telefonaten und mehren Treffen mit den anderen Fraktionssprechern verabredet, allerdings war am Abend nach Widerspruch innerhalb der anderen Fraktionen nur seine CSU als Unterzeichnerin übrig geblieben. Geschätzte Baukosten von mehr als 730 000 Euro plus eine zu erwartende Steigerung von 30 Prozent gingen weit über die 460 000 Euro hinaus, die der Rat genehmigt hat. Durch einen langwierigen Umbau verzögere sich die Eröffnung des Bürgerladens, während inzwischen andere Geschäfte die Lücke füllten, die mit der Tengelmann-Schließung vor einem Jahr entstanden sei, sagte Eibl. Dass Heilinglechner nach eigenen Angaben am Montag bei der Städtebauförderung Zuschüsse von bis zu 400 000 Euro eingeworben hat, stimmte die Kritiker nicht um. Scheitere der Laden, müsste die Stadt alles zurückzahlen, lautete die Befürchtung.

Derweil schließt im Obermarkt die Tchibo-Filiale. (Foto: Hartmut Pöstges)

Nach einer mehrminütigen Pause, um die BVW-Sprecher Josef Praller gebeten hatte, entschieden sich 13 Stadträte für Eibls Antrag, darunter Benedikt Brustmann als einziger BVW-Vertreter. Dagegen votierten zwölf Räte: die übrige BVW mit Heilinglechner, Gerlinde Berchtold und Roswitha Beyer (SPD) sowie Annette Heinloth und Sibylle Ulbrich (Grüne).

Während Eibl das Ergebnis als "die Rettung für den Bürgerladen" verstanden wissen wollte, weil die Initiative eine große Chance erhalte, bald in geeigneten Räumen zu eröffnen, nannte der sichtlich konsternierte Bürgermeister es einen "Schlag ins Gesicht für die Mitglieder des Bürgerladens und für die Bürgerbeteiligung". Durch die Vergabe an einen - keineswegs bereitstehenden - Investor verbaue sich die Stadt die Chance, eine Immobile nach Bedarf zu nutzen. Heilinglechner klagte, alle Parteien hätten sich die Belebung des Zentrums auf die Fahnen geschrieben.

Das Gegenteil geschieht: Mit der Tchibo-Filiale im Obermarkt 14 zieht ein weiteres Geschäft aus. Laut Pressesprecher Andreas Engelmann hat das wirtschaftliche Gründe, die Filiale rechne sich nicht mehr. Die drei Mitarbeiterinnen könnten in anderen Filialen unterkommen. Jetzt sucht die Hauseigentümerin Gisela Mosler nach eigenen Worten einen Nachmieter - auch im Sinne der ganzen Altstadt.

© SZ vom 09.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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